Intern
  • Eine Studentin fährt auf ihrem Roller zur Uni.
  • none

150. Geburtstag von William Stern

27.04.2021

Weltweit bekannt wurde der Psychologe William Stern durch die Entwicklung des Intelligenzquotienten. Einige Apparaturen des herausragenden Forschers sind an der Uni Würzburg erhalten und jetzt auch online zugänglich.

William und Clara Stern.
William und Clara Stern. (Bild: Sammlung Adolf-Würth-Zentrum, Universität Würzburg, Nachlass Werner Deutsch)

Denkt man an die herausragenden Pioniere aus der Anfangszeit der Psychologie, dann ist der Name William Stern (1871-1938) an einer der ersten Stellen zu nennen. Der von ihm entwickelte Intelligenzquotient (IQ) ist weltweit bekannt. Schon zu seinen Lebzeiten soll Stern einer der international renommiertesten Psychologen gewesen sein.

Geboren wurde Stern am 29. April 1871 in Berlin. Dort studierte er Philologie, Philosophie und Psychologie. Kurz bevor er mit seinem akademischen Lehrer Hermann Ebbinghaus 1894 nach Breslau wechselte, bekam er vom Tonpsychologen Carl Stumpf, der von 1873 bis 1879 in Würzburg forschte und lehrte, eine wichtige Anregung mit auf den Weg. Stumpf wies Stern darauf hin, dass angeblasene Flaschen relativ obertonarme Töne produzieren können.

Inspiriert von dieser Tatsache entwickelte Stern an der Universität Breslau einen Apparat für psychoakustische Forschungen, den Tonvariator. Dieser ermöglichte es jeweils innerhalb einer Oktave jeden Ton zu produzieren und in der Tonhöhe zu variieren.

Erste Intelligenztests in Breslau

In Breslau kam Stern auch in Berührung mit den ersten Versuchen, die Intelligenz zu messen. Ebbinghaus hatte 1897 den Auftrag, den Aufmerksamkeitsverlauf von Schülerinnen und Schülern während des Schultags zu vermessen. Er entwickelte dazu den bis heute bekannten Lückentext, eine frühe Vorform späterer Intelligenztests.

Vielleicht führte die Beschäftigung mit der Messung geistiger Leistungen dazu, dass Stern am 19. April 1912 ein verbessertes Maß für die in einem Intelligenztest gezeigte Leistung vorschlug, den Intelligenzquotienten IQ. Im Unterschied zu Alfred Binets (1857-1911) Maß des Intelligenzalters setzte Stern dieses ins Verhältnis zum realen Lebensalter und multiplizierte das Ergebnis mit 100. Der Intelligenzquotient war entwickelt und setzte sich weltweit durch.

Als Ebbinghaus 1905 einem Ruf an die Universität Halle folgte, trat Stern in Breslau seine Nachfolge an. In der Folge legte er bedeutende Arbeiten zur differentiellen Psychologie vor, die letztlich dieses Fach begründeten. Mit seiner Frau Clara Stern (1877-1948) untersuchte er die Sprachentwicklung bei Kindern. In Tagebüchern zeichnete das Ehepaar die Entwicklung seiner eigenen drei Kinder Hilde (1900-1962), Günther (1902-1992) und Eva (1904-1992) auf.

Mitgründer der Hamburger Universität

Im Kriegsjahr 1916 erhielt William Stern einen Ruf an das damalige Kolonialinstitut in Hamburg, einem Vorläufer der heutigen Universität, an deren Gründung 1919 er maßgeblich beteiligt war. In gut einem Jahrzehnt nach der Gründung gelang es Stern, aus kleinen Anfängen ein bedeutsames Institut mit 41 Räumen zu gestalten.

1933 wurde Stern trotz all seiner Verdienste, allein wegen seines jüdischen Glaubens, von den Nationalsozialisten durch das verharmlosend benannte „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ seines Amtes enthoben und in die Emigration gezwungen. Nach einem Aufenthalt in den Niederlanden fand er an der Duke University in Durham (USA) eine neue Wirkungsstätte. Dort forschte und lehrte er bis zu seinem Tod 1938.

Die Rettung der verbliebenen Apparate

Durch den Zweiten Weltkrieg und die damit verbundene Zerstörung Hamburgs sowie durch die Wiederaufbaujahre und den an Universitäten üblichen Wandel blieben nicht allzu viele Zeitzeugnisse des ehemals großen Sternschen Instituts erhalten. Trotzdem gibt es noch eine kleine Sammlung von Apparaten aus Sterns Labor. Das ist dem Hamburger Professor Erich H. Witte zu verdanken, der die Geräte vor ihrer Entsorgung aus einem Container rettete.

Vor einigen Jahren übergab Witte die Apparate dem Zentrum für Geschichte der Psychologie der Universität Würzburg. Hier wurden sie restauriert und für die Zukunft bewahrt. Einen Teil der Apparate zeigte das Adolf-Würth-Zentrum ab 2015 in seiner Ausstellung „Carl Stumpf (1848-1936) und die Anfänge der Gestaltpsychologie“.

Dreidimensionale Scans online verfügbar

„Zu Sterns 150. Geburtstag haben wir nun alle Apparate in 3D gescannt und stellen die Ergebnisse online zur Verfügung“, sagt Professor Armin Stock, Leiter des Adolf-Würth-Zentrums. Soweit sich die Apparate auf Fotografien von Sterns Materialraum und der feinmechanischen Werkstatt finden, wurden sie auf den Fotos mit den entsprechenden Digitalisaten verlinkt.

Artikel des Zentrums für Geschichte der Psychologie zum 150. Geburtstag von William Stern

Von Robert Emmerich

Zurück