Aktuelles zum Thema Nierentransplantation
02.08.2016Wie sicher ist die Lebendspende und was gibt es Neues bei immunsuppressiven Medikamenten? Beim diesjährigen Patientenseminar „Fit für danach“ des Nierentransplantationsprogramms des Uniklinikums Würzburg informierten Experten über aktuelle Entwicklungen.
Das Patientenseminar „Fit für danach“ ist eine etablierte Informations- und Diskussionsveranstaltung des Nierentransplantationsprogramms des Universitätsklinikums Würzburg (UKW): Das diesjährige Treffen war bereits die zwölfte Neuauflage. Knapp 140 Patienten und sonstige Interessierte kamen am Samstag, 16. Juli, in den Hörsaal des Zentrums für Innere Medizin des UKW an der Oberdürrbacher Straße. Zentrale Themen des Vortragsblocks waren diesmal die Sicherheit der Lebendspende sowie neue Forschungsergebnisse und Entwicklungen bei immunsuppressiven Medikamenten.
Widerspruchslösung für Deutschland nicht zwangsläufig hilfreich
Die Gastrednerin Andrea Greser von der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) referierte über die Organspende und -vermittlung, über logistische Aspekte, die Besonderheiten bei der Entnahme und vor allem über die Verteilung der Organe durch die Vermittlungsstelle Eurotransplant. Vor dem Hintergrund der langen Wartezeiten für Betroffene, des Mangels an gespendeten Organen und der Tatsache, dass auch heute noch viele Patienten auf der Warteliste für ein lebensrettendes Spenderorgan versterben, erläuterte die Expertin auch die relevanten Regelungen des deutschen Organtransplantationsgesetzes. Dabei zeigte sie die strukturellen Unterschiede zu anderen europäischen Ländern auf. Sie verdeutlichte, warum die Einführung einer Widerspruchslösung, wie sie zum Beispiel in Spanien und Österreich besteht, in Deutschland aus strukturellen Gründen nicht unbedingt zu einer Lösung des Organmangels führen würde.
Spender mit leicht erhöhtem Gesundheitsrisiko
Anschließend sprach Dr. Anna Laura Herzog über die Sicherheit der Lebendspende für Spender und Empfänger. „Seit den 1960er Jahren konnten jeweils zehn Jahre nach einer Nierenspende bei den Spendern keine sozialen, psychischen oder gesundheitlichen Nachteile festgestellt werden“, berichtete die geschäftsführende Ärztin des Transplantationszentrums UKW und fuhr fort: „Jetzt lassen neuere Untersuchungen doch unter bestimmten Voraussetzungen für die Spender ein leicht erhöhtes Risiko erkennen, im schlimmsten Fall selbst einmal auf die Blutwäsche angewiesen zu sein.“
Verglichen mit der allgemeinen Bevölkerung sei der gesundheitliche Nachteil nicht erhöht, aber es sei laut Dr. Herzog immer zu bedenken, dass es sich bei den Spendern ja um explizit als gesund ausgewiesene Personen handele, die nur mit dem völlig gesunden Anteil in der gesamten Bevölkerung verglichen werden dürften. Hier seien eine äußerst kritische und sachkundige Spenderevaluation und eine strukturierte, am besten bundesweit einheitliche Aufklärung gefragt. „Aber trotz des Restrisikos ist die Lebendspende weiterhin die Alternative mit den besten Kurz- und Langzeitergebnissen, die zudem die Wartezeit und die daraus rasch entstehenden gesundheitlichen Schäden für den Empfänger deutlich verkürzt“, unterstrich die Ärztin.
Bei ihrem Vortrag schilderte Anna Laura Herzog ferner, dass Politik und Gesetzgebung in Deutschland planen, die medizinische Versorgung, wie auch die soziale und finanzielle Absicherung von Spendern zu verbessern.
Bald unbegrenzt Spenderorgane und nie wieder Medikamente?
Der Leiter des Nierentransplantationsprogramms UKW, Privatdozent Dr. Kai Lopau, beleuchtete in seinem Vortrag neue Entwicklungen auf dem Gebiet der immunsuppressiven Medikamente. Unter anderem präsentierte er die ersten Langzeitergebnisse des einmal monatlich über die Vene einzugebenden Medikaments Belatacept. „Die im Langzeitverlauf gemachten Erfahrungen mit der Verträglichkeit, der Einfachheit der Anwendung und der Funktion der Transplantatniere sind sehr ermutigend“, zeigte sich Dr. Lopau erfreut. Als Ausblick in die ferne Zukunft beschrieb er zudem die Fortschritte auf dem Gebiet des Tissue Engineerings, der Herstellung künstlicher Organe durch Stammzelltechniken, was bei den Zuhörerinnen und Zuhörern auf großes Interesse stieß.
Fast eine Stunde lang lebhafte Diskussion
An die Vorträge schloss sich eine lebendige, fast einstündige Gesprächsrunde mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an. Insbesondere die weiter niedrigen Spenderzahlen und die Unterschiede des deutschen Systems im Vergleich zu denen anderen Nationen regten zur kritischen Diskussion an. Das nächste Patientenseminar „Fit für danach“ ist für den Sommer 2018 geplant.
Pressemitteilung des Universitätsklinikums