Als die Daten laufen lernten
19.02.2019Daten mit hoher Geschwindigkeit austauschen: Das ist an der Universität Würzburg seit 25 Jahren möglich. Am 23. Februar 1994 hat das Rechenzentrum das erste Hochgeschwindigkeitsnetz in Betrieb genommen.
Wer Anfang der 1990er-Jahre eine E-Mail mit einem Foto im Anhang versenden wollte, musste Geduld mitbringen. Schließlich konnte die Übertragung schon mal ein paar Minuten dauern. Reine Textmails gingen zwar schneller, aber wehe, man hatte dieser Mail eine größere Datei angehängt. „Auch das Arbeiten mit dem damals noch jungen Internet – wer kennt vielleicht noch den Internetbrowser ‚Mosaic‘, der im November 1993 erschienen ist – war eher eine Geduldsfrage“, erinnert sich Matthias Funken, der Leiter des Rechenzentrums der Universität.
Vor über 30 Jahren bestand das Datennetz der Universität Würzburg nur aus einigen angemieteten Telefonleitungen, die einzelne Standorte der über die Stadt verteilten Universitätsgebäude mit dem Rechenzentrum verbanden. Die zentrale Rechenleistung war praktisch ausschließlich dort vorhanden, die dezentralen Bereiche nutzten die im Rechenzentrum vorhandenen Großrechner per sogenannter Terminalleitung mit „dummen“ Terminals als einziger Ein- und Ausgabemöglichkeit.
Millionenfache Beschleunigung
Die damaligen Übertragungsgeschwindigkeiten lagen im Mittel bei aus heutiger Sicht haarsträubend niedrigen Datenraten von nur 9.600 Bit pro Sekunde. Von Hochgeschwindigkeit sprachen die IT-Experten damals schon, wenn sie einzelne Leitungskapazitäten auf 19.200 Bit pro Sekunde verdoppeln konnten.
Heutige Bandbreiten liegen beim Tausendfachen dieser Werte, und was damals für den Datenverkehr der ganzen Universität reichen musste, findet sich mittlerweile fast in jedem Privathaushalt. Nochmals um den Faktor 1000 schneller fließen Bits und Bytes heute durch das sogenannte Backbone-Netz der Universität Würzburg, das Rückgrat aller Datentransporte. Insgesamt geht der Informationsfluss durch das Uni-Netzwerk somit heute eine Millionen mal schneller als vor gut 25 Jahren.
Mit der Geschwindigkeit wachsen die Anforderungen
Aus dieser „Ur-Suppe“ der frühen Datenvernetzung entstand im Laufe der Zeit – vor allem durch die Einführung sogenannter X.25-Netze mit immerhin 64.000 Bit pro Sekunde beziehungsweise mit 128.000 im zweikanaligen Betrieb – eine Möglichkeit, die auftauchenden Netzwerk-Inseln, vor allem die Computerpools der Fakultäten, besser mit dem Rechenzentrum zu verbinden.
„Mit der enormen Steigerung der Bandbreiten einher ging in den vergangenen 25 Jahren aber auch eine beträchtliche Bedarfsausweitung“, so Funken. „Dienste wie Vorlesungsaufzeichnungen und Streaming, Echtzeitkommunikation per Bild und Ton wie etwa Voice over IP oder Videokonferenzen in hoher Qualität, WLAN oder die massenhafte Verarbeitung vieler Mails pro Tag wären ohne die heutigen Übertragungsgeschwindigkeiten nicht denkbar.“
Eine enorme Beschleunigung erfuhr die Datennetztechnik durch das bundesweite Netzinvestitionsprogramm (NIP) in der ersten Fassung (später gab es noch ein NIP II). Dieses Programm ermöglichte zum einen eine Grundversorgung aller Hochschulgebäude sowie zum anderen deren Kopplung über ein echtes Hochgeschwindigkeitsdatennetz. Wobei man „Hochgeschwindigkeit“ natürlich aus der damaligen, noch recht bescheidenen Perspektive verstehen muss.
Überzeugungsarbeit bei der Bundespost
Glücklicherweise verfügte die damals noch nicht privatisierte Deutsche Bundespost über ein sehr modernes Lichtwellenleiter-Overlay-Netz im Stadtgebiet Würzburg. Zudem war sie dazu bereit, in einem gesonderten Vertrag abseits aller standardisierten, damals käuflichen Datennetzlösungen einen Teil dieser Glasfaser-Infrastruktur als so genannte „dark fibre“ (unbeschaltete Glasfaser) an die Universität zur Eigennutzung gegen eine entsprechende Miete langfristig zu überlassen.
Die Verhandlungen des damaligen Verantwortlichen Christian Rossa waren nicht leicht, da es zu diesem Zeitpunkt gar keine existierenden Geschäftsmodelle der Bundespost für das von der Uni gewünschte Nutzungsszenario gab. Schließlich aber gelang es, durch hartnäckige Überzeugungsarbeit die Post davon zu überzeugen, dass beide Seiten von einer solchen Kooperation nur profitieren könnten.
Planungen für ein neues Backbone
Am 23. Februar 1994 war es soweit: Nach rund dreimonatiger Bauzeit von Gebäudeeinführungen wurde das neue Glasfasernetz in einem feierlichen Festakt im Rechenzentrum zur Nutzung an die Universität übergeben. So konnte das Rechenzentrum über die Stadt hinweg einen Ring mit 100 Megabit pro Sekunde schnellen Verbindungen aufbauen – im Rückblick ein echtes Hochgeschwindigkeitsnetz.
„Aber die Anforderungen an performante IT-Dienstleistungen steigen weiter, und so muss auch das Rechenzentrum immer wieder nachlegen und die Kapazitäten weiter ausbauen“, so Matthias Funken. Aktuell planen die Verantwortlichen am Rechenzentrum deshalb ein völlig neues Daten-Backbone für den Datentransfer von den Campusbereichen ins Rechenzentrum. Dessen Geschwindigkeit soll dann bei 20 Gigabit pro Sekunde liegen.