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Andorn ist Arzneipflanze des Jahres

10.10.2017

Seine historische Bedeutung ist groß, seine Wirkung bei Husten umfangreich dokumentiert: Darum wurde der Andorn zur Arzneipflanze des Jahres 2018 gewählt.

Der Andorn, die Arzneipflanze des Jahres 2018. (Foto: Tobias Niedenthal)

Seit 1999 kürt der „Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde“ an der Universität Würzburg die Arzneipflanze des Jahres. Für 2018 wurde der Andorn (Marrubium vulgare) ausgesucht – ein Gewächs, das außerhalb von Fachkreisen fast unbekannt ist. „Dabei gehörte es früher zu den wichtigsten Arzneipflanzen Europas und ist auch aktuell keineswegs aus der Heilkunde verschwunden“, teilt der Studienkreis mit.

Der Einsatz des Andorn bei Katarrhen der Atemwege und Verdauungsbeschwerden sei bereits seit über 2000 Jahren dokumentiert. Heute werden Extrakte aus dem Kraut der Pflanze zur Schleimlösung bei Husten im Rahmen von Erkältungen angewendet. Diese Wirkung sei durch verschiedene Studien belegt.

Heilpflanze aus der Familie der Lippenblütler

Der Andorn stammt aus dem Mittelmeerraum. Er gedeiht aber auch nördlich der Alpen bis nach Südskandinavien. Hier ist er in warmen und trockenen Regionen zu finden – als Auswilderung aus dem früher weit verbreiteten Anbau für Heilzwecke.

Unter den Arzneipflanzen aus der Familie der Lippenblütler – dazu gehören zum Beispiel Ackerminze und Melisse – sticht der Andorn durch seine kräftigen Bitter- und Gerbstoffe hervor. Seine medizinische Wirksamkeit wird durch den Bitterstoff Marrubiin bestimmt.

Wirkung an Rezeptoren für Bitterstoffe

Die therapeutische Relevanz von Bitterstoffen beruht auf einem speziellen Mechanismus, so der Würzburger Studienkreis: Der Mensch besitzt 25 verschiedene „Bitter-Rezeptoren“, die unter anderem auf der Zunge, in Mund und Rachen, aber auch auf den glatten Muskelzellen des Bronchialsystems sitzen.

Werden die Rezeptoren dort aktiviert, führt das zur Erweiterung von verengten Bronchien und damit zu einer verbesserten Sauerstoffaufnahme und erleichterten Schleimentfernung. Eine Studie aus den USA weise außerdem darauf hin, dass die gezielte Stimulation der Rezeptoren mit Bitterstoffen das Immunsystem stärken könne.

Neue Forschungen sind nötig

„Für die Wahl des Andorns zur Arzneipflanze des Jahres 2018 war die historische Bedeutung der Pflanze mit ausschlaggebend“, erklärt Medizinhistoriker Dr. Johannes Mayer vom Studienkreis. Von der Antike bis weit in die Neuzeit habe der Andorn zu den beliebtesten Heilpflanzen in Europa gehört.

Aus medizinischer Sicht sei der Andorn wohl zu Unrecht in Vergessenheit geraten. Neue Forschungen seien dringend erforderlich, um das ganze Potenzial der Pflanze auszuloten. Was sich laut Mayer aber wohl nie klären lässt: „Was der Name Andorn – ‘ohne Dornen‘ – uns eigentlich sagen soll.“

Arzneipflanzen des Jahres seit 1999

Folgende Gewächse wurden bislang zu Arzneipflanzen des Jahres gekürt. 1999: Buchweizen; 2001: Arnika; 2002: Ruscus, der stechende Mäusedorn; 2003: Artischocke; 2004: Pfefferminze; 2005: Arzneikürbis; 2006: Thymian; 2007: Hopfen; 2008: Weiße oder Gemeine Roßkastanie, 2009: Fenchel, 2010: Efeu, 2011: Passionsblume, 2012: Süßholz, 2013: Kapuzinerkresse, 2014: Spitzwegerich, 2015: Johanniskraut, 2016: Echter Kümmel, 2017: Saathafer, 2018: Andorn.

Kontakt

Dr. Johannes G. Mayer, Studienkreis „Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde“, T +49 931 83264, johannes.mayer@uni-wuerzburg.de

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