Intern
  • Eine Studentin fährt auf ihrem Roller zur Uni.
  • none
  • none

Angriff auf die Kraftwerke der Zelle

13.12.2016

Ist ein Virus Auslöser des Chronischen Müdigkeitssyndroms? Diese Frage untersucht Dr. Bhupesh Prusty, Gruppenleiter am Lehrstuhl für Mikrobiologie der Universität Würzburg. Für seine Forschung hat er jetzt den mit 30.000 US-Dollar dotierten Ramsay Award erhalten.

Dr. Bhupesh Prusty (Foto: privat)
Dr. Bhupesh Prusty erforscht, ob ein bestimmtes Virus entgegen der landläufigen Meinung Auslöser zahlreicher Krankheiten ist. (Foto: privat)

Eine extreme Müdigkeit und schnelle Ermüdbarkeit, Schmerzen, die den Alltag massiv behindern, Konzentrations- und Wahrnehmungsstörungen, Schlafstörungen – und das alles über viele Monate hinweg: So beschreiben Patienten, die am Chronischen Müdigkeitssyndrom CFS erkrankt sind, ihr Leiden. Internationale Studien schätzen, dass zwischen ein und vier Prozent aller Menschen davon betroffen sind.

Die genauen Ursachen und Auslöser der chronischen Erkrankung sind Wissenschaftlern bisher unbekannt. „Experten vermuten, dass eine Schwächung oder auch eine fortwährende Aktivierung des Immunsystems in Verbindung mit bestimmten Stresshormonen, Viren oder seelischen Belastungen die Krankheit ausbrechen lässt“, schreibt die Techniker Krankenkasse.

Verursacher zahlreicher Krankheiten

Auch Dr. Bhupesh Prusty, Gruppenleiter am Lehrstuhl für Mikrobiologie der Universität Würzburg, hat ein Virus als Auslöser im Verdacht: das Humane Herpes Virus-6 (HHV-6). Seiner Meinung nach könnte HHV-6 sogar bei der Entstehung einer Vielzahl von Krankheiten eine tragende Rolle spielen, beispielsweise bei der Multiplen Sklerose, Schizophrenie, der Bipolare Störung, der Alzheimer-Krankheit – oder eben dem Chronischen Müdigkeitssyndrom.

Wie Prusty und andere Wissenschaftler in der Vergangenheit zeigen konnten, integriert sich das Virus häufig in das menschliche Erbgut. Entgegen der vorherrschenden Meinung legt es damit nicht zwangsläufig seine Aktivitäten dauerhaft ab. Bestimmte Faktoren können es wieder aktivieren – beispielsweise eine zusätzliche Infektion mit Chlamydien oder Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken – wie Prustys Arbeiten zeigen.  

Störungen an den Mitochondrien

Dann greift HHV-6 die Kraftwerke der Zelle an, die Mitochondrien, und verursacht dort Fehlfunktionen. Befallene Mitochondrien erzeugen weniger ATP – Energielieferanten im menschlichen Körper – und zeigen starke Schwankungen in ihrem Kalzium-Haushalt. Die genauen Details dieser Vorgänge will Prusty mit seinem Team in einem neuen Forschungsprojekt entschlüsseln. Dafür hat ihm die Solve ME/CFS Initiative (SMCI) den Ramsay Award zuerkannt und damit verbunden 30.000 US-Dollar, rund 28.500 Euro.

„Wir haben mehrere virale Mikro-RNA-Moleküle identifiziert, die sowohl während einer aktiven Infektion als auch einer viralen Aktivierung gebildet werden“, sagt Prusty. Er vermutet deshalb, dass diese Mikro-RNAs eine Schlüsselrolle bei den Veränderungen in den Mitochondrien spielen. Ziel seiner Arbeit soll es sein, in den Zellen von CFS-Patienten die Verbindung von Humanen Herpes Viren-6 mit geschwächten Mitochondrien nachzuweisen und damit die bislang unbekannten Auslöser der Krankheit dingfest zu machen.

Zur Person

Bhupesh Prusty wurde 1976 in Raisungura im Bundesstatt Orissa in Indien geboren. Nach seinem Studium an der Sambalpur Universität promovierte er an der Universität Jamia Millia Islamia in Neu-Delhi und war dann als Postdoc von Januar 2006 bis Dezember 2008 zunächst in der Arbeitsgruppe von Professor Harald zur Hausen am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg tätig. Seit Januar 2009 forscht er unter der Leitung von Professor Thomas Rudel am Lehrstuhl für Mikrobiologie des Biozentrums der Universität Würzburg. Mittlerweile leitet er dort seine eigene Forschungsgruppe.

Für seine Forschung an HHV-6 hat er bereits mehrere Preise und Fördermittel erhalten. Um seine Theorie überprüfen zu können, erhielt Prusty beispielsweise im Jahr 2014 von der Förderinitiative „Experiment!“ der Volkswagen-Stiftung 100.000 Euro. Diese Initiative unterstützt „radikal neue Forschungsideen, die etabliertes Wissen grundlegend herausfordern, unkonventionelle Hypothesen, Methodik oder Technologien etablieren wollen oder ganz neue Forschungsrichtungen in den Blick nehmen“, wie die Volkswagen-Stiftung schreibt.

Ende 2015 hat Prusty außerdem den „Young Investigator Award for Excellence in Basic Science“ der HHV-6-Stiftung erhalten. Ausgezeichnet wurde damit seine Forschung an humanen Herpesviren.

Die Solve ME/CFS Initiative

Die Solve ME/CFS Initiative (SMCI) ist nach eigener Aussage die führende Hilfsorganisation zur Erforschung des Chronischen Müdigkeitssyndroms. Gegründet 1987 in den USA, hat sie es sich zum Ziel gesetzt, die Ursachen dieser Krankheit aufzudecken, eine Diagnose zu entwickeln und eine Therapie zu etablieren.

Kontakt

Dr. Bhupesh Prusty, T: (0931) 31-88067, E-Mail: bhupesh.prusty@biozentrum.uni-wuerzburg.de

Zu Bhupesh Prustys Homepage

Zur Homepage der Initiative

Zurück