Ariadne auf Naxos? Ariadne in Würzburg!
07.06.2022Das Martin von Wagner Museum wird um eine spektakuläre Dauerleihgabe reicher. Im Rahmen des Mozartfests erhält die Enthüllung einen sehr passenden Rahmen.
Manchmal ist es ein Werk, durch das Künstler schlagartig Berühmtheit erlangen. Michelangelo wird bis heute mit dem David identifiziert, Picasso mit den Demoiselles d’Avignon. Bei Johann Heinrich Dannecker (1758–1851) war es eine anmutige Reiterin, die ihn zum berühmtesten Bildhauer des deutschen Klassizismus werden ließ.
Danneckers 1803 begonnene Ariadne auf dem Panther war schon eine Berühmtheit, als sie gerade einmal als Tonmodell im Atelier besichtigt werden konnte. Als die Marmorgruppe 1816 nach Frankfurt verkauft wurde, schlug ihr eine beinahe kultische Verehrung entgegen. Für Dannecker war die auf dem Panther reitende Königstochter ein Sinnbild für „die Bezähmung der Wildheit durch die Schönheit.“
Blickfang im Frankfurter Liebighaus
Was nur wenige wissen: Neben dieser Skulptur, die heute einen Blickfang im Frankfurter Liebighaus bildet, schufen Dannecker und seine Mitarbeiter 1828/29 eine zweite, veränderte Fassung des Bildwerks. 2005 wurde diese Version von der in Köln ansässigen LETTER Stiftung erworben. Sie unterscheidet sich vor allem im Material von der bekannten Ariadne: Der Panther ist aus schwarzgrünem Stein, die weibliche Figur aus Alabaster.
Stiftungsvorstand Dr. Bernd Ernsting kam 2020 auf das Würzburger Universitätsmuseum zu, weil er es für geeignet hielt, zur neuen Heimat der Ariadne zu werden. „Neben Martin von Wagners Monumentalgemälde Rat der Griechen vor Troja ist dies die bedeutendste Leihgabe, die unser Haus jemals erhalten hat“, kommentiert Professor Damian Dombrowski, der die Neuere Abteilung des Museums leitet, den unverhofften Neuzugang: „Zugleich stärkt sie den Klassizismus-Schwerpunkt, den wir seit einiger Zeit ausbauen. Besonders die Forschungen zu Martin von Wagner haben in den letzten Jahren einen spürbaren Aufschwung genommen.“ Wagner gehörte 1808 zu den frühen Bewunderern der Marmorgruppe, wenn auch „nur“ der ersten Fassung.
Enthüllung im Rahmen des Mozartfests
Die zweite wird nun in Würzburg erwartet, und ihre Ankunft wird gebührend gefeiert: Am Dienstag, 14. Juni, wird das Werk enthüllt – im Beisein von Gästen des Mozartfests, denn am selben Abend wird im Kaisersaal der Residenz das Melodram Ariadne auf Naxos aufgeführt. „Damit wird die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Universität und Mozartfest weitergeführt, die im vergangenen Jahr – in der Jubiläumssaison anlässlich der 100. Ausgabe des Festivals – zu der grandiosen Ausstellung Imagine Mozart | Mozart Bilder geführt hat“, freut sich Intendantin Evelyn Meining: „Diese Kooperation mit dem Martin von Wagner Museum wollen wir in Zukunft weiter ausbauen.“
In der Gemäldegalerie, wo die Ariadne auf einem eigens angefertigten Sockel platznehmen wird, stellt Professor Dombrowski bei dieser Gelegenheit nicht nur den prominenten Ankömmling vor. Darüber hinaus wird dieser in die Bildgeschichte der mythologischen Figuren Bacchus und Ariadne eingebettet – anhand von ausgewählten Beispielen aus den universitätseigenen Sammlungen. Antike Vasenmalerei, Zeichnung, Druckgrafik und Malerei sind Zeugen der Faszination, die das Thema auf die Künstler aller Zeiten ausgeübt hat. Kein Wunder, dass Dannecker seine Ariadne für das „Hauptstück meines ästhätischen Daseins“ hielt. Ab jetzt wird es, soviel ist sicher, ein Hauptstück der Gemäldegalerie sein.
Wer sich selbst einen Eindruck davon machen möchte, aber nicht zu den Glücklichen gehört, die Karten für die Mozartfest-Veranstaltung besitzen, kann Ariadne ab dem Morgen des 15. Juni bewundern. Geöffnet ist die Gemäldegalerie dienstags bis samstags von 10 bis 13.30 Uhr sowie sonntags 14-täglich im Wechsel mit der Antikensammlung von 10 bis 13.30 Uhr.