Arno, Frauke und die Schokoladenfabrik
22.10.2019Vom Tropenbiologen zum fairen und ökologischen Kakaohändler: Frauke Fischer und Arno Wielgoss von der Uni Würzburg haben diesen Schritt gewagt – und wollen nun die beste Schokolade der ganzen Welt verkaufen.
Naschen statt saufen für den Regenwald: Mit ökologisch und fair gehandeltem Kakao und Schokolade wollen zwei Biologen der Uni Würzburg die beste Schokolade der Welt produzieren. Und erste Wettbewerbe zeigen: Die Schokolade ist ausgezeichnet.
Dr. Frauke Fischer und Dr. Arno Wielgoss sind das Gründerteam von PERÚ PURO. Beide sind Tropenbiologen, Wielgoss war vor PERÚ PURO am Biozentrum der Uni Würzburg beschäftigt, Fischer arbeitet noch immer dort. Beide haben jahrelange Arbeitserfahrung in Afrika, Asien und Lateinamerika. Der Regenwald ist ihr Fachgebiet. Die ständige Abholzung, auch durch Kleinbauern, wollten sie aber nicht mehr hinnehmen.
„Irgendwoher müssen die Menschen vor Ort ihr Einkommen generieren“, erklärt Fischer. Den Kleinbauern will sie daher nicht die Schuld zuschieben. „Es funktioniert nicht, auf Dauer nur zu sagen, ‚Der Regenwald muss erhalten werden‘. Es braucht mehr. Neben der Politik auch Unternehmen, die Verantwortung übernehmen.“ Fischers und Wielgoss‘ Philosophie: Fairer und ökologischer Kakao-Anbau ist gut. Aber es muss mehr sein.
Mehr als fair und bio
Wielgoss hat mit seiner Familie vor rund 20 Jahren die kleine NGO „Frederick-Hilfe für Peru“ gegründet, die vor Ort Kleinbauern unterstützt. Auf dieses Netzwerk griffen die beiden zurück. Seit 2015 importieren sie selbst den Kakao der Kleinbauern. Ihr Kakao ist bio-zertifiziert und wird fair gehandelt. Aber: Sie zahlen den Bauern deutlich mehr als den Fairtrade-Mindestpreis. Für eine Tonne Kakao erhalten die Bauern von PERÚ PURO 4000 US-Dollar. Der Fairtrade-Mindestpreis liegt deutlich unter 2000 Dollar. „Selbst mit dem Fairtrade-Preis leben viele Kleinbauern noch unter der Armutsgrenze“, so Fischer.
Die Bio-Standards erfüllt PERÚ PURO ebenfalls – und noch mehr: „Wir haben viel strengere Regeln“, erklärt Fischer. Hier kommt auch das biologische Fachwissen zum Einsatz: Statt Regenwald zu roden, um Plantagen anzulegen, zeigte Wielgoss den Bauern, wie sie degradierte Böden wieder für den Anbau verwenden können und die Kakaopflanzen in artenreichen Kakaogärten – sogenannten Agroforstsystemen – anbauen können. Statt gerodeter Flächen mit Monokulturen lebt so die Biodiversität auf den Anbauflächen auf. Die 900 Hektar Regenwald, die den Bauern gehören, werden von ihnen nun aktiv geschützt. Die Weiterverarbeitung des Kakaos (Schroten und Rösten) erfolgt in Zukunft von den Frauengruppen vor Ort. Ein „Gamechanger“, wie es Fischer nennt. Denn dass die Frauen so direkt einen monetären Anteil zum Familieneinkommen beitragen, ist im ländlichen Peru nicht selbstverständlich.
International Chocolate Award gewonnen
45 Familien sind inzwischen Mitglieder in der Kooperative APECMU aus der Region um das peruanische Dorf Ivochote, mit der PERÚ PURO ohne Zwischenhändler handelt. Das Interesse unter den Kleinbauern wächst. Wer sich als Bauer bewährt hat und die strengen Standards einhält, kann Mitglied der Kooperative werden, bekommt dann sein Stimmrecht und kann den Kurs von APECMU aktiv mitbestimmen.
Geerntet wird Chuncho-Kakao – der Ur-Kakao, von dem alle heutigen Kakao-Sorten abstammen. Chuncho ist mittlerweile rar geworden und sogar vom Aussterben bedroht. Die Produktpalette von PERÚ PURO: Als Rohkost oder geröstet gibt es Kakaobohnen und Kakaonibs (kleine Stückchen, zum Beispiel für Müsli), Kakao-Tee, Kakaomasse und natürlich Schokolade. Die „Chuncho-Gold“-Schokolade gibt es etwas herber mit 70 Prozent Kakaogehalt oder süßer mit 52 Prozent Kakao. Auch die restlichen Inhaltsstoffe sind allesamt bio. Dafür gab es in diesem Jahr eine Silber- und eine Bronzemedaille bei den European Chocolate Awards.
Alles hat seinen Preis
Den Erfolg der Schokolade verdankt PERÚ PURO der Crowdfunding-Aktion „Schokoheld werden“. 25.000 Euro haben sie damals (2017) als Vorfinanzierung für die Produktion in einer Schweizer Schokoladenmanufaktur gebraucht. Am Ende der fünfwöchigen Kampagne waren es fast 60.000 Euro.
Bisher wurden 45.000 Tafeln gefertigt. „Das macht eine Firma wie Ritter Sport wohl in zehn Minuten“, witzelt Fischer. Dass der faire und ökologische Anbau, der Import und die Manufaktur einen Preis haben, dürfte wenig überraschen: 5,50 Euro kostet eine Tafel. „Man muss sich aber fragen, warum wir in Deutschland Schokolade für unter einen Euro haben. Das geht nur mit Umweltzerstörung, Sklavenarbeit und Kinderarbeit“, sagt Fischer.
Zu kaufen gibt es die fairen Bio-Produkte im Internet und inzwischen über 120 Läden. Und für die Zukunft sind schon neue Produkte geplant: Zum Beispiel soll es bald eine eigene Kaffee-Sorte geben; geröstet in Schweinfurt. Dass sich ihr Modell durchsetzen kann, davon sind Fischer und Wielgoss überzeugt. Fischer: „Wir wollen weg von den Spenden für die Kleinbauern. Die machen dort den besten Kakao der Welt. Und wir wollen, dass sie dafür ordentlich bezahlt werden. So einfach ist das.“
Kontakt
Dr. Frauke Fischer, Lehrstuhl für Tierökologie und Tropenbiologie, Universität Würzburg, T +49 (931) 31 84365, fischer@biozentrum.uni-wuerzburg.de