Bessere Krebstherapien als Ziel
23.10.2018Neueste Methoden der Mikroskopie helfen dabei, zielgerichtete personalisierte Immuntherapien gegen Krebserkrankungen zu entwickeln. Daran arbeitet ein neuer Forschungsverbund, der von Würzburg aus koordiniert wird.
Jährlich erkranken weltweit circa 14 Millionen Menschen an bösartigen Tumorerkrankungen, mehr als die Hälfte der Betroffenen sterben an den Folgen. Aktuell ermöglichen neue Immuntherapien erstmals eine vielversprechende, effiziente „personalisierte“ Krebsimmuntherapie. Hiermit kann eine langdauernde und nebenwirkungsreiche Chemotherapie in vielen Fällen umgangen werden. Aufgrund der hohen Wirksamkeit der Therapeutika ist für ihren erfolgreichen Einsatz bereits eine minimale Menge Tumorspezifischer Zelloberflächenmarker (Antigene) ausreichend.
Immuntherapien können schwere Nebenwirkungen haben und sind auch sehr kostspielig. Darum ist die Ermittlung eines individuellen und quantitativen Antigenprofils auf den Tumorzellen, aber auch auf gesunden Zellen/Geweben unumgänglich, um unnötige Behandlungen zu verhindern.
Bisherige Methoden sind nicht empfindlich genug
Die derzeit in den Kliniken etablierten Nachweismethoden, wie immunhistochemische Färbereaktionen für Gewebeschnitte solider Tumore und durchflusszytometrische Verfahren (FACS) zur Detektion von im Blut zirkulierende Tumorzellen, sind in ihrer Empfindlichkeit begrenzt und nicht für eine quantitative Erfassung weniger Antigenmoleküle pro Zelle geeignet. Um bei Tumorpatienten die bestmögliche Immuntherapie anwenden zu können, ist daher eine zuverlässige Identifizierung der behandelbaren Patienten auf Basis des Nachweises auch geringster Antigenmengen auf Tumorzellen dringend notwendig.
Daran arbeitet das neue BMBF-Verbundprojekt „Quantitative Super-Resolution-Mikroskopie für die personalisierte Immuntherapie maligner Erkrankungen (IMMUNOQUANT)“, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird. Es setzt eine hochempfindliche Methode mit hoher räumlicher Auflösung zur Detektion selbst einzelner Antigene auf Tumorzellen ein. Damit können erstmals auch niedrig exprimierte Antigene auf Patientenzellen und Tumorgewebe sicher erfasst und eine zielgerichtete personalisierte Immuntherapie ohne Nebenwirkungen eingesetzt werden.
Antikörpersignale auf Tumorzellen eindeutig identifizieren
Der Verbund erforscht den Einsatz der einzelmolekülempfindlichen Super-Resolution-Mikroskopie Methode dSTORM, die im Labor von Prof. Dr. Markus Sauer am Biozentrum der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) entwickelte wurde, zur quantitativen Bestimmung Tumor-assoziierter Antigene. Zudem werden Algorithmen entwickelt, die eine eindeutige Unterscheidung spezifischer Antikörpersignale auf Tumorzellen und Gewebeproben von Hintergrundsignalen und unspezifisch bindenden Antikörpern erlauben.
Die Methode wird derzeit an primären Zellen und Modellsystemen entwickelt, optimiert und in einer klinischen Studie validiert. Hierfür arbeiten die JMU und die Arbeitsgruppen von Prof. Dr. Harald Wajant und Dr. med. Michael Hudecek an der von Prof. Dr. Hermann Einsele geführten Medizinischen Klinik II am Universitätsklinikum Würzburg zusammen.
Die MorphoSys AG generiert neue hochspezifische Antikörper und entwickelt auf der Basis der Verbundergebnisse neue therapeutische Ansätze. Parallel hierzu entwickeln die Verbundpartner Carl Zeiss Microscopy GmbH und ibidi GmbH automatisierte Mikroskopieverfahren und spezielle Probenkammern für die quantitative hochauflösende Fluoreszenzmikroskopie von Tumorzellen und Gewebeschnitten.
Sicherer Nachweis selbst geringer Antigen-Mengen
Erste Ergebnisse des Verbundes zeigen, dass die einzelmolekülempfindliche Mikroskopiemethode dSTORM selbst geringste Mengen an Tumor-assoziierten Antigenen sicher auf primären Tumorzellen nachweisen kann, die mittels Standardtechniken in der Klinik negativ getestet wurden. Gleichzeitig konnte gezeigt werden, dass nur wenige Tumorantigene pro Zelle für eine erfolgreiche Therapie mit Antigen-spezifischen T-Zellen ausreichend sein können. Durch die genaue Kenntnis darüber, wie viele Antigene pro Zelle für eine erfolgreiche Therapie vorhanden sein müssen, können in Zukunft verbesserte und nebenwirkungsfreie Therapien entwickelt werden.
Der Verbund schafft damit die Grundlagen, um in Zukunft mehr Patienten mit einer gezielten und effizienten, vor allem aber sicheren Tumortherapie zu behandeln und Behandlungskosten zu reduzieren. Gleichzeitig zeigen die Ergebnisse erstmals, wie ein wissenschaftliches Spezialgerät der Super-Resolution-Mikroskopie erfolgreich als Werkzeug in der klinischen Diagnostik eingesetzt werden kann.
Kontakt
Prof. Dr. Markus Sauer, Koordinator des BMBF-Verbundprojekts IMMUNOQUANT, Biozentrum, JMU, T +49 931 31-88687, m.sauer@uni-wuerzburg.de