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Damit Kommunikation nicht trennt

17.12.2019

Grundvoraussetzung einer konstruktiven Kommunikation ist die Empathie: Sich vorstellen zu können, wie das Gesagte beim Anderen ankommt, ist die Basis. Wie das gelingt, hat ein Vortrag an der Uni gezeigt.

"Schlagkräftige" Argumente sind nicht gefragt, wenn Kommunikation gelingen soll. Welcher Weg der bessere ist, hat ein Vortrag an der JMU gezeigt.
"Schlagkräftige" Argumente sind nicht gefragt, wenn Kommunikation gelingen soll. Welcher Weg der bessere ist, hat ein Vortrag an der JMU gezeigt. (Bild: Konfliktmanagement)

Lohnt es sich eigentlich, im Umgang mit anderen Menschen genauer auf Sprache und Formulierungen zu schauen? Kommt es denn nicht auf die Inhalte an? Wann trennt Kommunikation und wann verbindet sie? Um diese und weitere Fragen ging es in dem Vortrag „Konstruktive Kommunikation - Durch klare und wertschätzende Kommunikation Konflikte verhindern und klären“, zu dem das Konfliktmanagement der Universität Ende November eingeladen hatte. Katja Beck-Doßler, die Leiterin der Konfliktberatungsstelle, hat einen Nachbericht verfasst:

„Immer muss ich dran glauben und Eure Arbeit erledigen! Nie bringt Ihr Eure Aufgaben zu Ende. Ihr nutzt mich voll aus! Macht gefälligst selbst Eure Arbeit!“ Solch einen Satz haben wohl die meisten Menschen schon einmal gesagt und auch gehört. Den Tonfall haben wir jedenfalls im Ohr. Eine Verbesserung der Arbeitssituation wird mit einer solchen Aussage nicht erreicht – vielmehr folgen Rechtfertigungen, Abwehr, weitere gegenseitige Vorwürfe und Streit. Der Konflikt eskaliert.

Wie eigene Interessen zielgerichtet vertreten werden können, ohne beim Gegenüber Ärger und Abwehr zu provozieren, darum ging es in der dritten Veranstaltung der Vortragsreihe des Konfliktmanagements für Beschäftigte der Universität.

Die Referentin Elke Schwertfeger ist Spezialistin für Konflikte und schöpfte in ihrem Vortrag aus jahrzehntelanger Erfahrung. Anhand von zahlreichen Beispielen erklärte sie die vier Schritte (oder Bausteine) der konstruktiven Kommunikation nach Rosenberg (2016) sehr anschaulich und baute für die ca. 150 Teilnehmenden sogar ein paar Übungen ein.

„Letzte Woche habe ich Überstunden gemacht, weil die drei wichtigsten Terminaufgaben noch nicht erledigt waren. Das hat mich ziemlich geärgert und ich brauche diese Woche mehr Absprache und vor allem mehr Unterstützung. Lasst uns das bitte mal besprechen.“

Wie kann eine solche Formulierung gelingen, die die Grundlage für ein konstruktives Miteinander und eine praktikable Lösung bietet?

1. Baustein: Die Beobachtung

Insbesondere wenn wir uns ärgern, sind in unserer Alltagssprache Verallgemeinerungen, wie „immer“ „nie“ und „alle“ weit verbreitet. Auch urteilen und interpretieren wir schnell („Ihr nutzt mich aus!“). Leider sind dies Kommunikationsmittel, die nur dazu beitragen, einen Konflikt zu verschärfen, statt zielführend über das Problem zu sprechen zu können. So rät die Referentin eine wertfreie Beobachtung zu machen und nur die wirklich beobachteten Aspekte zu beschreiben, wie in Variante 2: „letzte Woche“, „drei Terminaufgaben nicht erledigt“, Überstunden gemacht“.

2. Baustein: Das Gefühl

Oft stehen Wut oder Ärger, aber auch Frust und Unsicherheit im Vordergrund und oft sind diese Gefühle durchaus berechtigt. Wenn diese Gefühle in Vorwürfe verpackt werden („Immer muss ich!“, „Nie macht Ihr!“, „Ihr nutzt mich voll aus!“), löst das automatisch bei den Anderen Ärger aus, sie fühlen sich angegriffen. Eine solche Situation kennen wohl die meisten Menschen von sich selbst: Der Streit ist vorprogrammiert, die Fronten verhärten sich. Die Referentin rät, Gefühle klar und deutlich zu benennen, aber nicht in Pseudogefühle (Vorwürfe) zu verpacken: „Das hat mich ziemlich geärgert“ macht dem Gegenüber das Gefühl deutlich, ohne, dass er sich angegriffen fühlt.

Elke Schwertfeger betonte, dass Gefühle auf jeden Fall zur Arbeitswelt gehören und jeder diese dort erlebt. Denn wenn etwas schiefläuft oder unsere Erwartungen nicht erfüllt wurden, werden Bedürfnisse verletzt und es kommt zu negativen Gefühlen. Und diese Gefühle dürfen nicht nur, sondern sollten auf jeden Fall vermittelt werden, auch wenn das gar nicht so einfach ist.

Da ist es wie mit dem Autofahren, am Anfang ruckelt und holpert es etwas, aber mit Übung schleifen sich die Fähigkeiten ein und wir erreichen irgendwann ganz automatisch einen eigenen (Fahr-)Stil. Das gilt auch für eine konstruktive Kommunikation: Nach einer Weile hören sich Gefühlsformulierungen nicht mehr holprig und gestelzt an.

3. Baustein: Die Bedürfnisse

Wir vertreten mit schlagkräftigen Argumenten Positionen, Strategien oder Forderungen („Macht gefälligst Eure Arbeit!“), ohne zu sagen, was uns dabei wirklich wichtig ist. Bedürfnisse sind die Motive unseres Handelns. Unserem Beispiel liegt das Bedürfnis nach Absprache und Unterstützung zu Grunde („…und ich brauche diese Woche mehr Absprache und v.a. mehr Unterstützung.“). Wenn man sich diese Bedürfnisse zunächst einmal bewusstgemacht hat, fällt es gar nicht mehr so schwer, sie auch konkret zu benennen.

4. Baustein: Die Bitte

Eine Bitte gibt den Gesprächspartnern die Möglichkeit, für sich zu entscheiden, ob sie dieser nachkommen oder nicht („Lasst uns das bitte mal besprechen.“). Die Möglichkeit selbst zu entscheiden, in welchem Ausmaß und wann sich die Anderen mit der Bitte beschäftigen, trägt ebenfalls sehr zur Deeskalation und konstruktiven Auseinandersetzung bei.

In der anschließenden Diskussion mit den Teilnehmenden betonte die Referentin, dass das Konzept der konstruktiven Kommunikation keinesfalls ein „Weichspüler“ der Sprache sei. Im Gegenteil bietet es die Möglichkeit, eigene Gefühle, Bedürfnisse und Wünsche klar auszudrücken.

Grundvoraussetzung einer konstruktiven Kommunikation ist die Empathie: Sich vorstellen zu können, wie das Gesagte beim Anderen ankommt, ist die Basis einer guten Kommunikation. Wenn es gelingt, wertfrei und wertschätzend mit dem Gegenüber zu sprechen und dabei die Situation sachlich - mit beobachteten Fakten - und die Emotion ohne Vorwürfe zu benennen, dann fühlen sich die Angesprochenen nicht angegriffen und reagieren nicht mit Abwehr, sondern haben Verständnis - auch wenn natürlich nicht jede Bitte erfüllt werden kann.

Damit basiert die von der Referentin vorgestellte „gewaltfreien Kommunikation“ Rosenbergs auf den Grundsäulen der klientenzentrierten Gesprächstherapie nach Carl Rogers und zahlreichen weiteren Kommunikationsmodellen (z. B. das bekannte Kommunikationsquadrat nach Schulz von Thun, 2010). Wenn Sie Lust auf die Kommunikationsbeispiele der Referentin haben, schauen Sie in den Vortrag hinein und oder vertiefen Sie hier Ihr Wissen:

Rosenberg, M. B. (2016). Gewaltfreie Kommunikation: Eine Sprache des Lebens. Paderborn: Junfermann Verlag (ISBN:3955716104).

Schulz von Thun, F. (2010). Miteinander reden 1:  Störungen und Klärungen: Allgemeine Psychologie der Kommunikation. Auflage 48. Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag (ISBN-10: 3499174898).

Mehr Informationen zum Konfliktmanagementsystem, weiteren Angeboten im Konfliktmanagement und zur Konfliktprävention sowie zu den Anlaufstellen und zur Konfliktberatungsstelle finden Sie auf der Homepage.

Themenwünsche für zukünftige Veranstaltungen lassen Sie uns gerne wissen:

konfliktberatung@uni-wuerzburg.de

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