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Dank KIS zur Dissertation

27.06.2023

Die Kontakt- und Informationsstelle für Studierende mit Behinderung der Universität Würzburg feiert in diesem Jahr ihr 15-jähriges Bestehen. Seit der Gründung 2008 hat sich viel an der Uni verbessert.

Am 23. Juni hat KIS mit zahlreichen Gästen Jubiläum gefeiert. In der Mitte ist Sandra Mölter zu sehen.
Am 23. Juni hat KIS mit zahlreichen Gästen Jubiläum gefeiert. In der Mitte ist Sandra Mölter zu sehen. (Bild: Daniel Günther / Creative Light)

Man kann ein Leiden haben und trotzdem alles daransetzen, Zahnmediziner oder Biologin, Juristin oder Lehrer zu werden. Das kommt sogar recht häufig vor. „Der 22. Sozialerhebung zufolge haben 16 Prozent aller Studierenden eine Beeinträchtigung, die ihr Studium erschwert“, sagt Sandra Mölter. Auch an der Uni Würzburg, so die Leiterin der vor 15 Jahren gegründeten Kontakt- und Informationsstelle für Studierende mit Behinderung und chronischer Erkrankung (KIS), gibt es etliche „Studis“ mit Handicap.

Bei einigen Studierenden ist es zum Beispiel so, dass ihnen immer Angst im Nacken sitzt. Angst vor anderen Menschen. Angst vor Prüfungen. Angst vor der nächsten Panikattacke. Wieder andere leiden unter Depressionen. Daneben studieren junge Menschen mit Krebs oder einem Herzleiden in Würzburg. Es gibt einige Rollstuhlfahrer sowie Studierende mit Sehbehinderung. Außerdem sind Autismus und ADHS relativ weit verbreitet. „Im vergangenen Jahr haben wir rund 700 Studentinnen und Studenten beraten, einige mehrfach“, berichtet Sandra Mölter anlässlich der Jubiläumsfeier, die am 23. Juni in sanierten KIS-Räumen mit politischer Prominenz stattfand.

Beratung für Studierende, Dozentinnen und Dozenten

Während der Corona-Krise, als fast jeder Mensch aus seiner gewohnten Ordnung herausgerissen wurde, haben sich gerade ADHS und Depressionen bei einigen Studierenden noch einmal verschlechtert, so die KIS-Beraterin. Insgesamt steigt die Zahl der seelisch kranken Studierenden seit Jahren. Rund 65 Prozent derjenigen, die bei der aktuellen Sozialerhebung angaben, dass sie mit Beeinträchtigung studieren, litten seelisch. „In unserer Beratungsstelle haben wir es sogar zu über 80 Prozent mit psychisch beeinträchtigten Studierenden zu tun“, berichtet Sandra Mölter. An der Spitze stehen Depressionen und Angststörungen. Frauen sind etwas häufiger betroffen als Männer.

Nicht jede Professorin, nicht jeder Privatdozent und nicht jede Lehrbeauftragte hat ein Gespür für Studierende, die sich auffällig verhalten oder gar in eine akute Krise geraten. Sandra Mölter, die KIS seit 2010 leitet, war es immer ein Anliegen, Dozentinnen und Dozenten über seelische Krankheiten aufzuklären und sie zu sensibilisieren. „Kürzlich haben wir eine Broschüre zum Studieren mit psychischen Erkrankungen herausgegeben“, berichtet sie. Darin sind typische Verhaltensweisen seelisch kranker Menschen beschrieben. Ein Gesprächsleitfaden findet sich in dem Heft ebenso wie Hinweise zu Anlaufstellen.

Regelmäßige Hilfe über längere Zeit

Ein Student mit ADHS kann bei einer Prüfung in Quantenphysik hervorragend abschneiden - und es gleichzeitig nicht schaffen, sein Studium organisatorisch auf die Reihe zu bekommen. Über zwei studentische Mitarbeiter der Kontakt- und Informationsstelle erhalten Studierende mit dieser Problematik Hilfe. „Der studentische Mitarbeiter und der Student setzen sich zum Beispiel einmal in der Woche für eine Stunde zusammen und besprechen die Studienplanung“, erläutert Sandra Mölter. Als sehr unterstützend wird die gemeinsame Erstellung einer To-Do-Liste für die kommende Woche erlebt. Die beinhaltet meist auch einen sorgfältig ausgearbeiteten Lernplan.

Das KIS-Jubiläum fällt in eine Zeit, in der die Politik den Rotstift ansetzen muss. Sandra Mölter weiß um die Sparzwänge. Dennoch plädierte sie bei der Jubiläumsfeier dafür, weiterhin in Inklusion zu investieren. Vorbildlich ist für sie Nordrhein-Westfalen: „Dort gibt es das Programm ‚Inklusive Hochschule NRW‘.“ Mit diesem Programm fördert das Wissenschaftsministerium die gleichberechtigte Teilhabe am Hochschulleben. Konkret werden zum Beispiel hochschulweite Inklusionspläne, Kontaktstellen für barrierefreie Prüfungen oder Peer-to-Peer-Mentoring unterstützt. Ein solches Programm würde sich die aus Aachen stammende Soziologin und Psychologin auch für Bayern wünschen.

JMU ist Vorbild beim Nachteilsausgleich

Beim Welttag der Menschen mit Behinderung, der alljährlich am 3. Dezember begangen wird, ist stets davon die Rede, dass kein Bürger wegen einer Beeinträchtigung Nachteile erleiden darf. Doch noch klaffen Theorie und Praxis recht weit auseinander. In Bezug auf Nachteilsausgleiche allerdings kommt der Uni Würzburg laut Sandra Mölter innerhalb Bayerns eine Vorbildfunktion zu: „Die Prüfungsausschussvorsitzenden sind in Würzburg äußerst sensibel.“ Setzt sich die KIS-Leiterin zum Beispiel dafür ein, dass ein seelisch kranker Student eine Prüfung in einem separaten Raum schreiben darf und dass er mehr Prüfungszeit erhält, geht das durch: „Das ist an anderen Hochschulen nicht so.“

Wer sich mit Sandra Mölter unterhält, erkennt rasch, dass Inklusion ein sehr komplexes, aber auch ein sehr interessantes Thema ist. Gibt es doch mehr und mehr Möglichkeiten, sich selbst mit einer gravierenden Beeinträchtigung Lebenswünsche zu erfüllen. Sandra Mölter denkt an einen jungen Mann mit Asperger-Autismus, den sie durch sein ganzes Studium begleitet hat: „Im Moment promoviert er.“ Dass er ausgerechnet in Würzburg über seiner Dissertation sitzt, ist einzig und allein KIS zu verdanken: Wegen der Kontakt- und Informationsstelle für Studierende mit Behinderung hatte er sich nach dem Abitur für die Stadt am Main als Studienort entschieden.

Peer-to-Peer-Beratung in der KIS

Ob man studieren will oder nicht, ist jedermanns ureigenste Sache. Hat man die intellektuelle Begabung und möchte akademische Weihen empfangen, muss dies jedoch durch gute Rahmenbedingungen unabhängig von einer Beeinträchtigung möglich sein. Genau dafür setzt sich KIS seit dem Jahr 2008 ein. Dass sich seitdem sehr viel an der Uni Würzburg verbessert hat, ist maßgeblich dem Einsatz von Sandra Mölter zu verdanken. Die wiederum ist ideal als Beraterin geeignet, da sie selbst ein orthopädisches Leiden hat und anerkannt schwerstbehindert ist: „Was ich anbiete, ist also Peer-to-Peer-Beratung.“

Homepage der KIS

Von Pressestelle JMU

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