Das Kräftespiel der Märkte
12.06.2018Daniela Lorenz hat seit April 2018 den Lehrstuhl für BWL und Unternehmensfinanzierung an der Universität Würzburg inne. Sie arbeitet in einem Bereich, der seit ein paar Jahren regelmäßig für Schlagzeilen sorgt.
Ist Monsanto tatsächlich die 63 Milliarden Dollar wert, die Bayer dafür zu zahlen bereit ist? Und wie ist der offizielle Einstandskurs von knapp 166 US-Dollar zu bewerten, den der Musik-Streamingdienst Spotify bei seinem Gang an die Börse erzielte? Schließlich liegt der Wert des Unternehmens, das chronisch Verluste schreibt, damit bei fast 30 Milliarden Dollar.
Unter anderem mit solchen Fragen beschäftigt sich Daniela Lorenz. Die Professorin hat seit dem Sommersemester 2018 den Lehrstuhl für BWL und Unternehmensfinanzierung an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) inne. Die Bewertung von Unternehmen, der Einfluss von Steuern auf Investitions- und Finanzierungsentscheidungen und der Bereich „Portfolio Selection und Kapitalmärkte“ zählen zu ihren Forschungsschwerpunkten.
Unternehmensbewertung: Ein Job mit vielen Stellschrauben
„Wir wollen den Praktiker dabei unterstützen, eine sachgerechte Unternehmensbewertung vorzunehmen“, beschreibt die neue Professorin eine ihrer Aufgaben. Wenn ein Unternehmen den Gang an die Börse plant, wenn eine Fusion in Angriff genommen wird, wenn eine Abspaltung bevorsteht: In solchen Fällen ist es wichtig, dass der Wert der jeweiligen Unternehmen oder Unternehmensteile möglichst exakt ermittelt wird. „Dabei gibt es viele Stellschrauben, an denen man drehen kann“, sagt Daniela Lorenz. Dazu zählen beispielsweise die Prognose künftiger Gewinne, der geplante Verschuldungsgrad des Unternehmens, die Einschätzung der Entwicklung des allgemeinen Zinsniveaus sowie unternehmensspezifische Risikofaktoren.
Natürlich ist es nicht die Aufgabe der Wirtschaftswissenschaftlerin, den Wert von Monsanto oder Spotify zu ermitteln. Sie arbeitet vielmehr an Modellen und versucht, mit deren Hilfe den Markt so realistisch wie möglich abzubilden. Ziel ist es, ein besseres Verständnis der Märkte zu gewinnen. Den theoretischen Ansatz ergänzt Lorenz durch ihre empirische Forschung. Mit den dabei gewonnenen Erkenntnissen kann sie dann die bestehenden Theorien im Idealfall erweitern, um der Wirklichkeit wieder ein Stückchen näher zu kommen.
Studium: Mathematik mit Anwendungsbezug
Die Begeisterung für Mathematik sei Auslöser für ihre Entscheidung gewesen, das Studium der Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Finanzierung und Ökonometrie zu absolvieren – in ihrer Heimatstadt Berlin an der Freien Universität (FU). „Mir hat besonders gefallen, dass die Mathematik in diesem Studiengang immer in einem konkreten Anwendungsbezug steht“, sagt sie. Ein weiterer Pluspunkt des BWL-Studiums sei für sie die Tatsache gewesen, dass dessen Absolventen extrem viele Möglichkeiten offenstehen. „Man kann damit die konkrete Berufswahl ein paar Jahre lang hinausschieben.“
Dass ihr Weg in die Wissenschaft führen würde, habe sich während ihrer Tätigkeit als Wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Bank- und Finanzwirtschaft der FU Berlin herauskristallisiert, erzählt die Lehrstuhlinhaberin. „Ich habe dabei gemerkt, dass es mir gefällt, ins Detail zu gehen und einen Aspekt vertieft zu betrachten.“ Die Promotion war konsequenterweise der nächste Schritt; in ihr hat sich Daniela Lorenz mit „Finanzwirtschaftlichen Entscheidungen und Steuern“ auseinandergesetzt.
Karriere: Entscheidungsfindung per Excel-Tabelle
Ob sie sich im Anschluss an ihre Promotion tatsächlich für eine Juniorprofessur an der FU Berlin bewerben sollte, hat Daniela Lorenz passenderweise mit einer Excel-Tabelle eruiert. In diese hat sie alle Professuren und Lehrstühle eingetragen, die in ihrem Fachgebiet in einem für sie passenden Zeitabschnitt voraussichtlich frei wurden. Deren Zahl, kombiniert mit der Anzahl potenzieller Konkurrenten, lieferte eine Aussage für das Risiko, das sie auf diesem Weg eingehen würde. Viele der Stelleninhaber von befristeten Juniorprofessuren bekommen nämlich anschließend keine unbefristete Professur angeboten und müssen sich nach Jahren der akademischen Arbeit beruflich neu orientieren.
Familie und Beruf: Organisation ist alles
Anscheinend lag der eruierte Wert innerhalb eines vertretbaren Rahmens: Von 2011 bis März 2018 war Daniela Lorenz Juniorprofessorin für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Finanzierung und Betriebswirtschaftliche Steuerlehre an der FU Berlin; im April wechselte sie auf den Lehrstuhl an der JMU. Von der hippen Großstadt ins beschauliche Unterfranken: Ein Wechsel, der ihr zusagt. Sie freue sich, dass sie die Stelle in Würzburg bekommen habe, so Lorenz: „Die Uni sagt mir zu!“ Deshalb könne sie sich gut vorstellen, hier langfristig zu bleiben.
„Organisation ist alles“, antwortet Lorenz, wenn man sie fragt, wie sie diese Karriere absolvieren und währenddessen zwei Kinder bekommen konnte. Und Organisationstalent ist nötig. Schließlich biete jede Woche neue Herausforderungen, zu deren Bewältigung die Terminkalender vieler Familienmitglieder und Helfer aufeinander abgestimmt werden müssten. Einen positiven Begleiteffekt habe die Doppelbelastung allerdings: „Seit ich Kinder habe, arbeite ich deutlich konzentrierter und fokussierter“, sagt die Professorin.
Lehre: Handwerkszeug und Wissenschaft
Ihren Studierenden will Daniela Lorenz im Laufe des Bachelorstudiums das „geeignete Handwerkszeug“ zur Vorbereitung auf das Berufsleben liefern. Damit sollen diese in der Lage sein, fundierte Investitions- und Finanzierungsentscheidungen zu treffen. Die wissenschaftliche Komponente tritt im Masterstudium stärker in den Vordergrund, wobei auch in dieser Zeit der Anwendungsbezug nicht zu kurz kommen soll. Wer diesen Weg einschlagen möchte, sollte nach Lorenz‘ Worten zwei Eigenschaften mitbringen: Das Interesse an Zahlen und die Fähigkeit interdisziplinär zu arbeiten.
Kontakt
Prof. Dr. Daniela Lorenz, Lehrstuhl für BWL und Unternehmensfinanzierung
T: +49 931 31 88174, E-Mail: daniela.lorenz@uni-wuerzburg.de