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Das Pangenom – Schlüssel zu neuen Therapien

30.11.2021

Aspergillus fumigatus ist ein weit verbreiteter Pilz, der bei Menschen lebensbedrohliche Infektionen verursacht. Ein internationales Forscherteam hat nun die große genetische Vielfalt des Erregers genauer unter die Lupe genommen.

Der Schimmelpilz Aspergillus fumigatus nach mehreren Wochen Wachstum auf Nährmedium (rechts). Die blau-grüne Oberflächenpigmentierung ist charakteristisch für die Schimmelpilzkolonien. Daneben die mikroskopische Aufnahme eines Konidienträgers. Die wenige Mikrometer großen Sporen werden über den Luftweg verbreitet. Insbesondere bei immungeschwächten Personen können sie schwere Atemwegsinfektionen auslösen.
Der Schimmelpilz Aspergillus fumigatus nach mehreren Wochen Wachstum auf Nährmedium (rechts). Die blau-grüne Oberflächenpigmentierung ist charakteristisch für die Schimmelpilzkolonien. Daneben die mikroskopische Aufnahme eines Konidienträgers. Die wenige Mikrometer großen Sporen werden über den Luftweg verbreitet. Insbesondere bei immungeschwächten Personen können sie schwere Atemwegsinfektionen auslösen. (Bild: Grit Walther / Leibniz-HKI)

Der Pilz Aspergillus fumigatus verursacht jedes Jahr weltweit bei mehr als 300.000 Menschen schwere Infektionen. Insbesondere bei immungeschwächten Patienten endet eine Infektion mit Aspergillus fumigatus in bis zu 50 Prozent der Fälle tödlich. Behandelt werden die Pilzinfektionen meist mit sogenannten Triazol-Antimykotika. Aufgrund stetig steigender Resistenzen gegen diese Medikamente werden die Behandlungsmöglichkeiten jedoch zunehmend erschwert, zumal der zu Grunde liegende Resistenzmechanismus häufig nicht bekannt ist. 

Aspergillus fumigatus kommt weltweit vor und ist als Krankheitserreger gerade aktuell wichtig, da er auch Infektionen bei schwer an Covid-19 erkrankten Patientinnen und Patienten auf Intensivstation verursachen kann“, erklärt Professor Oliver Kurzai vom Institut für Hygiene und Mikrobiologie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) und Leiter einer jetzt veröffentlichten Studie über den Pilz.

„Die Sporen des Erregers breiten sich mit der Luft sehr effizient aus. Bisher war völlig unklar, ob alle in der Umwelt vorkommenden Stämme Infektionen beim Menschen verursachen, oder ob es sich um genetisch besondere Isolate handelt“, so Kurzai. Dabei ist die Wissenschaft sich sicher, dass die genetische Vielfalt der Erreger für die Infektion und den Krankheitsverlauf eine wichtige Rolle spielt.

Das Pangenom – genetische Vielfalt erforscht

In einer neuen Studie hat das Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie sowie der Universitäten Würzburg und Hongkong eine große Anzahl von Genomen des weit verbreiteten Schimmelpilzes sequenziert, darunter Stämme aus der Umwelt sowie klinische Proben. Zusammen definieren die Genome den gesamten Genbestand der Art, das sogenannte Pangenom, das die genetische Bandbreite von Aspergillus fumigatus umfasst.

Die Genomanalysen deckten erhebliche Unterschiede zwischen den Isolaten auf. Nur gut zwei Drittel der genetischen Information kam in allen Proben vor, während das verbleibende knappe Drittel Gene beinhaltete, die nicht bei allen Isolaten zu finden sind. Diese zusätzlichen Gene sind für das Wachstum des Pilzes entbehrlich, könnten aber eine noch unentdeckte Rolle für den Pilz in der Umwelt und bei der Infektion des Menschen spielen.

Eine besondere genetische Linie verursacht die meisten Infektionen

Der Vergleich der Genome aus Umwelt- und Patientenproben zeigte, dass eine bestimmte genetische Linie innerhalb der Art Aspergillus fumigatus mit größerer Wahrscheinlichkeit Infektionen beim Menschen verursacht. Die Genome dieser Gruppe wiesen besondere Merkmale auf, die zum Beispiel für das Überleben des Pilzes in der menschlichen Lunge eine Rolle spielen und somit als potenzielle Angriffspunkte für neue Wirkstoffe interessant sein könnten.

Außerdem identifizierten die Forscherinnen und Forscher drei Gene, die in noch unbekannter Weise mit der Triazol-Resistenz in Verbindung stehen. „Hier sehen wir ebenfalls vielversprechende Ziele für künftige Therapieoptionen. Unsere Aufmerksamkeit gilt daher dem weiteren Studium derjenigen Gene und Proteine, die mit bislang unentdeckten Resistenzmechanismen im Zusammenhang stehen“, sagt Amelia E. Barber, Erstautorin der Studie und Leiterin der Nachwuchsgruppe Fungal Informatics am Leibniz-HKI.

Hoffnung für neue Therapieansätze

Die Ergebnisse ihrer bioinformatischen Analysen stellen die Autoren in der jüngsten Ausgabe des Fachjournals Nature Microbiology vor. Ihre globale Sicht auf das genetische „Instrumentarium“ von Aspergillus fumigatus weist dabei den Weg zu möglichen neuen Therapieansätzen. 

Für seine Forschungsarbeit konnte sich das Team auf die Zusammenarbeit in großen Forschungsverbünden stützen. Den Zugang zu den klinischen Isolaten ermöglichte das Nationale Referenzzentrum für invasive Pilzerkrankungen unter Leitung von Professor Oliver Kurzai, das vom Robert Koch-Institut aus Mitteln des Bundesgesundheitsministeriums unterstützt wird. Das vom BMBF geförderte Konsortium InfectControl bot den Rahmen für die Arbeiten zu Triazol-Resistenzen und deren Verbreitung in der Umwelt sowie bei klinischen Isolaten. Der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Exzellenzcluster Balance of the Microverse ermöglichte die Einrichtung der Nachwuchsgruppe Fungal Informatics und unterstützte die bioinformatische Analyse der enormen Datensätze.

Originalpublikation

Barber AE, Sae-Ong T, Kang K, Seelbinder B, Li J, Walther G, Panagiotou G, Kurzai O (2021) Aspergillus fumigatus pan-genome analysis identifies genetic variants associated with human infection. Nature Microbiology doi: https://doi.org/10.1038/s41564-021-00993-x

Kontakt

Prof. Dr. Oliver Kurzai, Lehrstuhl für Medizinische Mikrobiologie und Mykologie,
T: +49 931 31-46160, oliver.kurzai@uni-wuerzburg.de

Von Nora Brakhage & Michael Ramm (Leibniz-HKI) / Franziska Pietsch (JMU)

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