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Das Virus im Visier – oder den?

12.05.2020

Corona beschäftigt nicht nur Virologen, Mediziner und Politiker. Auch Sprachwissenschaftler interessieren sich dafür. Der Lehrstuhl für deutsche Sprachwissenschaft hat erste Befunde und Materialien veröffentlicht.

Im Zuge der Corona-Pandemie verändert sich nicht nur der Wortschatz. Auch die Aussprache mancher zuvor selten genutzter Wörter kann Probleme bereiten.
Im Zuge der Corona-Pandemie verändert sich nicht nur der Wortschatz. Auch die Aussprache mancher zuvor selten genutzter Wörter kann Probleme bereiten. (Bild: Pressestelle Uni Würzburg)

Wer die Berichte in Zeitungen, Funk und Fernsehen aufmerksam verfolgt, kann ins Grübeln geraten: Heißt es nun der oder das Corona-Virus? Und wie spricht man eigentlich die „Quarantäne“ korrekt aus – mit einem w-ähnlichen Laut vor dem ersten a oder ohne? Für jeweils beide Varianten finden sich derzeit hinreichend Belege.

Tatsächlich hat die Corona-Pandemie etliche Wörter in den allgemeinen Sprachschatz gerückt, die ansonsten wenig Aufmerksamkeit gefunden haben, und mitunter scheinen Sprecherinnen und Sprecher bei dem ganzen Corona-Gerede ganz schön ins Schwanken und Grübeln zu geraten.

Hilfe im Umgang mit solchen sprachlichen Zweifelsfällen bietet der Lehrstuhl für deutsche Sprachwissenschaft der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) an. Dort hat Lehrstuhlinhaber Professor Wolf Peter Klein zusammen mit seinem Team unter der Überschrift „Seuche und Sprache“ eine umfangreiche Linksammlung zusammengetragen, die sich mit allen Erscheinungen der Corona-Pandemie aus sprachwissenschaftlicher Sicht befasst – angefangen bei Listen mit neuen Wörtern („Öffnungsdiskussionsorgie“), neuen Textformen („Corona-Tagebücher“) über aktuelle Forschungsergebnisse bis hin zu der Frage, ob Eltern ihre Kinder „Corona“ nennen dürfen.

Seuchen schlagen sich in der Sprache wieder

„Alle historischen Entwicklungen schlagen sich in der Sprache nieder. Das gilt natürlich auch für die Geschichte der Seuchen und damit in der heutigen Zeit für die sogenannte ‚Corona-Krise‘“, erklärt Professor Klein. Einen Überblick über diese Entwicklung, laufend aktualisiert und zudem historisch zunehmend angereichert, bietet der Lehrstuhl deshalb auf seinen Seiten. „Wir sammeln dort erste Befunde und Materialien, die zur Information, aber auch als Ausgangspunkte für weitere sprach- und kulturwissenschaftliche Projekte zum Themenkreis dienen können“, so Klein.

Und wie ist das nun mit „Virus“ und „Quarantäne“? Beim „Virus“ findet man sowohl „der“ als auch „das“ Virus. Während Mediziner in der Regel „das Virus“ sagen, zeigt eine Untersuchung des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache in Mannheim (IDS), dass die maskuline Variante vor allem dann Verwendung findet, wenn es um Computerviren geht.

Komplizierter ist die Angelegenheit im Fall der Quarantäne. Nach der Schreibung wäre die Aussprache [kva]-rantäne zu erwarten– schließlich sagt man ja auch Quark und quer mit deutlich hörbarem [kva] beziehungsweise [kve]. Allerdings handelt es sich bei der Quarantäne um ein Lehnwort, das aus dem Französischen übernommen wurde – weshalb in diesem Fall andere Regeln gelten. Und so taucht, genauso wie bei der Quiche oder dem Queue, bei der Quarantäne meistens kein w-Laut auf – statt [kva]-rantäne heißt es richtig [ka]-rantäne. Möglicherweise ändert sich das aber auch bald. Man denke nur an die geläufige Aussprache des Worts „Quartier“.

Zur Homepage des Lehrstuhls für deutsche Sprachwissenschaft

Kontakt

Prof. Dr. Wolf Peter Klein, Lehrstuhl für deutsche Sprachwissenschaft, T: +49 931 31 80485, wolfpeter.klein@uni-wuerzburg.de

Von Gunnar Bartsch

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