Der Mensch als Maßstab
26.10.2021Fortsetzung der wissenschaftlichen Kooperation von OLG und JMU: In einem Symposium sprachen Forschende der JMU und Angehörige der Justiz über die ethischen und rechtlichen Herausforderungen der Digitalisierung.
„Die Digitalisierung der Justiz muss sich an den Menschen und ihren Bedürfnissen ausrichten“. Hierfür sprach sich der Präsident des Oberlandesgerichts (OLG) Bamberg Lothar Schmitt im Rahmen eines gemeinsam mit der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg veranstalteten Symposiums zum Thema „Mensch – Recht – Digitalisierung“ aus. Die Justiz stehe der Digitalisierung offen gegenüber. Die bisherigen Maßnahmen, beispielsweise der elektronische Rechtsverkehr, würden von den Beschäftigten sehr geschätzt. Während der Pandemie konnte hierdurch sogar die Möglichkeit zum „Homeoffice“ erleichtert werden, so Schmitt.
Aber auch bei fortschreitender Digitalisierung sowie dem Einsatz Künstlicher Intelligenz müssten die Entscheidungen sowie die Entscheidungsverantwortung in einem Gerichtsverfahren bei der Richterin oder dem Richter verbleiben. Dies gebiete nicht nur die Verfassung. Der Maßstab für jede digitale Veränderung sei insbesondere der Erhalt des Rechtsfriedens, der Rechtssicherheit und des demokratischen Rechtsstaats, betonte Schmitt.
Pfad der Digitalisierung der bayerischen Justiz
Der bayerische Staatsminister der Justiz Georg Eisenreich hatte zu Beginn des Symposiums den Pfad der Digitalisierung der bayerischen Justiz im Wege einer Videobotschaft vorgestellt und deren Wichtigkeit für eine zeitgemäße und menschengerechte Justiz betont. Für die JMU begrüßten der Kanzler der Universität, Uwe Klug, sowie der Leiter der „Forschungsstelle Robotrecht“, Professor Eric Hilgendorf, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Veranstaltung, die bis auf den letzten möglichen Platz ausgebucht war.
Im weiteren Verlauf des Symposiums sprachen unter anderem der Sprecher des neuen Zentrums für Künstliche Intelligenz und Datenwissenschaft (CAIDAS), Professor Andreas Hotho, zum Thema „Künstliche Intelligenz im (Un-)Recht“, David Roth-Isigkeit (Leiter des Zentrums für Soziale Implikationen künstlicher Intelligenz) und David Kuch (Akademische Rat am Lehrstuhl für Rechtsphilosophie, Staats- und Verwaltungsrecht) über „Die Videoverhandlung - Verfassungsrechtliche Probleme und Perspektiven“ sowie Professor Marc Latoschik, Inhaber des Lehrstuhls „Mensch – Computer – Interaktion“, zum Thema „Virtueller Gerichtssaal - Herausforderungen und Lösungen aus einer HCI Perspektive“.
Ethische und rechtliche Herausforderungen
Durch Stefan Tratz, Richter am OLG, wurden die Ergebnisse zweier Umfragen zur Digitalisierung der Justiz bei den Richterinnen und Richtern im Bezirk des OLG Bamberg sowie den Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten im Bereich der Rechtsanwaltskammer Bamberg vorgestellt.
In einer anschließenden Podiumsdiskussion tauschten sich Vertreterinnen und Vertreter der Anwaltschaft, der Justiz und der Wissenschaft über zahlreiche Aspekte der zukünftigen Digitalisierung sowie die einhergehenden ethischen und rechtlichen Herausforderungen aus.
Die Erkenntnisse und Anregungen des Symposiums werden nun im Rahmen der gebildeten Arbeitsgruppen weiterbearbeitet. Zum Abschluss der Veranstaltung betonte der Präsident des Oberlandesgerichts Bamberg, Lothar Schmitt, der interdisziplinäre Austausch zur Digitalisierung der Justiz habe bereits jetzt viele interessante Erkenntnisse hervorgebracht. Er freue sich auf die Fortsetzung des gemeinsamen Projekts.
Zum Hintergrund: Um die Zukunftsfragen der Digitalisierung über den konkreten Arbeitsalltag hinaus auszuleuchten, wurde durch den OLG-Präsident Schmitt gemeinsam mit dem früheren Präsidenten der JMU, Professor Alfred Forchel, im Dezember 2020 das Projekt „Mensch und Justiz im digitalen Zeitalter“ ins Leben gerufen. Unter Beteiligung verschiedener wissenschaftlicher Fachrichtungen werden interdisziplinär die Herausforderungen der Digitalisierung für den Bereich der Justiz erörtert und analysiert.