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Die Lehramtsstudentin, die auf Weltniveau kickert

09.05.2017

Katja Dwenger spielt Tischfußball für ihr Leben gern. Aber nicht in irgendeiner Kneipe oder im Jugendzentrum: Die Würzburger Lehramtsstudentin für die Mittelschule kickert auf Weltniveau im deutschen Damen-Nationalteam.

Wenn sie am Tischkicker stehen, müssen sie hochkonzentriert sein: Lehramtsstudentin Katja Dwenger und ihre Partnerin Jessica Bechtel holten in diesem Jahr den Vize-Weltmeistertitel bei der WM in Hamburg. (Foto: Katja Dwenger).
Wenn sie am Tischkicker stehen, müssen sie hochkonzentriert sein: Lehramtsstudentin Katja Dwenger und ihre Partnerin Jessica Bechtel holten in diesem Jahr den Vize-Weltmeistertitel bei der WM in Hamburg. (Foto: Katja Dwenger).

Gold wurde es leider nicht, spannend waren die Tage in Hamburg bei der Tischfußball-Weltmeisterschaft Mitte April aber dennoch. Und erfolgreich: Die Studentin Katja Dwenger holte zusammen mit ihrer Partnerin Jessica Bechtel den Vize-Weltmeistertitel im Classic Damen-Doppel.

Das Besondere an dieser Spielart? Die Schussarten sind begrenzt. Man dürfe die Stange beispielsweise nicht überdrehen, erklärt Katja. „Umso schöner war es, dass wir trotz Einschränkungen so gut raus gekommen sind“, sagt die 25-Jährige und lacht. Leider seien sie in ihrer Hauptdisziplin, dem normalen Damen-Doppel, überraschend gegen Italien ausgeschieden. „Der Spielstil der beiden war uns noch völlig unbekannt.“

Mehr als nur Kneipensport

Bei der WM in Hamburg zockten rund 800 Spieler aus 40 Nationen auf 120 Tischen. An insgesamt fünf Tagen kickerten die Sportler was das Zeug hielt. Katja Dwenger hat neben den Doppel-Disziplinen im Einzel und im Nationalteam gespielt.

„Nach einer sehr guten Qualifikationsrunde, habe ich die zweite Runde im Solo leider im K.o. verloren“, so die Wahl-Würzburgerin. Gegen eine Dänin sei es gewesen und sehr knapp. Das Nationalteam ist bereits im Viertelfinale gegen die Schweiz ausgeschieden. „Das Beobachten meiner Konkurrenz am letzten Tag hat aber auch viel Spaß gemacht“, erzählt sie weiter.

Am Tisch lernt man den Gegner kennen

Bei der Weltmeisterschaft wird Tischfußball auf dem höchsten Niveau gespielt. Alle Spieler sind auf einem ähnlichen Leistungslevel. Das Entscheidende seien letztendlich die Techniken und Kniffe. „Die vielen unterschiedlichen Charaktere der Spieler sind das, was mich so sehr begeistert.“

Wie geht der Gegner mit einer Niederlage oder einem Sieg um? Wer hebt vom Erfolg ab und wird arrogant? Wer bleibt auf dem Boden? „Mir macht es großen Spaß, die Anderen zu beobachten“, sagt Katja schmunzelnd. „Im Battle muss ich mich aber zu hundert Prozent auf mich selbst konzentrieren.“

Lieber im Doppel

Zusammen mit ihrer Partnerin Jessica spielt die junge Frau ein konstant hohes Niveau. Und das bereits seit einigen Jahren. „Als Gegner gefürchtet zu sein und dadurch an der Spitze zu stehen - das ist unsere größte Auszeichnung“, erklärt die gebürtige Berlinerin. Einen Weltmeistertitel wolle sie aber trotzdem noch holen. „Vielleicht in zwei Jahren, wenn wir uns wieder für die WM qualifizieren sollten.“

Nach einer Knieverletzung habe sie sich auf das Doppel konzentriert - mit Erfolg: Die beiden jungen Frauen sind unter anderem zweimal in Folge deutsche Meisterinnen geworden.

Seit acht Jahren am Kickertisch

Im Jahr 2009 begann die Geschichte von Katja und dem Tischfußball. Ihr Vater, selbst leidenschaftlicher Kicker, nahm sie mit ins Bundesleistungszentrum nach Berlin. „Da habe ich dann ziemlich schnell, sehr intensiv auf hoher Leistungsebene gespielt“, erinnert sich die Studentin. Von der Kneipenszene hatte sie überhaupt keine Ahnung. Sie war erst 17 Jahre alt. Die anderen Sportler im Leistungszentrum haben ihr die Regeln erklärt und Techniken beigebracht. „Man muss das Ganze halt verfeinern. Seinen eigenen Spielstil finden“, erzählt sie.

Technik hin oder her: „Die größte Stärke muss aber mein Kopf sein“, weiß die Sportlerin. Tischfußball ist ein Sport, der enorme Konzentrationsfähigkeit fordere. Die Taktiken anwenden und psychisch stark sein – das seien Grundvoraussetzungen. „Man darf sich vom Jubel des Gegners nicht aus der Ruhe bringen lassen. Es ist wichtig sich immer nur auf das eigene Spiel zu konzentrieren.“ Mit zunehmender Erfahrung bekomme man das aber hin.

Studium steht an erster Stelle

Ansonsten versucht die junge Frau den Sport nicht zu ernst zu nehmen und Niederlagen nicht als Katastrophe zu sehen. „Es ist schließlich nur ein Sport. Davon hängt mein Überleben nicht ab“, sagt sie. Der Spaß stehe für sie an oberster Stelle.

Katja spielt für Stuttgart in der Damen Bundesliga, in welcher an zwei Wochenenden im Jahr um den Titel der Deutschen Meisterinnen gekickert wird. Auch hier hat sie Erfolge verbucht, ist mit dem Team mehrfache Vize-Deutsche Meisterin und auch bei der Europameisterschaft hat es für Silber gereicht.

Inzwischen fährt Katja nicht mehr auf jedes Turnier. „In erster Linie bin ich ja Studentin.“ Jetzt nach der WM will sich die Lehramtsstudentin wieder mehr der Uni widmen. Von der Kickerei könne man schließlich nicht leben.

„Bisher hat es zwar ganz gut geklappt, die Unisachen unter der Woche zu erledigen und die Sportlichen am Wochenende.“ Das Studium werde aber von Semester zu Semester zeitintensiver. Aufhören sei aber keine Option.

Es fehlen Tische für den Nachwuchs

In Berlin, ihrer Heimatstadt, gibt es bereits seit etlichen Jahren eine richtige Kickerszene. In Würzburg ist immerhin ein Verein vorhanden. „Die Jugendarbeit ist noch sehr ausbaufähig“, weiß die Lehramtsstudentin.

Sie als angehende Lehrerin sei bereit, sich der Nachwuchsförderung zu widmen. „Es müsste mehr Trainingsmöglichkeiten außerhalb von Kneipen geben, um mit Kindern und Jugendlichen trainieren zu können.“

Ein Sportverein lebt vom Nachwuchs. Für die Zukunft wünscht sich die junge Frau, dass Tischfußball als Sport ernst genommen wird. „Jeder sollte das mal ausprobieren“, sagt Katja. Dann würde das Kickern auf Turnierniveau auch nicht mehr belächelt werden.

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