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Digital ins Sommersemester VI

05.05.2020

Innerhalb von sechs Wochen hat das Institut für Mathematik seine Präsenz-Lehrveranstaltungen auf Digitalmodus umgestellt. Einige Beispiele zeigen, wie das Konzept für digitale Lehre in der Mathematik konkret umgesetzt wird.

Innerhalb von sechs Wochen hat das Institut für Mathematik seine Präsenz-Lehrveranstaltungen auf Digitalmodus umgestellt. Eine TaskForce hatte frühzeitig alle Aufgaben in drei Themenbereiche mit jeweils einer Arbeitsgruppe, die wiederum in drei Phasen arbeiten, unterteilt.
Innerhalb von sechs Wochen hat das Institut für Mathematik seine Präsenz-Lehrveranstaltungen auf Digitalmodus umgestellt. Eine TaskForce hatte frühzeitig alle Aufgaben in drei Themenbereiche mit jeweils einer Arbeitsgruppe, die wiederum in drei Phasen arbeiten, unterteilt.

Im sechsten Beitrag der Serie „Gute Beispiele für digitale Lehre“ antworten Dozenten aus dem Institut für Mathematik auf die Fragen der einBLICK-Redaktion.

Digitale Lehre in der Mathematik

Als am 10. März sämtliche Lehrveranstaltungen in Präsenzform bis auf weiteres abgesagt werden mussten, hat sich am Institut für Mathematik in kürzester Zeit eine fünfköpfige TaskForce gegründet. Hans-Stefan Siller, Studiendekan und Lehrstuhlinhaber für Didaktik der Mathematik, erläutert das umfassende Konzept für digitale Lehre und die intensive Teamarbeit, sodass das Institut erfolgreich an den Start ins Digitalsemester gegangen ist.

Kräfte bündeln durch ein gemeinsames Vorgehen aller Beteiligten und sie gemeinsam möglichst gut einsetzen – mit diesem Ziel hat die TaskForce von Anfang an alle Lehrenden am Prozess beteiligt: „Wir wissen noch nicht, wie viele äußere Schwierigkeiten wir haben werden, wie lange sie andauern und wie viel Kraft sie kosten werden. Das sind aber dieselben Rahmenbedingungen wie beim Lösen eines großen mathematischen Problems“, formuliert die Institutsleitung in ihrem Strategiepaper. „Wir sind diejenigen, die dabei nicht die Flinte ins Korn werfen. Darin sind wir geübt!“

Die gezielte Vorgehensweise hat die TaskForce detailliert ausgearbeitet und mit einem straffen Zeitplan versehen. Alle Aufgaben hat sie in drei Themenbereiche mit jeweils einer Arbeitsgruppe, die wiederum in drei Phasen arbeiten, unterteilt: Lösungen sammeln – erproben und verwendbar machen – alle in die Lage versetzen, diese zu benutzen. Zusätzliche Hardware wie Mikrofone, Headsets und Zeichentablets hat das Institut angeschafft und den WueCampus-Kursraum „Lehrorganisation Mathematik“ eröffnet. Hier findet seitdem ein reger Erfahrungsaustausch mit viel (virtuellem) Raum für Diskussionen statt: Mit Hilfe von Anleitungen und Live-Vorführungen, Zoom-Meetings oder Demo-Videos haben sich alle Lehrenden auf den digitalen Lehrbetrieb vorbereitet.

Die folgenden Beiträge geben einen Einblick, wie die drei Themenbereiche – virtuelle Vorlesungen, digitale Abgabe und Korrektur von Übungsaufgaben sowie virtuelle interaktive Übungen – im laufenden Semesterbetrieb konkret aussehen.

Aktuelle Lehrerfahrungen: Dr. Richard Greiner, Geschäftsführer des Instituts für Mathematik

Redaktion: Wie läuft die Kommunikation zwischen Lehrenden und Studierenden, aber auch der Studierenden untereinander?

Uns in der Mathematik war es sehr wichtig, die Studierenden, einschließlich derjenigen in den Didaktikfächern, gut zu informieren. Unseren Studierenden wollten wir eine klare, hilfreiche und einheitliche Darstellung über den Start der virtuellen Lehre geben. Dazu haben wir im Vorfeld drei Rundmails versendet, die erste schon am 2. April, die letzte am Freitag vor Vorlesungsbeginn. Alle sollten sich über WueStudy zu den Vorlesungen mit Übungen und den Seminaren anmelden – insgesamt zu etwa 120 Veranstaltungen, denen jeweils ein WueCampus-Kurs zugeordnet war.

Redaktion: Wann sind Sie beziehungsweise die Lehrenden besonders gefragt?

Recht einheitlich fällt uns auf, dass die Studierenden in den Live-Meetings zunächst etwas stumm sind: Mikro aus, Kamera aus, keine oder sehr zögerliche Reaktionen auf Fragen, meist nur im Chat. Da müssen wir uns institutsintern gut und schnell austauschen, mit welchen Mitteln man das Eis brechen kann.

Die Virtualisierung der Tafel, die für uns in der Mathematik ein ganz wichtiges Arbeitsmittel ist, fordert alle. Wir haben im Vorfeld experimentiert und setzen inzwischen erfolgreich und flächendeckend Zeichentablets als Ersatz ein. Da war die schnelle und unkomplizierte Unterstützung der Universitätsleitung durch Mittel aus dem Qualitätspakt Lehre eine große Hilfe. Bei den Studierenden kommt das gut an – auch, dass sich die mathematischen Weisheiten beim nächsten Tafelwischen nicht in Kreidestaub auflösen, sondern weiter verfügbar sind.

Sorge habe ich etwas, dass die Lehrenden sich jetzt zu sehr darauf einlassen, immer schnell – das heißt auch nachts, am Wochenende und parallel zur Versorgung der eigenen Kinder zu Hause – zu reagieren, wenn es Fragen oder Probleme gibt. Wir alle, Studierende wie Lehrende, müssen hier wohl auf ein gutes Mittelmaß achten.

Redaktion: Wie kommen die Studierenden bisher zurecht, wo brauchen sie mehr Unterstützung und welcher Art?

Soweit wir es am Ende der ersten Woche überblicken, hat der Start bei uns sehr gut geklappt. Jedenfalls entsprechen die Belegzahlen dem, was wir aus den Vorjahren erwartet hätten. Die virtuellen Veranstaltungen sind auch gut und ohne nennenswerte Probleme gestartet. Wir hatten uns auch sehr darum bemüht bis hin zu Tipps, wie man handgeschriebene Übungsblätter mit dem Smartphone so fotografiert, sodass alles in eine kleine, aber trotzdem gut lesbare pdf-Datei gepackt werden kann. Schließlich hat nicht jeder einen Scanner oder will auf die Schnelle mathematische Textverarbeitung lernen.

Redaktion: Was erhalten Sie an Feedback?

Das ist erst mal nur eine Sammlung von Schlaglichtern. Die sind aber ganz überwiegend positiv. Oft wird gelobt, dass alles gut organisiert und vorbereitet erscheint. Das Engagement der Lehrenden wird erkannt und gewürdigt. Der digitalen Lehre werden positive Seiten abgewonnen. O-Ton: „Die neuen Quizzes zu den Vorlesungsvideos sind cool und sollten beibehalten werden.“ Uns ist aber klar, dass wir auch mitbekommen müssen, wo Studierende auf der Strecke bleiben und Probleme haben. Das sieht man aber nicht so schnell wie erste positive Rückmeldungen.

Vorkurse: Dr. Robert Hartmann (Studiengangkoordinator) und Dr. Jens Jordan (Lehrkoordinator)

Redaktion: Ihr Mathematik-Vorkursprogramm hat erstmals rein virtuell stattgefunden: Wie ermöglichen Sie den Erstsemestern – ohne soziale Kontakte – dennoch einen guten Start in ihr Studium?

Wir haben versucht, das Einführungsprogramm so gut wie nur möglich auf die digitale Welt zu übertragen. Es gab tägliche Vorlesungen und Übungsaufgaben, die in Kleingruppen bearbeitet und diskutiert wurden. Beides lief über Zoom, mit überraschend wenig technischen Problemen. Auch den MINT-Tag mit wichtigen Studieninformationen haben wir gemeinsam mit der Fachschaft digital durchgeführt. Im Vorkurs wurde immer wieder Zeit gegeben, dass sich die Studierenden untereinander in Kleingruppen austauschen und vernetzen können. Das soll auch in den Erstsemestervorlesungen und den zugehörigen Übungen immer wieder ermöglicht werden. Trotzdem leidet natürlich der soziale Aspekt. Aber die Studierenden haben durchaus auch online Kontakte geknüpft und sich etwa in einer WhatsApp-Gruppe vernetzt.

Redaktion: Wie können die Neulinge mit Ihnen und den Tutoren/Erklär-Hiwis das Unileben zumindest virtuell kennenlernen und die neuen Arbeitsmethoden erlernen?

Das wichtigste ist wohl, dass die Kleingruppenarbeit, die wir im Vorkurs geübt haben, auch im weiteren Verlauf des Semesters praktiziert wird, dazu ermutigen wir die Studierenden immer wieder. Auch unsere JIM Erklär-Hiwis stehen digital bereit, dazu gibt es einen WueCampus-Kurs und Live-Meetings.

Vorlesung:  Prof. Dr. Stefan Waldmann, Lehrstuhl für Mathematik X (Mathematische Physik)

Redaktion: Sie haben in den vergangenen Wochen intensiv daran gearbeitet, Ihre Vorlesungen auf Online-Formate umzustellen: Können Sie bitte ein konkretes Beispiel erläutern?

Ich verfüge schon lange über ein sehr ausführliches Skript in der Differenzialgeometrie, etwa 1300 Seiten, zu verschiedensten Vorlesungen in diesem Bereich. Das hat sich nun gelohnt, so dass ich einen Reading-Kurs mache. Weiter habe ich schon sehr früh angefangen, Infos auf WueCampus zu stellen. Es gibt dort bei mir ein Captain's Log, welches die jeweiligen Sitzungen kurz beschreibt, die Übungszettel, jetzt eben auch die pdfs der handschriftlichen Notizen, die ich in den online-Treffen erstelle. Dazu diverse pdf-Dateien zum Ablauf, kommentierte Literatur etc.

Redaktion: Wie hoch war und ist weiterhin für Sie der Aufwand, jede einzelne Lehrveranstaltung technisch und didaktisch neu aufzubereiten?

Nun, ein Reading-Kurs ist für mich noch sehr experimentell. Ich werde wohl erst im Laufe der nächsten Wochen sehen, ob das funktioniert. Die Studis scheinen mir sehr motiviert, so dass ich da recht zuversichtlich bin. Die eigentlichen online-Treffen sind eher für Frage/Antwort da, was aber ganz gut klappt.

Redaktion: Wie erleben Sie als Dozent die neue Situation, wie kommen Sie damit zurecht, was möchten Sie noch verbessern?

Ich lerne noch, lesbar mit dem Tablet zu schreiben, wie ein Erstklässler. Aber mit der Zeit wird das immer besser. Die Möglichkeiten sind andere als an der Tafel, man ist viel langsamer, aber es ist sehr nett, die Resultate dann abspeichern zu können. Bunt wird es trotzdem...

Großveranstaltung Vorlesung: Dr. Angela Bezold, Lehrstuhl für Mathematik V (Didaktik der Mathematik)

Redaktion: Sie haben in den vergangenen Wochen intensiv daran gearbeitet, Ihre Vorlesungen auf Online-Formate umzustellen: Können Sie dies bitte konkret erläutern?

Da meine Didaktik-Vorlesung circa 450 bis 500 Studierende besuchen, war ich – ehrlich gesagt – organisatorisch und auch technisch zunächst vor eine große Herausforderung gestellt. Die größte Herausforderung war es wohl, für mich eine geeignete Methode für das Online-Format zu entwickeln. Ich entschied mich, die Vorlesung an die Methode „Inverted Classroom“ anzulehnen. Diese Entscheidung erforderte unter anderem die Einarbeitung in Zoom und die Erstellung von Videos. Schon lange wollte ich lernen, wie ich gute Videos erstelle und schneide. Jetzt war ich dazu „gezwungen“.

Im „Inverted Classroom“ erarbeiten sich die Studierenden im Selbststudium eigenaktiv die Inhalte der Veranstaltung. Hierfür werden den Studierenden vor der LIVE-Vorlesung Videosequenzen oder alternativ Texte zur Verfügung gestellt. In der LIVE-Vorlesung, die bei Zoom im sogenannten Webinar stattfindet, werden die selbst erarbeiteten Inhalte vertieft und verschiedene Aktivierungsmethoden, wie Behandlung themenadäquater Aufgaben, Umfragen oder LIVE-Chat, eingesetzt.

Für einen Erfolg dieser Methode ist es entscheidend, dass die Studierenden das Selbststudium ernst nehmen, sich vor der Vorlesung mit den Inhalten auseinandersetzen beziehungsweise den Zeitplan einhalten. Hier hoffe ich auf den Einsatz der Studierenden, das wird ihr Beitrag für ein Gelingen sein. 

Redaktion: Wie hoch war und ist weiterhin für Sie der Aufwand, jede einzelne Lehrveranstaltung technisch und didaktisch neu aufzubereiten?

Da ich meinen Semesterplan bereits im Vorfeld gut strukturiert habe, ist dieser Aufwand während des laufenden Semesters in Ordnung. Die Aufbereitung mancher Inhalte gestaltet sich etwas schwieriger im neuen Format. Beispielsweise können Studierende nicht mit didaktischem Material Erfahrungen machen, hier bin ich auf der Suche nach guten Alternativen. Das Erstellen der Videos bedeutet allerdings einen für mich unerwartet hohen Aufwand.

Redaktion: Wie erleben Sie als Dozentin die neue Situation, wie kommen Sie damit zurecht?

Der hohe Zeitaufwand im Vorfeld hat sich, so denke ich, gelohnt. Die erste LIVE-Vorlesung mit 420 Teilnehmenden lief zu meiner Freude gut und wie geplant. Dennoch bleibt es schwierig im Homeoffice munter und lebendig in einen Bildschirm zu sprechen, ohne die Studierenden zu sehen oder zu hören. Dies gilt zum Glück nur für ein Webinar. In meinen Seminaren, die in Zoom-Meetings ablaufen, kann ich individuell auf meine Studierenden eingehen und die Atmosphäre ist persönlicher.

Insgesamt ist es trotz der Erleichterung über die erste gelungene Vorlesungswoche auch für mich als Dozentin – so geht es uns sicherlich allen – nicht einfach ohne persönliche Kontakte zu arbeiten.

Weitere Informationen und Kontakt

Das Institut für Mathematik informiert Studierende und Lehrende auf seinen Webseiten mit aktuellen Hinweisen zum Lehrbetrieb im Sommersemester 2020.

Prof. Dr. Hans-Stefan Siller, Studiendekan der Mathematik, T +49 931 31-89867, hans-stefan.siller@uni-wuerzburg.de

Von Annette Popp

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