Ein Leit-Faden durch die Energiewende
01.08.2023Mehr als 25 Forschungseinrichtungen arbeiten in dem Projekt „Ariadne“ daran, Wege durch die komplexen Detailfragen der Energiewende aufzuzeigen. Mit dabei ist Joschka Wanner, Juniorprofessor an der Universität Würzburg.
Ach, wenn es doch so einfach wäre: Die deutsche Regierung erlässt ein paar Gesetze und Verordnungen, die den CO2-Ausstoß senken, und schon steht nichts mehr dem Ziel im Wege, bis 2045 die versprochene Treibhausgasneutralität zu verwirklichen.
Dass die Realität deutlich komplexer ist, hat sich vermutlich inzwischen herumgesprochen. Wie komplex die Angelegenheit ist, und wie sich das Ziel der Klimaneutralität möglichst global erreichen lässt: Das untersucht Joschka Wanner in einem neuen Forschungsprojekt. Wanner hat seit Anfang April 2023 die Juniorprofessur für Quantitative International and Environmental Economics an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) inne. Im Mittelpunkt seiner Forschung steht die Frage: „Wie beeinflussen Politik und Handel die Umwelt?“
Knapp 150.000 Euro vom Bund
„Quantitative Analyse der deutschen Außenhandelsstrategie im Spannungsfeld von Klima-, Außen-, Energie- und Sicherheitspolitik“: So lautet der offizielle Titel des Projekts, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 149.000 Euro gefördert wird. „Wir werfen darin einen Blick auf die Klima- und Energiepolitik unter einer internationalen Perspektive und entwickeln quantitative Modelle, die Entwicklungen unter bestimmten Bedingungen aufzeigen sollen“, beschreibt Wanner die Vorgehensweise.
Wie das aussehen könnte, erläutert der Wirtschaftswissenschaftler an einem konkreten Beispiel: „Wenn die Produktion von Aluminium oder Stahl in Deutschland aufgrund von CO2-Abgaben teurer wird, ist das für die Umwelt möglicherweise von Vorteil, weil die Produzenten hier dann versuchen werden, ihren CO2-Ausstoß zu verringern.“ Die Konsequenz könnte allerdings sein, dass Deutschland in der Folge Marktanteile verliert und sich die Produktion in andere Länder verlagert, in denen unter wesentlich schlechteren Bedingungen produziert wird. „Damit würde Deutschland zwar seinen CO2-Ausstoß reduzieren. Global betrachtet, wäre damit aber nichts gewonnen“, so Wanner.
Wie die lokale Reduktion zur globalen wird
Oder, anderes Beispiel: der Energiemarkt. Wenn Deutschland regenerative Energien ausbaut und somit in Zukunft weniger fossile Brennstoffe benötigt, sinken vermutlich weltweit gesehen die Nachfrage und damit auch die Preise. Das könnte dazu führen, dass andere Länder mehr fossile Brennstoffe kaufen und verheizen. Der Umwelt wäre damit ebenfalls nicht geholfen. Weshalb die zentrale Frage in Wanners Forschungsprojekt lautet: Was können wir tun, dass unsere Reduktion auch eine globale Reduktion ist?
Eingebunden ist Joschka Wanner in ein großangelegtes und ehrgeiziges Projekt, das unter dem Namen „Ariadne“ arbeitet. Es soll „Wege aufzeigen durch die komplexen Detailfragen der Energiewende“, wie es auf der Projekt-Homepage heißt. Daran beteiligt sind mehr als 25 Forschungseinrichtungen. Sie untersuchen Energiewende-Strategien und deren systemische Wirkungen, Politikinstrumente, um Klimaziele effizient und sozial ausgewogen zu erreichen, und gehen der Frage nach, welche Governance und welche Institutionen es braucht, um einen effektiven Klimaschutz zu gestalten. In diesem Bereich – der Governance – ist auch Wanners Projekt angesiedelt.
Orientierungswissen für politische Entscheider
Wer sich über den mythologischen Namen wundert, findet ebenfalls auf der Projekt-Homepage die Erklärung: „Durch den Faden der Ariadne gelang Theseus in der griechischen Mythologie die sichere Navigation durch das Labyrinth des Minotaurus“, heißt es dort. Dementsprechend führe Ariadne durch einen gemeinsamen Lernprozess mit Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, erforsche Optionen zur Gestaltung der Energiewende und erarbeite wichtiges Orientierungswissen für politische Entscheider.
Letzteres sieht auch Joschka Wanner als wesentlichen Teil seiner Aufgabe: „Wir entwickeln Modelle für unterschiedliche Politikszenarien und quantifizieren die jeweiligen Folgen inklusive möglicher Kosten“. Ziel sei es, am Ende der Politik eine Abschätzung und im Zweifelsfall auch eine Empfehlung zu geben. Ob diese dann der Empfehlung folgen – darauf hat er dann allerdings keinen Einfluss.
Kontakt
Prof. Dr. Joschka Wanner, Juniorprofessur für Quantitative International and Environmental Economics, T: +49 931 31-87172, joschka.wanner@uni-wuerzburg.de