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Eine „defekte“ Lichtquelle – eine gute Lichtquelle?

04.07.2017

Experimentalphysiker der Universität Würzburg entwickeln eine neue Methode, mit der ein sehr spezielles Licht erzeugt werden kann.

An diesem Mikroskop im Magnetresonanz-Labor „kommuniziert“ Hannes Kraus mit Defekten im Siliziumkarbidkristall. (Foto: Uni Würzburg)
An diesem Mikroskop im Magnetresonanz-Labor „kommuniziert“ Hannes Kraus mit Defekten im Siliziumkarbidkristall. (Foto: Uni Würzburg)

Mit dem gebürtigen Würzburger Hannes Kraus hat Vladimir Dyakonov, Inhaber des Lehrstuhls für Experimentelle Physik VI an der Uni Würzburg, einen außergewöhnlichen Nachwuchswissenschaftler im Team. „Er ist ein Multitalent“, lobt der Professor. Kraus kam unlängst auf eine Idee, die vor ihm noch niemand hatte: Er verband eine bewährte Materialbearbeitungsmethode mit neuen Forschungserkenntnissen zu einem neuen Ansatz, um „nichtklassisches“ Licht zu erzeugen. Diese Art Licht spielt beispielsweise bei modernen Verschlüsselungstechniken – Stichwort Quantenkryptographie – eine Rolle.

Ausgangspunkt für die Forschungen des 35-Jährigen ist ein altbewährtes Halbleitermaterial: Siliziumkarbid. Das wird zum Beispiel zur Herstellung von Leuchtdioden, Transistoren oder Hochspannungselektronik, etwa für Züge und Kraftwerke verwendet. Dieses Material gewinnt neue Eigenschaften, wenn man aus dem Siliziumkarbidkristall bestimmte Atome entfernt. Durch diese sogenannten Kristalldefekte ist das Material zum Beispiel imstande, als extrem kleiner Sensor lokale Magnetfelder sehr genau zu messen. Oder es kann als kleinster Temperatursensor eingesetzt werden. Nicht zuletzt gelingt es durch die Erzeugung dieser Defekte, das Material dazu zu bringen, dass es nichtklassisches Licht emittiert.

Eine Dusche aus Elektronenstrahlen

Bisher wurden diese Defekte mittels Elektronenstrahlen in das Kristallgitter geschossen. Doch diese Bestrahlung wirkt laut Dyakonov wie eine „Dusche“: Die Tropfen streuen weit. Deshalb war es bisher auch nicht möglich, ganz bestimmte Atome in einer definierten Tiefe und auf einer speziellen Position des Siliziumkarbidgitters zu entfernen. Man musste nach dem Beschuss mehr oder weniger raten, wo genau die Fehlstellen erzeugt wurden.

„Mit fokussierten Protonenstrahlen ist es hingegen möglich, ein ganz bestimmtes Atom an einer ganz bestimmten Stelle zu entfernen“, berichtet Hannes Kraus von seiner Idee. Diese Bestrahlung wirkt, um im Bild der „Dusche“ zu bleiben, wie ein präziser, scharfer Wasserstrahl. An den National Institutes for Quantum and Radiological Science and Technology (QST), ehemals Teil der japanischen Atomenergiebehörde im japanischen Takasaki, wo der promovierte Nachwuchswissenschaftler bis vor einem Jahr tätig war, gelang ihm die zielgenaue Defekterzeugung. Dafür benutzte er eine Protonenquelle, die es in dieser Art nur an wenigen Orten dieser Welt gibt.

Lichtquelle für die Quantenkryptographie

Bei der unkonventionellen Lichtquelle, die Hannes Kraus mit seiner neuen Methode herstellt, handelt es sich um eine Einzelphotonenquelle. Solche speziellen Lichtquellen sind zum Beispiel für die Quantenkryptographie wichtig. Die beschäftigt sich mit Verschlüsselungsmethoden, die nicht geknackt werden können. Das Thema „Verschlüsselung“ gewinnt laut Kraus angesichts immer neuer Versuche, an kritische und sensible Daten zu kommen, aktuell stark an Bedeutung.

Hannes Kraus versteht es nicht nur, zielgenau Defekte zu erzeugen. Über ein spezielles Mikroskop kann er mittels Laserlicht und Mikrowellenstrahlung mit den Fehlstellen „kommunizieren“. Die Defekte können in einen Zustand „programmiert“ werden, und können diesen Zustand später auch wieder „verraten“.

Vor wenigen Tagen reiste Kraus neuerlich zu Forschungszwecken nach Japan. Ab August will er seine Arbeit im US-amerikanischen Pasadena fortsetzen. „Selbst die NASA interessiert sich für seine Forschung“, freut sich Dyakonov. Dies zeige, dass die Idee, auf die Kraus kam, auch für Anwendungen in der Raumfahrt relevant sein könnte.

Spaß an der Forschung

Professor Dyakonov schätzt seinen jungen Kollegen, der 2014 mit „summa cum laude“ promovierte, nicht nur wegen seiner außergewöhnlichen Begabung. Hannes Kraus, der auch Japanologie studiert hatte, zeichnet sich dem Lehrstuhlinhaber zufolge dadurch aus, dass er ohne Scheuklappen ans wissenschaftliche Arbeiten geht und sich für vieles außerhalb der Forschung interessiert: „Bei unseren Feiern tritt er immer als DJ auf.“

Kraus gehe es vor allem nicht darum, zielstrebig Karriere zu machen: „Es macht ihm einfach Spaß zu forschen.“ Daraus resultiert Dyakonov zufolge seine erstaunliche Kreativität: „Für mich ist er ein Künstler.“ Nur weil Kraus abseits ausgetretener Pfade denkt, kam er auf die Idee, Siliziumkarbidkristalle mit fokussierten Protonen zu beschießen und dadurch zielgerichtet Defekte an bestimmten Stellen zu erzeugen.

Zahlreiche Auszeichnungen

Von Natur und Naturwissenschaft sei er schon früh fasziniert gewesen, erzählt Kraus: „Aus einem Freundschaftsbuch geht hervor, dass ich schon in der zweiten Klasse geäußert habe, ich möchte Wissenschaftler werden“. Zahlreiche Auszeichnungen verdeutlichen, welch kluger Kopf der Unterfranke ist. 2014 erhielt Kraus den Röntgen-Wissenschaftspreis und den gemeinsamen Promotionspreis der Universität Würzburg und der unterfränkischen Gedenkjahrstiftung für Wissenschaft, vorher gewann er mehrere Preise für besonders informative Poster und Förderungen für den Besuch mehrere internationaler Konferenzen.

Durch das Marie-Curie-COFUND-Programm der Europäischen Kommission kam er nach Japan. Die zahlreichen Proben, die er dort mit seinen japanischen Kollegen herstellte, und die in enger Zusammenarbeit mit Dyakonovs Gruppe analysiert wurden, führten zu mehreren gemeinsamen Veröffentlichungen, unter anderem in den renommierten Fachzeitschriften wie Physical Review Letters, Nature Physics, Nature Photonics und erst vor kurzem in Nano Letters.

Auch erhielt Kraus eine Projektförderung aus dem Bayerischen Hochschulförderprogramm, um die internationale Forschungskooperation auszubauen. Weiter gelang es ihm, sich gegenüber zahlreichen Mitbewerbern durchzusetzen und ein Fellowship am California Institute of Technology (Caltech) im Rahmen eines NASA-Postdoktorandenprogramms zu gewinnen. Bis 2019 wird er am Jet Propulsion Laboratory im US-amerikanischen Pasadena forschen. Vladimir Dyakonov hofft, dass er danach zurück nach Würzburg kommt, um weiter an seinem Lehrstuhl zu forschen.

Weitere Informationen zum Erzeugung von Einzelphotonenquellen mittels fokussierter Protonenstrahlen findet man unter:

Three-Dimensional Proton Beam Writing of Optically Active Coherent Vacancy Spins in Silicon Carbide, H. Kraus, D. Simin, C. Kasper, Y. Suda, S. Kawabata, W. Kada, T. Honda, Y. Hijikata, T. Ohshima, V. Dyakonov, G. V. Astakhov, Nano Lett., 17 (5), pp 2865–2870 (2017), [doi:10.1021/acs.nanolett.6b05395]

Kontakt

Dr. Hannes Kraus, Lehrstuhl für Experimentelle Physik VI, T: (0931) 6639290, E-Mail: kraus@physik.uni-wuerzburg.de

Prof. Dr. Vladimir Dyakonov, Lehrstuhl für Experimentelle Physik VI, T: (0931) 31-83111, E-Mail: dyakonov@physik.uni-wuerzburg.de

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