Eine prächtige Stadt mit gutem Kaffee
24.11.20202021 feiert Deutschlands ältestes Mozartfest sein 100. Jubiläum. Unter dem Motto „100 für 100“ plant das Mozartfest Würzburg hundert Aktionen rund um Mozarts Leben und Werk. Die Uni Würzburg ist mit mehreren Projekten dabei.
„Als das Mozartfest vor 100 Jahren in Würzburg aus der Taufe gehoben wurde, war es zunächst eine Veranstaltung der ‚Oberen 10.000‘“, rekapituliert Franz Kollroß, Vorsitzender des Freundeskreises Mozartfest Würzburg e.V. „Wer es sich leisten konnte, genoss die klassische Musik abgeschottet in den herrschaftlichen Sälen der Residenz.“
Mittlerweile ist die Rezeption klassischer Musik längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Diese Sichtweise vertritt auch Professor Ulrich Konrad, Inhaber des Lehrstuhls für Musikwissenschaft I an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU). „Wir wollen das Mozartfest dazu nutzen, sein Werk allen Interessierten zugänglich zu machen. Dazu bietet die Universität eine Reihe von Veranstaltungen an, die Mozart, seine Musik und den Einfluss, den er bis heute hat, untersuchen und darstellen.“
Faksimile des „Würzburgbriefes“ von Mozart
Als eines der zentralen Projekte plant die Universität die Ausstellung „Imagine Mozart | Mozart Bilder“, die 2021 im Martin von Wagner Museum der JMU zu sehen sein wird. „Mozart hat bis heute starken Einfluss auf viele Kunstrichtungen“, so Konrad. „Anhand von 60 hochwertigen Kunstwerken und zeitgenössischen Dokumenten gehen wir in der Ausstellung der Frage nach, wie sich bildende Künstler der Musik und der Person Mozarts genähert haben.“
Ein Brief Mozarts vom September 1790, in dem er seiner Frau Constanze seine Reise nach Frankfurt anlässlich der Krönung Kaiser Leopolds II. schildert, und der heute in der Hebräischen Nationalbibliothek in Jerusalem aufbewahrt wird, wird in der Würzburger Ausstellung im Original zu sehen sein.
Ausgehend von diesem wertvollen Dokument rekonstruierte Ulrich Konrad Mozarts sechstägige Reise, die zugleich seine letzte war. In einer 24-seitigen Edition mit Faksimile des Briefs erfahren Leserinnen und Leser nicht nur die Route, sondern auch zahlreiche Details – beispielsweise, dass Mozart über Rottendorf nach Würzburg kam und seine Kutsche und Pferde in der Semmelstraße untergebracht waren.
Ein Lob für Würzburg
Mozart besuchte während seiner Reise, die überwiegend dem Verlauf der heutigen Bundesstraße B8 folgte, mehrere fränkische Städte – und machte dabei ganz unterschiedliche Erfahrungen. „Nürnberg hat ihm weniger gut gefallen, da er es mit seinem vielen Fachwerk als etwas rückständig empfand. Steinbau galt in seiner Salzburger Heimat mittlerweile als modern“, resümiert der Professor. „Über seinen Aufenthalt in Würzburg war er aber voll des Lobes, er bezeichnete sie als schöne und prächtige Stadt.“
Ausdrücklich lobte er den guten Kaffee, den man ihm hier servierte. „Würzburg war neben Hamburg oder Leipzig so etwas wie ein Kaffee-Hotspot“, erklärt Konrad. In welchem der damals neun Kaffeehäuser der Stadt sich Mozart stärkte, ist leider nicht überliefert, möglicherweise im Haus Schönbrunn direkt am Grafeneckart. Das herauszufinden wäre vielleicht ein Thema für ein zukünftiges Forschungsprojekt. In jedem Fall hat Mozarts Bemerkung über Würzburg mit dazu geführt, dass ihm 1921 hier ein ganzes Festival gewidmet wurde.
Mozart und Künstliche Intelligenz
Einen weiteren Ansatz, dem Schaffen Mozarts mit wissenschaftlichen Methoden auf den Grund zu gehen, verfolgt das Forschungsprojekt „Mozart Genom“. Es untersucht mit Methoden der Künstlichen Intelligenz, was Kompositionen von bestimmten Künstlern einzigartig macht. „Das Projekt wird mit Studierenden der Uni Würzburg durchgeführt“, erklärt Projektleiter Daniel Schlör vom Lehrstuhl für Data Science. „Es erforscht mit Methoden des maschinellen Lernens die grundlegenden kreativen Ideen von Musik und Komposition.“ Ulrich Konrad betreut das Projekt gemeinsam mit Professor Andreas Hotho, dem Inhaber des Lehrstuhls für Data Science.
Sprechstunde in der „Mozartpraxis“
„Wissenschaft für die Gesellschaft“, so lautet das Motto der JMU. Ganz in diesem Sinne bietet der Musikwissenschaftler Konrad während des Mozartfestes wöchentlich eine „Mozart-Sprechstunde“ an. Hier können Interessierte alle Fragen zu dem Musiker und zur Klassischen Musik stellen.
In der „Allzeit-Gesprächsrunde“ des Mozartfests wird sich Konrad mit dem „Aufbruch und Zusammenbruch“ des Mozartfests ab den 1920er Jahren bis 1945 beschäftigen sowie unter dem Motto „Aufbruch und Zukunft“ mit der Frage, wie die Mozartpflege nach 1945 weiterging.
Über den engen Schulterschluss mit der Universität und dem großen Interesse der Forscherinnen und Forscher an der Person und dem Schaffen Mozarts freut sich die Intendantin des Mozartfests Würzburg. „Es werden nicht bloß Geschichten über Mozart vermittelt“, so Evelyn Meining. „Die Forschung nimmt uns mit in die Geschichte. Mit der Expertise der Fachwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler bereitet die Universität das geistige Fundament, auf dem unser Festival aufbaut. Und das alles in einer Sprache, die jedem verständlich ist!“