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Die Situation der Uiguren

20.06.2023

Die Lage der uigurischen Bevölkerung in der chinesischen Region Xinjiang ist seit 2017 weitgehend unklar. Forschende suchen einen Zugang mit Methoden der Fernethnographie im Rahmen eines EU-Projekts.

Das in Form eines Auges gestaltete Logo des EU-Projekts „Remote XUAR“ will aussagen, dass Forschende die Lage der Uiguren auch aus der Ferne im Blick behalten.
Das in Form eines Auges gestaltete Logo des EU-Projekts „Remote XUAR“ will aussagen, dass Forschende die Lage der Uiguren auch aus der Ferne im Blick behalten. (Bild: Projekt Remote XUAR)

Die autonome uigurische Region Xinjiang (China) liegt im Herzen Zentralasiens und an der Schnittstelle zwischen verschiedenen Kulturen. Im Laufe ihrer Geschichte hat sie eine einzigartige kulturelle Mischung und ein komplexes demografisches Mosaik hervorgebracht.

Xinjiang ist die Heimat der muslimischen Uiguren, die in China eine ethnische Minderheit sind. Die Region ist Schauplatz schwerer Menschenrechtsverletzungen: Es gibt Berichte über Masseninhaftierungen von Uiguren und anderen ethnischen Gruppen in Umerziehungslagern, über Zwangsarbeit und Zwangssterilisationen.

Doch das Bild von der tatsächlichen Lage in Xinjiang bleibt unklar. Das liegt unter anderem daran, dass der Zugang zur Region seit 2017 drastisch eingeschränkt wurde. Auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ist ein Besuch vor Ort seitdem nicht mehr möglich.

Europäische Union fördert Projekt

Professor Björn Alpermann, Sinologe von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU), beobachtet die Situation der uigurischen Bevölkerung in Xinjiang seit langem. Wichtige Erkenntnisse stammen dabei aus ethnographischer Feldforschung, die Wissenschaftler:innen noch bis in die 2010er-Jahre hinein betreiben konnten. „Heute wären die meisten Arten von Feldforschung unter den gegebenen Umständen aber höchst fragwürdig“, sagt Alpermann.

Der Würzburger Sinologe hat sich darum mit anderen Forschenden zusammengetan, um die Region aus der Ferne zu beobachten: mit Rune Steenberg von der Palacký Universität Olomouc (Tschechische Republik) und mit Vanessa Frangville von der Université libre de Bruxelles (Belgien). Ihr gemeinsames Projekt „Remote XUAR“ wird von der Europäischen Union gefördert.

Fernforschung und Interviews

Das EU-Projekt legt den Schwerpunkt auf Methoden der Fernforschung. Dazu gehören Internet-gestützte Dokumentenanalysen, Diskursanalysen in den sozialen Medien sowie satellitengestützte Fernerkundung. Über Satellitendaten können nicht nur Orte wie Umerziehungslager, Fabriken oder Moscheen im Detail analysiert werden, sondern sie bieten auch einen Zugang zu sozialräumlichen Fragen der Urbanisierung und Landnutzung. Hinzu kommen Interviews mit Menschen, die China und die Region Xinjiang in der jüngsten Zeit verlassen haben.

„Wir wollen die alltäglichen Veränderungen in Xinjiang nicht nur beobachten, archivieren und kritisch analysieren. Es ist auch unser Ziel, zur Entwicklung von Fernforschungsmethoden beizutragen“, so Björn Alpermann.

Zu diesem Zweck haben die Projektbeteiligten einen eigenen Ansatz entwickelt, den sie als Fernethnographie bezeichnen. Sie bauen ein Forschungsteam auf, das wöchentlich Material und Erkenntnisse innerhalb einer wissenschaftlichen Gemeinschaft austauscht. Das Projekt ist bestrebt, mit Medien, politischen Entscheidungsträger:innen und der Zivilgesellschaft zusammenzuarbeiten, um sowohl das Bewusstsein als auch die Qualität und Sachlichkeit der Berichterstattung und des Diskurses über Xinjiang und die Uiguren zu erhöhen.

Methoden-Workshop und Filmabend

In Zusammenhang mit dem Projekt findet seit 19. (bis 22.) Juni 2023 ein Methoden-Workshop an der JMU statt. Er bringt einige führende Fachleute zusammen, um modernste Methoden der Fernforschung vorzustellen und zu diskutieren, wie diese für die Xinjiang-Studien genutzt werden können. Dabei geht es unter anderem um Analysen politischer Dokumente, um Fernerkundung und digitale Ethnographie.

Im Umfeld des Workshops wird am Dienstag, 20. Juni 2023, um 18 Uhr in Kooperation mit dem JMU China Competence Center der Film „Nikah“ (Original mit englischen Untertiteln) von Mukkadas Mijit und Bastien Ehouzan gezeigt. Er handelt von der 27-jährigen Uigurin Dilber, die unter dem Druck ihrer Familie steht, dass sie endlich heiraten soll. Ihre Freundin Gulnur, die in Paris lebt und mit der sie ihren Alltag per Telefon teilt, schlägt ihr eine Lösung vor.

Nach dem Film gibt es eine Podiumsdiskussion mit Mukkadas Mijit, Vanessa Frangville und Rune Steenberg, moderiert von Björn Alpermann. Die Veranstaltung findet in englischer Sprache statt und ist öffentlich; Veranstaltungsort ist Raum 00.006 im Gebäude der Graduate Schools im Beatrice-Edgell-Weg 21 auf dem Campus Hubland Nord.

Kontakt

Prof. Dr. Björn Alpermann, Inhaber des Lehrstuhls für Contemporary Chinese Studies, Universität Würzburg, T +49 931 31-88460, bjoern.alpermann@uni-wuerzburg.de

Webseite Björn Alpermann

Weitere Bilder

Von Robert Emmerich

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