Neues Forschungsprojekt für die Simulation von Speicher
03.09.2024Wenn neue Anwendungen, etwa für KI, auf Computern langsamer laufen als erwartet, ist oft der Speicher daran schuld. Ein neues Forschungsprojekt arbeitet an einer Lösung. Die Leitung hat der Würzburger Informatiker Matthias Jung.
Es ist ein altbekanntes Problem, das jedoch häufig nicht die Beachtung findet, die es eigentlich verdient: Neue Anwendungen für Computer werden immer speicherintensiver, was bei der Entwicklung allerdings nicht ausreichend berücksichtig wird. In der Folge werden die Programme regelmäßig ausgebremst, weil sie darauf warten müssen, bis der Speicher seine Arbeit erledigt hat. „Der Speicher wird damit zum Flaschenhals für viele Applikationen“, sagt Matthias Jung. Auf der anderen Seite gibt es viele neue Speicherstandards am Horizont, wie HBM4, DDR6 oder CXL. Durch diese neuen Standards entstehen eine Vielzahl offener Forschungsfragestellungen.
Jung ist Professor für Technische Informatik am Lehrstuhl für Informatik XVII der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU); Computer Engineering ist sein Spezialgebiet. Um dieses Thema dreht sich auch ein neues Forschungsprojekt, das das Bundesforschungsministerium vor Kurzem genehmigt hat. Daran beteiligt sind die Universität Würzburg, die Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) und das Fraunhofer IESE. Die Leitung liegt bei Matthias Jung. Rund 322.000 Euro fließen dafür an die JMU.
Simulationswerkzeuge für neue Anwendungen
„Unser Projekt beschäftigt sich mit sogenannten DRAM-Speichersystemen“, erklärt Jung. Die Abkürzung steht für Dynamic Random Access Memory – ein Halbleiterspeicher, der in der Regel für die Daten oder den Programmcode verwendet wird, die ein Computerprozessor zum Funktionieren benötigt. An solchen Speichersystemen, die sich in unseren Computern, Smartphones, aber auch Autos befinden, hat Jung bereits im Rahmen seiner Promotion an der TU Kaiserslautern geforscht.
Gemeinsam mit den weiteren Projektbeteiligten will Jung das Open-Source-Simulationswerkzeug DRAMSys, das er im Rahmen seiner Promotion und seiner Forschungstätigkeit bei Fraunhofer entwickelt hat, für die neuesten DRAM-Halbleiterspeicher einsatzreif machen – Speicher, die sowohl in der Forschung als auch in der Industrie bereits zum Einsatz kommen. „Damit wird es Entwicklern neuer Anwendungen schon in einem sehr frühen Stadium der Arbeiten möglich, deren Einsatz realitätsnah zu simulieren und somit auch potenzielle Engstellen zu identifizieren“, sagt der Wissenschaftler.
Ein detaillierter Blick auf die Prozesse im Speicher
Welchen Speicher soll ich nehmen, wie soll ich diesen konfigurieren, wie wird er sich am Ende verhalten? Diese – und viele weitere Fragen kann das Simulationsprogramm schnell und akkurat beantworten. Ein grafisches Tool zeigt anschaulich, was im Speicher passiert: Wie verhält sich die Latenz, wie ist die Bandbreite, wie hoch ist die Leistung, wie wirkt sich das auf die Temperatur aus? Informationen wie diese lassen sich damit auf einen Blick erfassen.
In insgesamt fünf Arbeitspaketen wollen die beteiligten Forschungseinrichtungen in den kommenden Jahr DRAMSys fit machen für neue Standards und Protokolle. Damit soll es möglich werden, neue Entwicklungen zu simulieren, sodass es möglich ist „gezielt durch diesen Entwurfsraum zu navigieren und möglichst schnell zu einem Ergebnis zu kommen“, wie Matthias Jung sagt. Dabei arbeiten Vertreterinnen und Vertreter der Grundlagenforschung eng zusammen mit einer Anwendercommunity aus dem akademischen Bereich und aus der Industrie.
Großes Interesse auf Seiten der Industrie
Am Ende wollen die Beteiligten DRAMSys in Form eines „Freemium Business Modells“ zur Verfügung stellen. Etablierte Standards sollen dann als Open-Source-Programme angeboten werden. Neueste Standards werden über das Fraunhofer-Institut IESE lizensiert; Forschungseinrichtungen können diese allerdings auch kostenlose beziehen. Das Interesse daran sei groß: „Schon heute nutzen Firmen aus dem Silicon Valley unser Produkt und erstellen damit Entwurfsraumexplorationen mit Millionen von Simulationen“, sagt Matthias Jung.
Dementsprechend ist er davon überzeugt, dass sich für DRAMSys ein starker Anwendungsbezug und eine breitenwirksame Nutzung abzeichnet – insbesondere in der Entwicklung für KI-Systeme.
Kontakt
Prof. Dr.-Ing. Matthias Jung, Institut für Informatik, T: +49 931 31-87068, m.jung@uni-wuerzburg.de