Gegen alles ist ein Kraut gewachsen
27.02.2018Ghanya Al-Naqeb ist Lebensmittelchemikerin und erforscht die medizinische Wirkung von Pflanzen. Für ihre Forschung an der Universität Würzburg hat sie sich sogar Pflanzen aus ihrem Heimatland Jemen mitgebracht.
Seit Dezember 2017 arbeitet die 43-Jährige Ghanya Al-Naqeb an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU). Sie stammt aus dem Jemen. „Mein Vater hatte eine Farm und zog Pflanzen selbst. Als ich klein war, erklärte er mir immer: ‚Diese Pflanze ist gut gegen Kopfschmerzen, diese gegen Magenschmerzen und diese gegen Rückenschmerzen.‛ Ich fragte mich: Woher weiß mein Vater das? Woher wissen das die Menschen im Jemen?“ Für die Anwendungen im Jemen gäbe es keine Forschungsergebnisse, sagt sie. Deshalb wollte sie der Sache auf den Grund gehen. Darum sei sie Lebensmittelchemikerin geworden.
Im Jemen arbeitete Al-Naqeb als außerordentliche Professorin an der Universität in Sanaa. Den Kontakt zur JMU bekam Al-Naqeb durch eine Preisverleihung in Washington. Der Preis für junge Wissenschaftlerinnen der Elsevier Foundation brachte sie und andere Preisträgerinnen 2016 in die Medien. Wegen der Berichterstattung wurde Professor Klaus Krickeberg, emeritierter Mathematikprofessor, auf Ghanya Al-Naqeb aufmerksam und nahm Kontakt zu ihr auf. Krickeberg, der an der JMU habilitierte, erzählte Leane Lehmann, Inhaberin des Lehrstuhls für Lebensmittelchemie an der JMU, von der jemenitischen Forscherin. Gemeinsam bewarben sie sich für Al-Naqeb um ein Stipendium der Philipp-Schwartz-Initiative. „Dafür bin ich Klaus Krickeberg, Leane Lehmann und Harald Esch sehr dankbar“, sagt Al-Naqeb.
Pflanzen aus dem Jemen
Von der Bewerbung bis zur Ankunft in Deutschland verging noch viel Zeit. „Es gab einige Schwierigkeiten. Zum Beispiel gibt es im Jemen keine deutsche Botschaft mehr. Deshalb mussten mein Mann und ich in den Sudan reisen, um ein Visum zu bekommen“, sagt Al-Naqeb. Nach dreieinhalb Monaten haben sie ihr Visum dann aber bekommen und konnten ausreisen. „Ich war schon an vielen Orten, aber so herzlich wie in Würzburg wurde ich selten aufgenommen“, sagt Ghanya Al-Naqeb. „Ich habe zwei Assistenten, die Arabisch und Deutsch sprechen. Sie gehen mit uns zum Arzt und auf Behörden. Das hilft mir sehr“, sagt sie.
Zwei Jahre wird die Forschungsstelle an der JMU von der Philipp-Schwartz-Initiative finanziert. In den ersten drei Monaten lernt Ghanya Al-Naqeb Deutsch. Danach fängt sie mit der Arbeit im Labor an. „Professorin Lehmann hat von meiner Forschung erfahren, die ich 2014 in den USA angefangen habe. An dieser setze ich jetzt an“. Diese wird sein, an Pflanzen zu erforschen, welche Wirkstoffe sie gegen Krankheiten beinhalten. Immer mit dem Blick darauf, was ihr Vater ihr über die Pflanzen beigebracht hat. Das Interessante: „Die Pflanzen habe ich aus dem Jemen mitgebracht“, sagt sie.
Rückkehr in den Jemen angestrebt
Nach ihrem Stipendium würde Al-Naqeb gerne wieder zu ihrer Familie in die Heimat nach Sanaa zurückkehren. Doch ob das geht, weiß sie noch nicht. Im Jemen herrscht seit Jahren Krieg. Huthi-Rebellen und Saudi Arabien bekämpfen sich gegenseitig. Im Jemen lebt Al-Naqeb in Gefahr. „Deshalb“, sagt sie, „bin ich froh, dass ich durch die Philipp-Schwartz-Initiative, die Möglichkeit hatte, nach Deutschland zu kommen.“
Die Philipp-Schwartz-Initiative wurde von der Alexander-von-Humboldt-Stiftung gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt ins Leben gerufen. Sie ermöglicht Universitäten, Fachhochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Deutschland die Verleihung von Stipendien für Forschungsaufenthalte an gefährdete Forscherinnen und Forscher. Finanziert wird diese Initiative durch das Auswärtige Amt, die Alfried-Krupp-von-Bohlen-und-Halbach-Stiftung, die Andrew-W.-Mellon-Foundation, die Fritz-Thyssen-Stiftung, die Gerda-Henkel-Stiftung, die Klaus-Tschira-Stiftung, die Robert-Bosch-Stiftung, den Stifterverband sowie die Stiftung Mercator.
Kontakt:
Ghanya Al-Naqeb, Lehrstuhl für Lebensmittelchemie, T.: +49 931 31-84791, ghanya.al-naqeb@uni-wuerzburg.de