Gesünder leben mit digitalen Technologien
04.06.2019Im Projekt ForDigitHealth forschen fünf Universitäten in Bayern gemeinsam über Stress, den die Digitalisierung beim Menschen auslöst. Dafür erhalten sie 3,35 Millionen Euro vom Wissenschaftsministerium.
Ständige Erreichbarkeit, eine steigende Flut an Informationen und stetig neue Technologien, mit denen sich der Mensch vertraut machen muss: Die Digitalisierung führt zu grundlegenden Veränderungen in der Gesellschaft und im Leben jedes einzelnen. Das birgt Chancen und Risiken für die Gesundheit. Zum Teil führt der Umgang mit digitalen Technologien und Medien zu Stress, Burnout, Depression und anderen Beeinträchtigungen der Gesundheit.
Stress kann aber auch eine positive, anregende Wirkung haben, die es zu fördern gilt. Die Technikgestaltung ist weit fortgeschritten, so dass digitale Technologien und Medien durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz, Adaptivität und Interaktivität die Gesundheit des Menschen auch bewahren und fördern können.
Wie ein gesünderer Umgang mit digitalen Technologien und Medien erreicht werden kann, das untersuchen Forschungsgruppen von den Universitäten Augsburg, Bamberg, Erlangen-Nürnberg, München und Würzburg nun in einem gemeinsamen Projekt. Das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst fördert den Forschungsverbund ForDigitHealth mit rund 3,35 Millionen Euro; das Projekt ist auf vier Jahre angelegt.
Das Würzburger Teilprojekt
Von der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg ist die Professur für Entwicklungspsychologie (Professorin Gerhild Nieding und Dr. Wienke Wannagat) beteiligt. Das Thema der beiden Wissenschaftlerinnen ist eine erweiterte Medienkompetenz bei Kindern und Jugendlichen, die auch sogenannte metakognitive und kognitiv-selbstregulative Kompetenzen umfasst und vor digitalem Stress schützen sollte. Dazu gehören zum Beispiel das Wissen darum, dass die Anwesenheit des Smartphones auf dem Schreibtisch von den Hausaufgaben ablenken kann, und die Fähigkeit, das eigene Verhalten auf Basis dieses Wissens zu regulieren.
Langfristig wollen die Forscherinnen hier Trainingsansätze entwickeln und evaluieren, die Kinder und Jugendliche zu einem gesunden Umgang mit digitalen Medien und Technologien befähigen sollen.
In Vorarbeiten haben die JMU-Wissenschaftlerinnen gezeigt, dass die Medienkompetenz bei Vorschulkindern, Jugendlichen und Erwachsenen deutlich mit bildungsrelevanten Fähigkeiten zusammenhängt: Je größer die Medienkompetenz ist, umso besser sind die Fähigkeiten auf Gebieten wie Lesen, Rechtschreibung oder Mathematik – und umso kleiner ist das Risiko, eine Internet- oder Computerspielsucht zu entwickeln.
An der Professur wird seit Anfang 2019 auch ein computerbasiertes Training entwickelt, das die mediale Zeichenkompetenz von Kindergartenkindern fördern soll. Dabei lernen die Kinder die typischen Merkmale von Filmen, Comics und anderen Medien kennen. Das sei wichtig, weil die Zeichenkompetenz eine Voraussetzung für eine spätere Medienkompetenz ist, wie die Forscherinnen erklären. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert dieses Projekt.
Die Ziele des Verbunds ForDigitHealth
„Viele Menschen erleben in ihrem Alltag selbst, wie uns digitale Technologien einerseits unterstützen, wie sie uns andererseits aber auch im Griff haben und wir unser Leben nach ihnen richten. Sie merken das beispielsweise, wenn sie sich fragen, wie sie mit all den E-Mails am Arbeitsplatz zurechtkommen sollen oder wenn sie sich dabei ertappen, wie sie alle fünf Minuten auf ihr Smartphone schauen, ob es eine neue Nachricht gibt oder wer ihr gepostetes Bild schon kommentiert hat“, sagt Professor Henner Gimpel von der Universität Augsburg, der Sprecher von ForDigitHealth.
Ziel des Verbunds ist es, die Gesundheitseffekte der zunehmenden Präsenz und Nutzung digitaler Technologien und Medien – speziell mit Blick auf die Entstehung von positivem wie negativem Stress – wissenschaftlich zu durchdringen. Außerdem sollen Präventions- und Interventionsmöglichkeiten erarbeitet und evaluiert werden. Dadurch will der Forschungsverbund zu einem angemessenen, bewussten und gesundheitsförderlichen Umgang mit digitalen Technologien und Medien beitragen.
An diesen Fragen arbeiten Fachleute aus Medizin, Psychologie, Informatik, Wirtschaftsinformatik und Kommunikationswissenschaft. Die elf Einzelprojekte beschäftigen sich mit Theorien zu Stress, den Methoden der Stresserfassung und mit grundlegenden ethischen und rechtlichen Aspekten. Sie fragen auch nach der Bedeutung und den Auswirkungen des Umgangs mit digitalen Technologien und Medien für unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen, wie zum Beispiel Kinder und Jugendliche oder Arbeitnehmer. Außerdem werden verschiedene Lebensbereiche und Kontexte berücksichtigt – wie Familie oder Arbeitsplatz.
Es gilt zu erforschen, wie der Umgang mit digitalen Technologien und Medien in verschiedenen Alltagskontexten praktiziert und erfahren wird und wie sich das insbesondere auf die psychische und physische Gesundheit unterschiedlicher Personengruppen auswirkt.
Dazu Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler: „Gesundheitsforschung ist Zukunftsforschung! Der Forschungsverbund ‚ForDigitHealth‘ geht entscheidenden Fragen nach, die eine hohe Relevanz für ein gesundes Leben mit digitalen Medien haben. Im Zeitalter der Digitalisierung ist es von großer Bedeutung, dass wir diese souverän und selbstbestimmt einsetzen. Entscheidend ist dabei auch ein Bewusstsein dafür, dass und wie digitale Medien unseren Alltag und unsere Gesundheit beeinflussen.“
Öffentliche Veranstaltungen und Blog
Bei öffentlichen Veranstaltungen, in einem wissenschaftlichen Blog und im Austausch mit einem Netzwerk aus Kooperationspartnern und Interessierten will der Forschungsverbund seine Erkenntnisse in den gesellschaftlichen Diskurs einbringen.
Weblinks