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  • Studierende vor einem Gebäude der Universität Würzburg.

Hirntumoren: Resistenzen gegen Chemotherapien auf der Spur

04.03.2025

Würzburger Forschende haben ein 3D-Zellkulturmodell entwickelt, das Glioblastome und die Wechselwirkungen dieser Gehirntumore mit ihrer Umgebung realistisch abbildet.

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Carmen Villmann und Mateo S. Andrade Mier analysieren nach 3D Rekonstruktion die Zell-Zell-Kontakte der Tumorzellen (rosa) mit den umgebenden Nervenzellen (gelb). (Bild: Daniel Peter / Universitätsklinikum Würzburg)

Das Glioblastom ist der aggressivste bösartige Hirntumor bei Erwachsenen und eine der herausforderndsten Krebserkrankungen für die Medizin. Denn Glioblastome wachsen schnell und infiltrieren das umliegende Hirngewebe. Das macht ihre vollständige chirurgische Entfernung nahezu unmöglich. Außerdem sind diese Tumoren sehr resistent gegen Therapeutika. Glioblastome sind bisher nicht heilbar; die mittlere Überlebenszeit nach der Diagnosestellung beträgt etwa 18 Monate.

Warum wirken Chemotherapeutika nicht, und wie können diese Resistenzen überwunden werden? Um das zu beantworten, hat ein Team der Klinischen Neurobiologie am Universitätsklinikum Würzburg (UKW) ein 3D-Zellkultursystem entwickelt, an dem die Wechselwirkungen der Hirntumorzellen mit gesunden Gehirnzellen untersucht werden können.

„Wir konnten zeigen, dass dieses Glioblastom-Modell die natürliche Umgebung des Tumors und die Wechselwirkungen zwischen den Zellen realistisch abbildet, ähnlich wie bei Experimenten mit lebenden Organismen. Mit dem Modell können wir nun Chemotherapeutika und deren Wirkmechanismus auf das Tumorwachstum untersuchen“, erklärt Doktorand Mateo S. Andrade Mier. Er hat die Forschungsergebnisse als Erstautor in der Fachzeitschrift Advanced Functional Materials veröffentlicht.

Gerüste aus Mikrofasern mit verschiedenen Zelltypen besiedelt

Auch wenn 3D einfach klingt, sei das Druckverfahren aufgrund der Ultraweichheit des natürlichen Hirngewebes eine Herausforderung gewesen, sagt Professorin Carmen Villmann, Arbeitsgruppenleiterin am Institut für Klinische Neurobiologie. Denn ultraweiche Biotinten oder Hydrogele ließen sich nur schwer formen.

Um dieses Problem zu lösen, verwendete das interdisziplinäre Team zur Verstärkung des Modells spezielle Gerüste aus Mikrofasern, die mittels Biofabrikation in verschiedenen Formen gedruckt werden können und biokompatibel sind. Die Gerüste wurden mit verschiedenen Zelltypen besiedelt, was Langzeitstudien über mehrere Wochen ermöglichte.

In einem nächsten Schritt soll das 3D-Modell des Glioblastoms in ein rein humanes Modell unter Verwendung von induzierten pluripotenten Stammzellen, humanen Astrozyten, Mikrogliazellen und humanen Glioblastomzellen überführt werden. Dieses Modell kann dann verwendet werden, um die Resistenz der Tumoren gegenüber Therapeutika weiter zu untersuchen.

Projekt eines Sonderforschungsbereichs

Das Projekt ist Teil des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Sonderforschungsbereichs SFB TRR 225 „Von den Grundlagen der Biofabrikation zu funktionalen Gewebemodellen“.

In diesem SFB führen Teams aus der Universitätsmedizin in Würzburg, Erlangen und Bayreuth Material-, Grundlagen- und klinische Wissenschaften zusammen. Ziel ist es, Hydrogele zu entwickeln und zu charakterisieren sowie mit neuen Methoden Gewebemodelle zu etablieren, die für translationale Ansätze genutzt werden können.

Für das 3D-System erstellten Privatdozent Dr. Jörg Tessmar und seine Arbeitsgruppe vom Würzburger Lehrstuhl für Funktionswerkstoffe der Medizin und der Zahnheilkunde (FMZ) das Hydrogel, das auf Hyaluronsäure basiert, einer wesentlichen Komponente der extrazellulären Matrix im Gehirn. Die Physikerin Professorin Katrin Heinze und ihr Team vom Rudolf-Virchow-Zentrum trugen mit ihren bildgebenden Möglichkeiten wesentlich zur Charakterisierung der Zell-Matrix und der Zell-Zell-Interaktionen bei. Professorin Silvia Budday von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg übernahm mit Dr. Gregor Lang vom FMZ die wesentlichen Untersuchungen auf der Seite der Biomaterialien und der Biofabrikation.


Publikation

3D In Vitro Glioma-Neuron-Astrocyte Biomimetic Composites Recapitulate Key Molecular Mechanisms Linked to Glioblastoma Multiforme Pathophysiology. Advanced Functional Materials, 23 Januar 2025, https://doi.org/10.1002/adfm.202419211

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Von Pressestelle Universitätsklinikum Würzburg

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