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Grundschule: Kooperation über Phasengrenzen hinweg

10.12.2024

Es war eine Premiere an der Universität Würzburg: Studierende der Grundschuldidaktik und Lehramtsanwärter:innen saßen gemeinsam in einem Seminar. Von der phasenübergreifenden Kooperation konnten beide Seiten profitieren.

Das Kooperationsteam der Uni-Klasse Würzburg (von links nach rechts): Klaus Aschrich (Grundschulseminar Schweinfurt), Katrin Stöcker (Regierung von Unterfranken), Claudia Vollmar (Schulamt Würzburg), Gabriele Schwenkert (Josef-Grundschule), Sanna Pohlmann-Rother, Katharina Kindermann, Verena Stürmer (Universität Würzburg) und Lothar Müßig (Josef-Grundschule).
Das Kooperationsteam der Uni-Klasse Würzburg (von links nach rechts): Klaus Aschrich (Grundschulseminar Schweinfurt), Katrin Stöcker (Regierung von Unterfranken), Claudia Vollmar (Schulamt Würzburg), Gabriele Schwenkert (Josef-Grundschule), Sanna Pohlmann-Rother, Katharina Kindermann, Verena Stürmer (Universität Würzburg) und Lothar Müßig (Josef-Grundschule). (Bild: Lehrstuhl für Grundschulpädagogik und Grundschuldidaktik)

Drei Phasen durchläuft eine Lehrkraft in Bayern im Laufe ihres (Berufs-)Lebens: Phase 1 markiert das Studium an einer Universität; Phase 2 steht für das Referendariat – im Grundschulbereich Vorbereitungsdienst oder Lehramtsanwärterzeit genannt – nach dem Ersten Staatsexamen. Ziel erreicht, heißt es in Phase 3: der Arbeit als Lehrerin oder Lehrer an einer Schule mit dem regelmäßigen Besuch von Fort- und Weiterbildungen.

Normalerweise sind diese Phasen strikt voneinander getrennt. Dass es auch anders gehen kann, hat jetzt ein Seminar an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) gezeigt. Dort haben Studierende der Grundschuldidaktik gemeinsam mit Lehramtsanwärterinnen Unterricht vorbereitet, in der Praxis ausprobiert und anschließend besprochen. Damit konnten die erste und die zweite Phase der Lehrkräftebildung konstruktiv miteinander verknüpft werden. 

Uni-Seminar und Grundschulseminar kooperieren

Verantwortlich dafür waren Dr. Katharina Kindermann, Akademische Rätin am Lehrstuhl für Grundschulpädagogik und Grundschuldidaktik, und Dr. Klaus Aschrich, Leiter des Grundschulseminars Schweinfurt III.  Ein „Grundschulseminar“ bezeichnet in diesem Fall die Gruppe von Lehramtsanwärterinnen und -anwärtern, die sich im Vorbereitungsdienst zwei Jahre lang im Schulalltag bewähren müssen, damit sie nach dem bestandenen Zweiten Staatsexamen in den regulären Schuldienst aufgenommen werden können.

Stattgefunden hat das phasenübergreifende Seminar in der sogenannten „Uni-Klasse Würzburg“, einer besonderen Einrichtung des Lehrstuhls für Grundschulpädagogik und -didaktik der Universität an der Josef-Grundschule im Würzburger Stadtteil Grombühl.

„In dem Seminar hatten die Studierenden die Aufgabe, eine Unterrichtssequenz zu entwickeln, in der ein digitales Bilderbuch zum Einsatz kommt. Im Unterricht sollten die Kinder das Buch rezipieren und die literarischen und sprachlichen Strukturen analysieren“, schildert Katharina Kindermann das Seminarprogramm. Unterstützung erhielten die Studierenden von den sogenannten „LAAs“, sprich: den Lehramtsanwärterinnen und -anwärtern, den wahren Expertinnen und Experten für die Unterrichtsvorbereitung – schließlich steht dieser Aspekt im Fokus der zweiten Phase der Lehramtsausbildung.

Die Uni-Klasse Würzburg

Den Unterricht vorzubereiten, ist insbesondere für Studierende als Anfänger:innen schon recht anspruchsvoll. Doch die wahren Herausforderungen zeigen sich oft erst in der Praxis, also der Durchführung des Unterrichts in einer realen Klasse. An diesem Punkt kommt die Stärke der Uni-Klasse ins Spiel. Das Prinzip dahinter: „In einem speziell ausgestatteten Klassenzimmer der Schule können Studierende, aber auch Lehrkräfte oder Lehramtsanwärterinnen und -anwärter den Unterricht von einem angrenzenden Raum aus live beobachten und anschließend in einem geschützten Rahmen analysieren und reflektieren“, erklärt Katharina Kindermann.

Dieses Konzept ermögliche es, komplexe Unterrichtsprozesse im Zusammenspiel von Theorie und Praxis besser zu verstehen und zu gestalten, ohne dass der Unterricht der Klasse durch viele Zuschauer:innen gestört wird. 

Die Uni-Klasse Würzburg wurde vor fünf Jahren auf Initiative des Lehrstuhls für Grundschulpädagogik und -didaktik der Universität Würzburg unter Leitung der Lehrstuhlinhaberin Sanna Pohlmann-Rother gegründet und mit der entsprechenden Technik ausgestattet. Seitdem finden dort regelmäßig Uni-Seminare statt; der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Einsatz digitaler Medien im Unterricht.

Beide Seiten profitieren

Von der ersten phasenübergreifenden Kooperation konnten beide Seiten profitieren. „Die Studierenden haben Hilfe bei der Unterrichtsplanung erhalten und Einblicke in die zweite Phase gewonnen“, sagt Katharina Kindermann. Den Lehramtsanwärterinnen wurden im Gegenzug neueste Erkenntnisse aus der Forschung zum Thema „Digital gestützter Unterricht“ vorgestellt – ein Aspekt, der in der Qualifizierung bislang noch nicht das Gewicht hat, das er verdient.

Und natürlich haben alle von der einzigartigen Möglichkeit der Uni-Klasse profitiert: Den Unterricht live, aber ohne zu stören, vom Nebenzimmer aus zu betrachten und dank einer Aufzeichnung im Nachgang jeden einzelnen Moment genauer unter die Lupe nehmen und ausführlich diskutieren zu können.

Bei einem einmaligen Experiment im Bereich „phasenübergreifendes Lernen“ soll es nicht bleiben, wenn es nach Katharina Kindermann und Sanna Pohlmann-Rother geht. Sie können sich vorstellen, dass die Uni-Klasse nicht nur Studierenden offensteht, sondern auch bei der Ausbildung von Lehramtsanwärterinnen und -anwärtern und für Fortbildungen von Lehrkräften genutzt wird.

Austausch von Uni, Schulamt und Seminarleitungen

Ihre Ideen haben sie deshalb jetzt im Rahmen eines Vernetzungstreffens vorgestellt, an dem Vertreterinnen des Lehrstuhls für Grundschulpädagogik und Grundschuldidaktik, des Schulamts der Stadt Würzburg sowie die Seminarleitungen aus Unterfranken teilnahmen. Das Treffen bot die Gelegenheit, über zukünftige Kooperationen zwischen Universität, Schulamt und Seminarleitungen zu sprechen und neue Ideen für die Weiterentwicklung der Uni-Klasse zu sammeln.

Im Mittelpunkt des Austauschs standen innovative Wege für eine zukunftsfähige Lehrkräftebildung. Ziel war es unter anderem, „die Theorie-Praxis-Verknüpfung in den unterschiedlichen Phasen der Lehrkräftebildung – vom Studium über den Vorbereitungsdienst bis in den Berufsalltag – zu intensivieren, innovative Unterrichtsformate zu entwickeln und die medienpädagogischen Kompetenzen angehender sowie erfahrener Lehrkräfte zu stärken“, so Sanna Pohlmann-Rother.

Zentraler Schritt für mehr Qualität

Die Uni-Klasse könnte dafür der ideale Raum sein: „Sie ist nicht nur ein Raum des Lernens, sondern auch des Erprobens und Reflektierens. Hier können Lehrkräfte und Studierende neue Methoden und Medien testen und an der Unterrichtsqualität arbeiten“, so die Professorin. 

Tatsächlich wurde das phasenübergreifende Treffen der Lehrkräftebildung im Grundschulbereich von allen Beteiligten als äußerst bereichernd empfunden. „Die Verbindung der drei Qualifizierungsphasen ist ein zentraler Schritt, um die Qualität der Lehrkräftebildung nachhaltig zu sichern,“ sagte Claudia Vollmar, Leitende Schulamtsdirektorin des Staatlichen Schulamts für Stadt und Landkreis Würzburg.

Zur Homepage des Lehrstuhls für Grundschulpädagogik und Grundschuldidaktik

Mehr Informationen zur Uni-Klasse

Von Gunnar Bartsch

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