Harald Lesch in der Unibibliothek
22.10.2019500 Besucher erfuhren bei der Veranstaltung, woher die geheimnisvollen Gravitationswellen stammen und „warum die Raumzeit kein Gummituch“ ist.
Der aus zahlreichen Fernsehsendungen bekannte TV-Moderator und Münchner Astrophysik-Professor Harald Lesch sorgte am 11. Oktober 2019 für ein bis auf den letzten Platz ausverkauftes Auditorium in der Würzburger Universitätsbibliothek. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand das Buch „Die Entdeckung der Gravitationswellen“, das Lesch zusammen mit ehemaligen Studierenden geschrieben hat. Harald Lesch und drei der Co-Autoren – Judith Selig, Florian Selig und Roman Zitlau – stellten ausgewählte Kapitel des Buches vor.
Für unser alltägliches Leben seien die Gravitationswellen nicht relevant, meinte Harald Lesch, was aber durchaus nicht bedeute, dass sie keine Relevanz hätten. Im Gegenteil: Für die physikalische Grundlagenforschung habe der empirische Nachweis dieser Wellen, der am 15. September 2015 erbracht wurde, größte Bedeutung, führe er doch zu den Grundlagen unserer Vorstellung des Universums: „Zum ersten Mal konnte man das kosmische Beben spüren, das durch die Verschmelzung von zwei schwarzen Löchern vor 1,3 Milliarden Lichtjahren entstand.“ Doch was ist ein schwarzes Loch? Warum „bebt die Raumzeit“? Und was heißt es, wenn schwarze Löcher miteinander verschmelzen? Diese Fragen überfordern das Vorstellungsvermögen jedes Nicht-Physikers und genau da setzten Harald Lesch, Judith Selig, Florian Selig und Roman Zitlau bei ihrer Lesung an: In lebhaft und anschaulich gestalteten Kurzvorträgen berichteten sie dem gebannt lauschenden Publikum von den bei der Verschmelzung frei gewordenen Massen, die sich als Gravitationswelle ausbreiten und dank des hoch entwickelten Instruments „Interferometer“ bei uns auf der Erde nun fast wöchentlich gemessen werden könnten. Der häufig bemühte Vergleich der Raumzeit mit einem Gummituch hinke, denn es brauche schon gigantische Kräfte, um die Raumzeit „zu verbiegen“. Und schon der Begriff „Raumzeit“ sei ein Kunstwort, das auszudrücken sucht, wie eng Raum und Zeit miteinander verbunden sind.
Nach gut eineinhalb Stunden neigt sich der intergalaktische Flug dem Ende entgegen. Vielleicht schreiben sie ja noch einmal ein gemeinsames Buch, fragen die Zuhörer. Ja, wenn es die Zeit erlaubt und sich ein geeignetes Thema finden ließe, so das Credo der Autoren, die mit der „Entdeckung der Gravitationswellen“ nach ihrem ersten Gemeinschaftswerk „Die Entdeckung des Higgs-Teilchens“ aufs Neue gezeigt haben, dass Wissenschaft kein Elfenbeinturm sein darf, sondern dazu verpflichtet ist, der Gesellschaft wissenschaftliche Erkenntnisse auf verständliche Art und Weise zu vermitteln. Und gäbe es einen passenderen Ort für diese Art der Vermittlung als die Universitätsbibliothek Würzburg, die „nicht nur ein Buchaufbewahrungscontainer“ sei, wie der Leiter der Universitätsbibliothek, Hans-Günter Schmidt, in seiner Begrüßung betonte: „Wir sind als Universitätsbibliothek auch ein Forum des Austauschs. Wir bieten Information an, kostenlos, damit sich jede und jeder selbst ein Bild machen kann von der Welt, wissen kann, ungefiltert.“ Die 500 Besucher am Freitagabend wollten sich das Angebot nicht entgehen lassen: Sie wollten verstehen und sich auf hohem wissenschaftlichen Niveau unterhalten lassen. Das ist Harald Lesch und seinen ehemaligen Studierenden bestens gelungen. Herzlichen Dank und gerne mal wieder!
Weitere Veranstaltungen der Universitätsbibliothek im Jubiläumsjahr
Bis zum Jahresende gibt es noch eine ganze Reihe von Highlights, mit denen die Universitätsbibliothek ihr 400-Jahres-Jubiläum begeht: Die Solo-Performance „Ruland Rulez“ rund um den Würzburger Bibliothekar des 19. Jahrhunderts Anton Ruland, von und mit Markus Grimm am 20. Oktober, den Aktionstag „Frisch gepresst“ zum Thema „Buchdruck“ am 16. November, die Lesung „Mörderisches Franken“ mit Günter Huth am 3. Dezember sowie weitere thematische Führungen.