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Herzkrankheiten im Blick

01.06.2021

Dr. Katrin Streckfuß-Bömeke hat an der Universität Würzburg eine Professur für molekulare Pharmakologie übernommen. Sie ist Expertin für Erkrankungen des Herzmuskels, die Kardiomyopathien.

Dr. Katrin Streckfuß-Bömeke, Professorin für molekulare Pharmakologie.
Dr. Katrin Streckfuß-Bömeke, Professorin für molekulare Pharmakologie. (Bild: privat)

Wie und wo wirken Herzmedikamente? Wie werden sie in den Körper aufgenommen, verteilt und verstoffwechselt? Wann wirken sie toxisch? Diese und ähnliche Fragen werden bei den Vorlesungen der neuen Professorin zur allgemeinen Pharmakologie der Herzkrankheiten im Mittelpunkt stehen.

Dazu kommen Lehrveranstaltungen zu ihren Spezialgebieten: zur translationalen Stammzellforschung und zu den molekularen Ursachen von Herzkrankheiten. Die Ergebnisse dieser Forschungen kommen direkt den Patientinnen und Patienten zu Gute.

Interessierten Studierenden steht ihr Labor für Praktika und Doktorarbeiten offen.

Interview mit der neuen Professorin auf dem YouTube-Kanal der Uni

Hautzellen werden zu Stamm- und dann zu Herzmuskelzellen

Ein Schwerpunkt von Katrin Streckfuß-Bömeke liegt auf sogenannten Kardiomyopathien. Das ist eine Gruppe unterschiedlicher Erkrankungen, bei denen die Struktur des Herzmuskelgewebes defekt ist. Oft kommt es zu einer Erweiterung oder zu einer Verdickung einer Herzkammer. Die Pumpkraft des Herzens ist dadurch eingeschränkt, die Betroffenen sind nicht mehr so leistungsfähig und haben typische Beschwerden einer Herzschwäche. An Kardiomyopathien erkranken Menschen jedes Alters, und häufig liegen genetische Ursachen vor.

Um diese genetischen Ursachen der Kardiomyopathien zu klären, setzt die Biologin auf Stammzellen: Sie verwendet Blut- oder Hautzellen, die Patienten entnommen wurden, und programmiert sie zu pluripotenten Stammzellen um. Bei diesem Verfahren werden die Zellen in ein sehr frühes Stadium ihrer Entwicklung zurückversetzt. Sie lassen sich dann so steuern, dass sie sich zu verschiedenen Zelltypen des Körpers weiterentwickeln können.

Solche Stammzellen werden im Labor der Professorin zu Herzmuskel-, Blutgefäß-, und Bindegewebszellen, aber auch zu Neuronen umgewandelt, die genau dieselbe genetische Ausstattung und damit auch genau dieselben Mutationen haben wie die Patienten.

Die Zellen lassen sich dann zu kleinen Geweben vereinigen oder zu organähnlichen Strukturen, sogenannten Organoiden, die über Wochen intakt bleiben. An ihnen lässt sich studieren, welche Ursachen für die Krankheit verantwortlich sind.

Verbesserung der individuellen Therapie

Bei ihrer Forschung hat Katrin Streckfuß-Bömeke immer die Patientinnen und Patienten im Blick. Ihr Team untersucht darum an den Geweben und Organoiden unter anderem, welche Medikamente im Einzelfall die besten Effekte bringen.

Wenn sie beispielsweise im Labor erkennt, dass sich die kardiomyopathischen Herzmuskelzellen durch Kalziumkanal-Hemmstoffe besser regulieren lassen als durch Betablocker, wie sie eigentlich in der Klinik verwendet werden, könnten die behandelnden Ärztinnen und Ärzte die Medikation umstellen.

Die Biologin erforscht auch, ob man die genetischen Defekte der Kardiomyopathie mit der Genschere CRISPR/Cas beseitigen kann. Bislang lassen sich nur die Symptome der Krankheit behandeln. Langfristiges Ziel dieser Arbeiten ist es, den Betroffenen eine echte Chance auf Heilung zu eröffnen.

Ursache für das Broken-Heart-Syndrom gefunden

Neue Erkenntnisse hat die Professorin an ihrem früheren Standort in Göttingen (Niedersachsen) unter anderem über die Takotsubo-Kardiomyopathie gewonnen, die auch als Broken-Heart-Syndrom bekannt ist. Der Hintergrund: Starke emotionale oder körperliche Belastungen können das Herz tatsächlich „brechen“. Es kontrahieren dann nur noch bestimmte Areale des Herzmuskels, die anderen bleiben bewegungslos.

„Wir haben herausgefunden, dass die Herzmuskelzellen von Betroffenen viel empfindlicher auf Adrenalin reagieren“, erklärt Streckfuß-Bömeke. Außerdem funktioniere die Desensibilisierung nicht mehr – dieser Selbstschutz-Mechanismus mache die Herzmuskelzellen im Normalfall unempfindlich gegen Adrenalin, wenn dieses Stresshormon längere Zeit in hohen Mengen auf sie einwirke.

Für diese Arbeiten wurde die Wissenschaftlerin mit dem Franz-Maximilian-Groedel-Preis 2018 der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie ausgezeichnet. Zum Broken-Heart-Syndrom gebe es aber weiterhin Forschungsbedarf, sagt die Neu-Würzburgerin: „Ich bin sicher, dass bei jedem einzelnen Patienten eine andere Ursache vorliegt.“

Werdegang der neuen Professorin

Katrin Streckfuß-Bömeke, Jahrgang 1976, hat Biologie an der Universität Göttingen studiert. An der dortigen Universitätsmedizin absolvierte sie auch ihre weitere akademische Laufbahn. Die Promotion schloss sie 2006 ab. Die Habilitation in Molekularer Medizin folgte 2018. Dafür erhielt sie den Habilitationspreis der Universitätsmedizin Göttingen.

In Göttingen leitete die Biologin ab 2013 eine eigene Arbeitsgruppe für translationale Stammzellforschung am Institut für Kardiologie und Pneumologie. Dem Ruf auf die Professur für molekulare Pharmakologie an der Universität Würzburg folgte sie zum 1. April 2021.

Kontakt

Prof. Dr. Katrin Streckfuß-Bömeke, Institut für Pharmakologie und Toxikologie, Universität Würzburg, T: +49 931 31-84618, katrin.streckfuss-boemeke@uni-wuerzburg.de

Von Robert Emmerich

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