AfD-Verbot: „Demokratie muss sich wehren“
03.12.202417 Jura-Professorinnen und -Professoren sprechen sich in einer Stellungnahme für ein Verbot der Partei „Alternative für Deutschland“ aus. Unterzeichnet hat auch JMU-Staatsrechtler Kyrill-Alexander Schwarz.
Brauchen wir ein Parteiverbotsverfahren gegen die in Teilen als rechtsextrem eingestufte „Alternative für Deutschland“ (AfD)? Und hätte dieses überhaupt Aussicht auf Erfolg? „Ja“ sagen jetzt 17 Professorinnen und Professoren für Verfassungsrecht. In einer öffentlichen Stellungnahme kommen sie zu dem Schluss, dass ein Parteiverbotsverfahren gegen die AfD Aussicht auf Erfolg haben dürfte.
Die 31 Seiten starke rechtswissenschaftliche Expertise ist an den Deutschen Bundestag adressiert. Mit ihr wollen die Autorinnen und Autoren zur Klärung der Fragen beitragen, die sich rund um das Parteiverbotsverfahren ergeben.
Staatsrechtsprofessor Kyrill-Alexander Schwarz von der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg hat die Stellungnahme mit ausgearbeitet und unterschrieben: „Das Parteiverbotsverfahren ist – bei allen Unwägbarkeiten – ein notwendiges Mittel des präventiven Staatsschutzes; der freiheitliche Verfassungsstaat sollte die ihm zur Verfügung stehenden Mittel um seiner Selbsterhaltung willen auch nutzen. Das Parteiverbot ist nicht antidemokratisch, sondern es dient vielmehr dem Schutz des demokratischen Rechtsstaates vor seinen Gegnern“, so der Jurist.
Parteiverbot kann auch einzelne Landesverbände treffen
Die AfD habe sich in jüngster Zeit zunehmend radikalisiert, heißt es in der Stellungnahme. Es häuften sich öffentliche Aussagen und Aktivitäten von Parteimitgliedern, die deutliche demokratie- und verfassungsfeindliche Absichten zeigten.
„Verhält sich eine Partei verfassungsfeindlich, ist die freiheitlich-demokratische Grundordnung dazu angehalten, sich zu wehren“, so die Unterzeichnenden. Ein Mittel dazu sei das Parteiverbot, das auch für einzelne Landesverbände ausgesprochen werden könne.
Drei Grundprinzipien der freiheitlichen Demokratie
Den Kern der freiheitlich-demokratischen Grundordnung bilden drei Grundprinzipien: die Menschenwürde, das Demokratieprinzip und zentrale Elemente des Rechtsstaatsprinzips wie das Gewaltmonopol des Staates, dessen Bindung an das Recht und die Unabhängigkeit der Justiz. Zahlreiche AfD-Mitglieder hätten sich, so die Forschenden in ihrer Stellungnahme, in Worten und Taten gegen diese Prinzipien gewandt.
Ein Beispiel: Während die Menschenwürde unabhängig sei von Merkmalen wie Herkunft, Lebensalter und Geschlecht, verfolge die AfD ein völkisch-nationalistisches Programm, heißt es. Um diese Einschätzung zu untermauern, haben die Autorinnen und Autoren im Vorfeld umfangreiches Belegmaterial gesammelt. Es soll zeigen, dass bei der „Alternative für Deutschland“ in der „ganzen Breite der Partei ein völkisch-ethnisch-kulturell geprägter Rassismus offen zutage“ trete.
Zur Strategie der AfD, so die Stellungnahme weiter, gehöre eine über die legitime Staatskritik weit hinausgehende Delegitimierung politischer Akteure und demokratischer Prozesse. Bei der konstituierenden Sitzung des Thüringer Landtags 2024 etwa habe sich dessen Alterspräsident Jürgen Treutler von der AfD in verfassungswidriger Weise über die Autonomie des Parlaments hinweggesetzt und seine protokollarische Funktion überschritten, „um parteipolitische Interessen durchzusetzen, die selbst herbeigeführte ‚Dysfunktionalität‘ des Parlamentarismus vorzuführen, und die demokratischen Institutionen zu delegitimieren.“
Folgen eines Parteiverbots
Die Stellungnahme thematisiert auch die möglichen Auswirkungen eines Parteiverbots. Unter anderem würde in einem solchen Fall der Staat das Parteivermögen einziehen und die Weiterführung der Partei verbieten – ebenso wie die Bildung von Ersatzorganisationen. Sämtliche Abgeordneten würden auf europäischer, Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene ihre Mandate verlieren.
Mit diesen Maßnahmen, so die Forschenden, würde auf überaus wirksame Weise die weitere Unterhöhlung demokratischer Institutionen verhindert. Die rechtsextremen Ansichten der Wählerschaft ließen sich allein durch ein Parteiverbot jedoch nicht beseitigen, meinen die Juristinnen und Juristen: „Wer das anstrebt, hat mit dem Parteiverbotsverfahren das falsche Instrument gewählt – dieses zielt aber auch auf einen anderen Zweck ab“, heißt es in der Stellungnahme: „Ein Zeitfenster von einigen Jahren zu eröffnen, um gegen rechtsextreme Einstellungen vorzugehen und das erneute Erstarken rechtsextremer Parteien zu verhindern.“
Ein Fazit der Forschenden: Das Verbot der AfD wäre nicht das Ende der Auseinandersetzung mit rechtsextremen Positionen in der deutschen Gesellschaft, sondern ihr Anfang.
Download
Stellungnahme der Professorinnen und Professoren zu einem AfD-Verbotsverfahren
Kontakt
Prof. Dr. Kyrill-Alexander Schwarz, Professur für Öffentliches Recht, Universität Würzburg, T +49 931 31-82335, kyrill-alexander.schwarz@uni-wuerzburg.de