Im Hotspot des Klimawandels
23.03.2021Ein Zentrum für Angewandte Klimaforschung: Dieses Ziel hat eine Initiative fünf Würzburger Wissenschaftsinstitutionen. Das Zentrum soll Klima-Kompetenzen bündeln und schnelle Klima-Lösungen umsetzen.
Fünf Würzburger Wissenschaftsinstitutionen wollen mit Unterstützung zahlreicher regionaler Institutionen und Forschungseinrichtungen das Würzburger Zentrum für Angewandte Klimaforschung (WueZAK) gründen. Im WueZAK sollen die Auswirkungen zum regionalen und lokalen Klimawandel erforscht und maßgeschneiderte praxistaugliche Anpassungsstrategien entwickelt werden.
Die Region Mainfranken ist herausragender Wissenschaftsstandort und Hotspot des Klimawandels zugleich, und daher nach Ansicht der Initiatoren als Sitz für das WueZAK ideal geeignet. Die bayerische Staatsregierung soll nun gewonnen werden, die einzigartigen Voraussetzungen in Würzburg und der Region zu nutzen, um mit dem WueZAK in Nordbayern ein transdisziplinäres Leuchtturmprojekt zu Klimawandel- und Klimaanpassungsforschung mit nationaler und internationaler Strahlkraft zu etablieren.
International sichtbar, innovativ in der Region
Treibende Kraft hinter dem Projekt sind die Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU), die Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt (FHWS), das Universitätsklinikum Würzburg (UKW), das Bayerische Zentrum für Angewandte Energieforschung e. V. (ZAE) und die Stiftung Umweltenergierecht.
Das neue Zentrum soll ein interdisziplinäres Arbeitsumfeld schaffen. Aufbauend auf der langjährigen Forschungserfahrung zum Klimawandel und der Erprobung von Möglichkeiten zur Anpassung an die Klimaerhitzung wollen die fünf Initiatoren mit Unterstützung von acht weiteren außeruniversitären staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen aus der Region Mainfranken ein leistungsfähiges, interdisziplinäres Forschungscluster gründen. So soll eine international sichtbare und leistungsstarke neue Forschungsinstitution in Mainfranken entstehen, die auch innovative Konzepte in der Region entwickelt und umsetzt.
Mainfranken: Hotspot des Klimawandels
Die Region Mainfranken ist schon heute stark mit klimatischen Veränderungen konfrontiert. Die Siedlungsräume, besonders die Städte Würzburg und Schweinfurt, sowie die umliegenden land- und forstwirtschaftlich geprägten, insbesondere durch Wein- und Obstanbau gekennzeichneten Kulturlandschaften zählen zu den am stärksten hitzebelasteten und trockensten Regionen Deutschlands. Steigende Temperaturen, Dürrephasen und Extremwetterereignisse führen schon heute zu Herausforderungen für Bevölkerung, Wirtschaft und Natur. Eine weitere Verschlechterung der Situation ist mit fortschreitender Klimaerhitzung zu erwarten.
Mainfranken weist daher bereits jetzt eine klimatische Situation auf, wie sie in 30 bis 50 Jahren für viele andere Regionen zu erwarten ist und ermöglicht damit als Hotspot des Klimawandels einen einzigartigen Blick in die Zukunft. Würzburg ist somit prädestiniert, Standort des WueZAK zu werden, um in diesem Umfeld und mit einer Verankerung in der Region, Lösungen für diese Herausforderungen zu erforschen und praktisch zu erproben.
Ein Reallabor für Präventionsmaßnahmen
Mit dem Zentrum soll durch die Vernetzung von Grundlagenforschung und anwendungsorientierter Forschung mit praktischer Erprobung, Anwendung, Umsetzung und unternehmerischer Ausgründung ein Reallabor für maßgeschneiderte klimatische Präventions- und Anpassungsmaßnahmen entstehen. Die Übertragbarkeit dieser Erkenntnisse auf andere Gegebenheiten in weiteren Regionen wird ebenso wie der Transfer von Wissen und Technologien in Bayern, Deutschland und weltweit im Fokus der Forschung- und Umsetzungsaktivitäten stehen.
Dazu wurden vorerst sechs strategische Leitthemen und Forschungsfelder mit hoher gesellschaftlicher Relevanz definiert. Diese befassen sich mit Siedlungsräumen, Gesundheit und dem Gesundheitssystem, der Land- und Forstwirtschaft sowie der biologischen Vielfalt und den Ökosystemen. Dazu sollen das Risikomanagement im Klimawandel und der Gesellschaft, die Erdsystemmodellierung sowie der Aufbau eines Klimainformationssystems für Bayern in den Blick genommen werden.
Grundfinanzierung durch den Freistaat angestrebt
Um die institutionellen Voraussetzungen für das WueZAK zu schaffen, wollen die fünf Institutionen – gegebenenfalls mit weiteren Akteuren – einen gemeinsamen Verein als Träger des Zentrums gründen. Die Initiative strebt eine Grundfinanzierung durch den Freistaat Bayern an. Neben diesem Finanzierungsbaustein in Höhe von geplanten 75 Millionen Euro für ein gemeinsames Zentrumsgebäude und 12 Millionen Euro jährlich für Personal- und Sachmittel sollen weitere Drittmittel im erheblichen Umfang eingeworben werden. Das Würzburger Zentrum für Angewandte Klimaforschung ist Leitprojekt der Regiopolregion Mainfranken.
Stimmen zu dem geplanten Zentrum
„Der Klimawandel steckt noch in den Kinderschuhen der Entwicklung. Seine Konsequenzen werden wir erst mit einer zeitlichen Verzögerung sehen. Von daher muss jetzt gehandelt werden. Mainfranken ist schon heute von einer außerordentlich hohen Erwärmung und einer starken Reduzierung der Niederschläge im Sommer betroffen. Es kann somit als Blaupause für Veränderungen in anderen Regionen dienen. Was dort noch experimentell untersucht werden muss, können wir hier im Freilandversuch erforschen.“ Prof. Dr. Heiko Paeth, Leiter der Professur für Geographie mit dem Schwerpunkt Klimatologie an der JMU.
„Das Würzburger Zentrum für Angewandte Klimaforschung passt sehr gut zu den Schwerpunkten der Universität. Wir sind schon jetzt ein wichtiger Akteur, der das Thema Nachhaltigkeit in Stadt und Region vorantreibt. Der Forschungsschwerpunkt passt sehr gut zu einer Reihe schon existierender Forschungsprojekte der Uni, die mit dem Zentrum gebündelt und auf ein höheres Niveau gebracht werden können. Darüber hinaus wird die enge Zusammenarbeit mit anderen Akteuren jenseits der Wissenschaft dazu beitragen, den Transfer neuer Forschungsergebnisse in Wirtschaft und Gesellschaft zu intensivieren. Die Universität Würzburg begrüßt es deshalb, dass hier ein leistungsfähiges Forschungscluster gegründet werden soll, das der Region helfen und international ausstrahlen wird.“ Prof. Dr. Paul Pauli, designierter Präsident der JMU.
Hintergrund
Für das WueZAK sollen bestehenden Forschungskapazitäten um weitere Professuren an der JMU, der FHWS und dem UKW sowie Arbeitsgruppen am ZAE und der Stiftung Umweltenergierecht ergänzt werden und weitere Mittel, insbesondere für die praktische Erprobung von Präventions- und Anpassungsmaßnahmen zu Verfügung stehen. Als gemeinsamer Träger und Plattform der gemeinsamen Aktivitäten mit den anderen Beteiligten soll ein eingetragener Verein von den fünf Forschungseinrichtungen gegründet werden. Dieser soll die Arbeiten der verschiedenen Partner bündeln und so eine transdisziplinäre und institutionenübergreifende Forschung und Erprobung ermöglichen.
Zunächst ist ein dreiphasiges Vorgehen geplant: An eine zweijährige Aufbauphase sollen sich zwei fünfjährige Projektphasen mit einer Zwischenevaluierung anschließen. Längerfristig wird eine Verstetigung des WueZAK und eine Kopplung an eine deutsche Forschungsgemeinschaft angestrebt. Neben einer Anschubfinanzierung für die erforderliche bauliche und technische Infrastruktur in Höhe von 75 Millionen Euro wird ein jährlicher Finanzbedarf von 12 Millionen Euro veranschlagt. Ziel der Initiative ist es, dass diese Grundfinanzierung über das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst vom Freistaat Bayern bereitgestellt wird.
Der innovative Ansatz soll in erheblichem Ausmaß Drittmittel für Verbundprojekte unter Federführung des WueZAK ermöglichen und dadurch eine Verstärkung des Grundhaushalts um 50 bis 100 Prozent ermöglichen. Neben der inhaltlichen Arbeit in Forschung und Erprobung sollen auch ein verknüpfender Bachelor-Studiengang sowie zwei interdisziplinäre Master-Studiengänge eingerichtet werden.
Das Projekt WueZAK wird neben den fünf oben genannten Institutionen von folgenden weiteren Beteiligten unterstützt:
- Bayerische Forstschule und Technikerschule für Waldwirtschaft
- Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG)
- Deutsches Zentrum für Herzinsuffizienz (DZHI)
- Deutsches Zentrum für Präventionsforschung und Psychische Gesundheit (DZZP)
- Fraunhofer-Institut für Silicatforschung (ISC)
- Helmholtz-Institut für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI)
- Missioklinik Würzburg
- SKZ – Das Kunststoff-Zentrum
Kontakt
Elisabeth Kranz, Stiftung Umweltenergierecht, T: +49 931 79 40 77-261, kranz@stiftung-umweltenergierecht.de