Anhaltender Rückenwind für die Schmerzforschung
07.01.2025Die Klinische Forschungsgruppe ResolvePAIN wird weiterhin gefördert: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft stellt ihr für die Schmerzforschung in der zweiten Förderperiode acht Millionen Euro zur Verfügung.
Eine so enge Verknüpfung von klinischer und Grundlagenforschung in der Schmerzmedizin mit einer innovativen Fragestellung gebe es nirgendwo sonst in Europa: Das ist eine der zahlreichen Rückmeldungen der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) berufenen Gutachter, nachdem diese sich zum Ende der ersten Förderperiode ein Bild von der Klinischen Forschungsgruppe (KFO 5001) ResolvePAIN gemacht hatten.
Schmerzen auflösen, der Name ist Programm. Konkret will die Forschungsgruppe verstehen, wie Schmerzen nach einer Nervenschädigung wieder abklingen.
„Solche Nervenschäden können verschiedene Ursachen haben, zum Beispiel eine Chemotherapie, die Operation eines Narbenbruchs, ein komplexes regionales Schmerzsyndrom oder Erkrankungen des Immunsystems, die die Nerven angreifen. Wir untersuchen sowohl die zugrundeliegenden biologischen Prozesse, die zur Schmerzlinderung beitragen, als auch Faktoren, die vorhersagen können, ob und wie schnell sich der Schmerz zurückbildet“, sagt Professorin Heike Rittner, Leiterin des Lehrstuhls für Schmerzmedizin am Universitätsklinikum Würzburg und wissenschaftliche Leiterin der Forschungsgruppe. Sprecherin von ResolvePAIN ist die leitende Oberärztin der Neurologie, Professorin Claudia Sommer.
Team aus Würzburg, Leipzig, Berlin und New York
21 Forscherinnen und Forscher aus Wissenschaft und Klinik widmen sich bei ResolvePAIN in neun Arbeitsgruppen und einem zentralen Serviceprojekt interdisziplinär und mit differenzierten Fragestellungen den Mechanismen des Schmerzes und seiner Rückbildung. Aus Würzburg sind der Lehrstuhl Schmerzmedizin sowie die Kliniken beziehungsweise Institute für Anästhesiologie, Neurologie, Chirurgie, Innere Medizin, Neuroradiologie, Psychiatrie und Klinische Neurobiologie beteiligt.
Kooperationspartner sind das Institut für Biologie, Tier- und Verhaltensphysiologie der Universität Leipzig, das Institut für Klinische Physiologie – Ernährungsmedizin der Charité – Universitätsmedizin Berlin sowie das Department of Psychiatry des University of Rochester Medical Center in New York. Als so genannter Mercator Fellow unterstützt Professor Paul Geha aus den USA für zwei Monate im Jahr die Forschungsgruppe bei der Suche nach im funktionellen MRT sichtbaren Korrelaten chronischer Schmerzen und deren Rückbildung im Gehirn.
Brücken zwischen Grundlagen und klinischer Forschung
Derzeit laufen verschiedene klinische Studien zu Nervenschädigungen durch Chemotherapien, Narbenhernienoperationen, dem komplexen regionalen Schmerzsyndrom oder Autoimmunneuropathien.
Ergänzend wird intensive Grundlagenforschung betrieben: Sie reicht von Untersuchungen an der Fruchtfliege zu Mechanismen im Rückenmark über Zell- und Gewebemodelle wie Neuronen aus IPS-Zellen, 3D-Modelle der Spinalganglien und Barrieremodelle bis hin zu präklinischen Studien zur Nervenschädigung, zum Beispiel bei Barrieren oder der Bortezomib-induzierten Polyneuropathie.
Weitere Schwerpunkte sind neuroimmune Mechanismen sowie zentrale Prozesse und die Interaktion zwischen peripherem und zentralem Nervensystem, die mit Methoden wie fMRI, sozialen Interventionen, 7-Tesla-MRT und Mikroneurographie untersucht werden.
Ärztinnen und Ärzte, die sich neben ihrer klinischen Tätigkeit auch wissenschaftlich engagieren wollen, erhalten in den Clinician and Advanced Clinician Scientist-Programmen Freiräume für ihre Forschung. „Durch die Ausbildung forschungsorientierter Ärztinnen und Ärzte können wir langfristig Brücken zwischen Grundlagenforschung und klinischer Anwendung schlagen”, sagt Heike Rittner. Sie ist stolz auf ihre engagierten und gemischten Teams. Bis auf eine Ausnahme ist bei jedem Projekt auch eine Frau in der Projektleitung.
Acht Millionen Euro für weitere vier Jahre
Die bisherigen Strukturen, Projekte und Ergebnisse haben die Jury überzeugt. Die DFG unterstützt die Forscherinnen und Forscher in einer zweiten Förderperiode mit über acht Millionen Euro für weitere vier Jahre.
„Das ist eine einmalige Chance, in dem großen Team die Schmerzforschung sowohl mechanistisch als auch diagnostisch voranzubringen, so dass am Ende den Patientinnen und Patienten mit diesen Erkrankungen passgenau besser geholfen werden kann. Das wird die Universitätsmedizin Würzburg und das Zentrum für interdisziplinäre Schmerzforschung national und international weit sichtbar machen“, freut sich Claudia Sommer.
Forschungsgruppen der DFG
Mit der Förderung von Forschungsgruppen ermöglicht die DFG Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, sich aktuellen und drängenden Fragen ihres Faches zu widmen und innovative Arbeitsrichtungen zu etablieren. Sie werden bis zu acht Jahre gefördert. Von den derzeit über 200 geförderten Forschungsgruppen sind zwölf Klinische Forschungsgruppen (KFO), die sich durch eine enge Verzahnung von wissenschaftlicher und klinischer Arbeit auszeichnen. Im Dezember 2024 hat der Hauptausschuss der DFG beschlossen, acht neue Forschungsgruppen einzurichten und die Förderung von zwei weiteren Forschungsgruppen sowie einer Klinischen Forschungsgruppe zu verlängern.