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Kollege Algorithmus

17.01.2023

Alicia von Schenk ist mit gerade einmal 26 Jahren zur Juniorprofessorin an der Uni Würzburg ernannt worden. Die Wirtschaftswissenschaftlerin interessiert sich besonders für die Interaktion von Menschen und künstlicher Intelligenz.

Mit 15 das Abitur in der Tasche, mit 25 die Promotion. Jetzt ist Alicia von Schenk Juniorprofessorin an der Uni Würzburg.
Mit 15 das Abitur in der Tasche, mit 25 die Promotion. Jetzt ist Alicia von Schenk Juniorprofessorin an der Uni Würzburg. (Bild: privat)

Alicia von Schenk ist eine der jüngsten Professorinnen in Deutschland – und dementsprechend gefragt von den Medien. Bayerischer Rundfunk, Funkhaus Würzburg, Main-Post, Münchner Merkur und bald auch SAT 1: Alle berichten über die mittlerweile 27-Jährige, die seit dem 1. September 2022 die Juniorprofessur für Angewandte Mikroökonomie mit einem Schwerpunkt auf Mensch-Maschine-Interaktion an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) inne hat.

Früh dran war Alicia von Schenk schon immer. Bereits als 15-Jährige hat sie ihr Abitur in Heidelberg abgelegt – als Jahrgangsbeste mit der Note 1,0. Anschließend studierte sie Mathematik, zunächst in Heidelberg und dann in Frankfurt im Parallelstudium mit Wirtschaftswissenschaften. Nach dem Master in Mathematik absolvierte sie ein weiteres Masterstudium in Quantitative Economics an der Graduate School for Economics, Finance, and Management in Frankfurt.

Im April 2021 hat sie mit 25 Jahren ihre Promotion in Volkswirtschaftslehre an der Goethe-Universität Frankfurt mit summa cum laude abgeschlossen. In ihrer Arbeit hat sie sich mit der Ökonomik von Organisationen und dem Einfluss künstlicher Intelligenz beschäftigt – ein Gebiet, das auch heute noch einen Schwerpunkt ihrer Forschung bildet. Vor ihrem Wechsel an die Universität Würzburg war sie als Postdoktorandin am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin tätig.

Alicia von Schenks Forschungsschwerpunkte

Die Interaktion von Menschen und Maschinen: So könnte eine Überschrift über Alicia von Schenks Forschungsinteressen lauten – natürlich immer aus dem speziellen Blickwinkel der Ökonomik. „Mich interessiert, wie sich Menschen in bestimmten Situationen entscheiden, wenn sie mit einem Algorithmus zu tun haben“, sagt die Juniorprofessorin.

Ein Beispiel hierfür: Dort, wo Menschen Gruppen oder Gesellschaften bilden, muss der Einzelne sich engagieren, „eine persönliche Investition tätigen“, wie von Schenk sagt, um Kooperation und ein soziales Optimum zu erreichen. Problematisch wird die Angelegenheit, wenn einzelne Mitglieder nicht den erforderlichen Beitrag leisten – nicht genug investieren beziehungsweise nicht kooperieren. Dann braucht es einen institutionellen Rahmen oder ein Management, um doch noch das soziale Optimum zu erzielen.

Bekannt ist dies auch als „Öffentliche-Güter-Spiel“ aus der Spieltheorie, einer mathematischen Darstellung von strategischen Entscheidungssituationen. Ob Menschen sich damit arrangieren könnten, wenn diese Institution nicht von einem Menschen, sondern einem Algorithmus geführt würde: Für solche Fragen interessiert sich Alicia von Schenk.

Interesse an klassischen ökonomischen Fragen

In Simulationen konnte sie bereits zeigen, dass diese Algorithmen beziehungsweise eine solche Form künstlicher Intelligenz sehr effizient darin ist herauszufinden, wie Gruppen gemanagt werden müssen, um das Optimum an Kooperation zu erreichen. Ob Menschen dazu bereit sind, diese Entscheidungen zu akzeptieren, untersucht sie nun in verhaltensökonomischen Experimenten mit realen Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

Können wir die Akzeptanz von algorithmischen Systemen erhöhen, indem wir den Endnutzer in deren Gestaltung einbeziehen? Wie wirkt sich der Einsatz von People Analytics auf die Mitarbeiterzufriedenheit aus? Auch dies sind Fragen, mit denen sich Alicia von Schenk beschäftigt.

Und natürlich ignoriert sie eher klassisch ökonomische Themen nicht, unter anderem aus der Organisationsökonomik, wie beispielsweise die Frage, ob es Gruppen gelingt, sich ohne Einflussnahme von außen in Hierarchien zu organisieren, oder welchen Einfluss Kommunikation auf motivierte Überzeugungen, also eine verzerrte Wahrnehmung zum eigenen Vorteil, hat. „Mir ist es wichtig, auch Erkenntnisse aus der Psychologie in die Ökonomik einzubringen“, sagt die Professorin.

Die KI sucht nach potenziellen Partnern

Weil ihr der Transfer aus der Wissenschaft in die Praxis wichtig ist, hat Alicia von Schenk schon während ihrer Promotion ein Unternehmen gegründet: die brAln-cloud Al GmbH. Das Startup sei ein „Testballon für die praktische Anwendung quantitativer Methoden der Informationsverarbeitung durch künstliche Intelligenz“ sagt sie. Ziel ist es, mit Hilfe künstlicher Intelligenz Netzwerke zu schaffen, um neue Geschäftsbeziehungen aufzubauen oder die Zusammenarbeit unterschiedlichster Akteure aus Wirtschaft und Wissenschaft zu fördern.

„Wir haben dafür mit einer Startup-Community in Frankfurt zusammengearbeitet, bei der Studierende ihre Ideen einreichen konnten“, erklärt von Schenk. Ein Textanalyse-Tool hat diese schriftlichen Skizzen analysiert und anschließend potenzielle Gründerinnen und Gründer mit zueinander passenden Ideen zusammengebracht. Das Prinzip lässt sich auch auf die akademische Welt übertragen, findet die Juniorprofessorin: „Es geht darum, Leute miteinander in Kontakt zu bringen, die ähnliche Interessen haben, aber möglicherweise weit entfernt in verschiedenen Fakultäten und Instituten der Uni sitzen und nichts voneinander wissen.“

Verhaltensökonomik in der Lehre

Ökonomische und ethische Aspekte von künstlicher Intelligenz und Digitalisierung spielen auch eine wichtige Rolle in Alicia von Schenks Lehrangebot – etwa in ihrem Seminar „Topics on Economics and Ethics of Artificial lntelligence“, in dem sie neueste Forschungsarbeiten vorstellen und diskutieren möchte. Ansonsten plant sie, Studierende an angewandte mikroökonomische Themen wie die Verhaltensökonomik heranzuführen, und dabei unter anderem die, wie sie sagt, „Modell-Annahme des Menschen als vollständig rationalen Nutzenmaximierers“ zu lockern. Dazu gehört, beispielsweise, wie es möglich ist, Vorsätze einzuhalten, oder ob es Muster in irrationalem Verhalten gibt.

Warum hat sich Alicia von Schenk für die Universität Würzburg entschieden – obwohl sie unter anderem auch ein Angebot einer Business School in Paris auf ihrem Schreibtisch hatte? „Ich habe den Eindruck, dass meine Forschungsinteressen sich zum einen sehr gut in den Forschungsschwerpunkt ‚Digitale Transformation‘ an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät einfügen“, sagt sie. Zum anderen sehe sie an der JMU das Potenzial, mit innovativen Projekten in der Forschung und neuen Lehrveranstaltungen und Schwerpunkten an einer sehr dynamischen Fakultät ihre eigenen Perspektiven einbringen zu können.

An der Uni Würzburg hat sie nun eine sogenannte Tenure-Track-Professur inne. Wenn sie sich bewährt, steht in ein paar Jahren einem Ruf auf einen Lehrstuhl nichts im Wege. Dann möglicherweise ja als eine der jüngsten Lehrstuhlinhaberinnen in Deutschland.

Kontakt

Prof. Dr. Alicia von Schenk, Juniorprofessur für Angewandte Mikroökonomie, insbesondere Mensch-Maschine-Interaktion, T: +49 931 31-86107, alicia.vonschenk@uni-wuerzburg.de

Von Gunnar Bartsch (mit Informationen der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät)

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