„Man muss auch mal mit Schülern lachen“
27.10.2020Auf eine offizielle Feier müssen die Absolventinnen und Absolventen eines Lehramtsstudiums an der Uni Würzburg in diesem Jahr coronabedingt verzichten. Dafür berichten zwei der Prüfungsbesten, wie sie diese Zeit erlebt haben.
Ob Antike, Mittelalter oder Roaring Twenties: Christian Schmidt liebt es, in die verschiedenen historischen Epochen einzutauchen. „Geschichte hat mich während meiner ganzen Schulzeit hindurch immer interessiert“, sagt der 26-Jährige. Was an guten Geschichtslehrern lag. Nach dem Abi beschloss Schmidt, selbst Lehrer zu werden. Kürzlich schloss er sein Lehramtsstudium an der Universität Würzburg als Prüfungsbester unter allen angehenden Gymnasiallehrinnen und Gymnasiallehrern ab.
Natürlich gehört bei Prüfungen immer auch ein Quäntchen Glück dazu. Doch ohne echtes und tiefes Interesse am Stoff sind Glanzleistungen unmöglich. Christian Schmidt fasziniert Geschichte ebenso wie Latein, sein zweites Studienfach. Sorgfältig bereitete er sich auf das Staatsexamen vor. Im März hätten die ersten Prüfungen stattfinden sollen: „Dann las ich plötzlich, dass sie wegen Corona verschoben wurden.“ Der ganze Lernzeitplan war damit hinfällig. Mehrere Wochen hingen Christian Schmidt und seine Kommilitonen in der Luft: Wann würden sie nun geprüft werden? Dann war endlich klar: Ab Mai würde es weitergehen. Schmidt hatte seine letzte Prüfung am 12. Juni.
Intensive Erfahrungen im Praktikum
Normalerweise wird die Spitzenleistung der besten Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Ersten Staatsexamen in den verschiedenen Schularten bei einer Akademischen Abschlussfeier gebührend gewürdigt. Dafür sorgt die Professional School of Education (PSE), von der die Feiern am Ende eines jeden Semesters ausgerichtet werden. Im Sommersemester 2020 mussten die Absolventinnen und Absolventen auf die Feier verzichten. Auch der Start ins Referendariat war diesmal anders als sonst. Christian Schmidt allerdings war davon nicht betroffen. Der junge Mann beschloss, erst später ins Referendariat einzusteigen: „Ich möchte zunächst in Geschichte promovieren.“
Schmidt wird also noch nicht in die Praxis umsetzen, was er in den letzten Jahren gelernt hat. In den Praktika während des Studiums konnte er allerdings feststellen, dass ihm der Lehrerberuf tatsächlich liegt. Der junge Mann, der in Bad Neustadt an der Saale groß wurde, leistete sein Orientierungspraktikum an einer Grundschule ab. Als besonders intensiv erlebte er das Blockpraktikum in Mellrichstadt: „Hier habe ich viele Stunden halten können und die Klasse richtig gut kennen gelernt.“ Weitere Erfahrungen sammelte er in den Gymnasien in Münnerstadt und Marktheidenfeld.
Sich mit Geschichte zu befassen, bedeutet, über den Tellerrand zu schauen: Wie haben Menschen in früheren Zeiten gelebt? Wie haben sie gedacht? Wie die Welt wahrgenommen? Ein guter Lehrer schafft es, dies interessant zu vermitteln, sagt Schmidt: „So dass die Schüler merken, dass sie die Sache wirklich betrifft.“ In seinen Praktika erlebte Schmidt, dass ihm dies gut gelang.
Lernerfolg als Bestätigung der eigenen Arbeit
Wissen kann völlig neue Wege öffnen – was Einstellungen, Interessen und vor allem auch, was berufliche Karrieren anbelangt. „Wenn man merkt, dass die Kinder etwas dazugelernt haben, dann ist das eine schöne Belohnung für die eigene Arbeit“, sagt Daniel Deichert, der bei der Examensprüfung als Bester unter allen angehenden Mittelschullehrerinnen und Mittelschullehrern abschnitt. Als er selbst noch Schüler war, hatte es den 23-Jährigen aus Burgsinn immer gedrängt, Neues zu lernen. Aus diesem Grund begann er auch, sich für den Lehrerberuf zu interessieren. Nur kurze Zeit träumte er zwischendurch von einem anderen Job: „Früher wollte ich Anwalt werden.“
Als Lehrer vor einer Klasse zu stehen, ist für Studierende am Anfang noch ungewohnt. Auch Daniel Deichert behält die Praktika während des Studiums als herausfordernd in Erinnerung: „Das betraf vor allem die Vorbereitung der ersten eigenen Unterrichtsstunden und auch das Gefilmtwerden in meinem Biologiepraktikum.“ Grundsätzlich seien die Praktika jedoch mit das Schönste im Studium gewesen: „Es war gut, neben der ganzen Theorie was Praktisches zu machen.“ Vor allem die studienbegleitenden Praktika brachten ihm viel: „Hier bekommt man einmal über einen längeren Zeitraum, also nicht nur für ein paar Wochen, Einblick in eine Schule.“
Langer Unterrichtsausfall macht sich bemerkbar
Junge Referendare übernehmen normalerweise Klassen, die bis dato von einem erfahrenen Kollegen intensiv geführt wurden. Durch die Corona-Pandemie ist alles anders. Was der Lehrernachwuchs deutlich zu spüren bekommt. „Durch den langen Unterrichtsausfall gibt es im Moment viel aufzuholen“, schildert Daniel Deichert. Dass die Kinder lange nicht mehr in der Schule waren, sei nicht zuletzt an fehlenden Routinen zu spüren. So sei es noch immer nicht wieder selbstverständlich, dass die Hefte bereitliegen. Oder dass die Hausaufgaben notiert werden: „All dies ist nur schwer wieder einzuschleifen.“
Daniel Deichert überlegt sich im Vorfeld der Unterrichtstunden immer ganz genau, was er den Schülerinnen und Schülern vermitteln möchte. „Damit die Stunden gut laufen, muss man als Lehrer wissen, wo die Reise hingehen soll“, erklärt er. Die Kinder sollten den „roten Faden“ einer jeden Stunde erkennen. Ein Lehrer ist für Daniel Deichert schließlich dann ein guter Pädagoge, wenn er es schafft, flexibel und spontan zu sein: „Meist läuft ja doch nicht alles so, wie man es geplant hat, dann muss man rasch umentscheiden können.“ Zudem sei eine gute Dosis Humor wichtig: „Man muss mit den Schülern auch mal lachen, sonst macht es ihnen und auch einem selbst irgendwann keinen Spaß mehr.“