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Medienstrafrecht als Schwerpunkt

13.06.2017

Tobias Reinbacher (44) ist als neuer Professor für Strafrecht und Strafprozessrecht an die Universität Würzburg gekommen. Für die Jura-Studierenden hat er innovative Lehrveranstaltungen im Gepäck.

Professor Tobias Reinbacher. (Foto: Robert Emmerich)
Professor Tobias Reinbacher. (Foto: Robert Emmerich)

Strafrecht, Strafprozessrecht, Wirtschaftsstrafrecht und vor allem Medienstrafrecht: Das sind die Schwerpunkte des neuen Jura-Professors Tobias Reinbacher.

Worum es im Medienstrafrecht gehen kann? Das zeigte sich zum Beispiel 2016, als der Satiriker Jan Böhmermann im Fernsehen ein Schmähgedicht auf den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan vortrug: Ein Fall einer möglichen Beleidigung eines Staatsoberhauptes, der in Deutschland strafrechtlich letztlich zwar nicht verfolgt wurde, jedoch hohe Wellen schlug. Aber auch Hackerangriffe auf politische Parteien, das Verbreiten von Fake-News in Sozialen Medien oder Cybermobbing fallen unter das Medienstrafrecht.

Die Rechtswissenschaft stellt dabei zuerst die Frage, wie solche Vorgänge juristisch zu bewerten, ob sie strafrechtlich überhaupt relevant sind. Existieren schon Gesetze, die den jeweiligen Fall abdecken? Gibt es Gesetzeslücken? Oder vielleicht sogar zu viele strafrechtliche Regelungen, so dass eine Entschlackung nötig wäre?

Einzigartig: Der Fall des Monats im Strafrecht

Ein vielfältiges Gebiet also, das der neue Professor vertreten wird. Die Studierenden der Rechtswissenschaft können sich dabei auf innovative Lehrveranstaltungen freuen. Von der Humboldt-Universität zu Berlin, wo Reinbacher zuvor tätig war, bringt er das deutschlandweit einmalige Projekt „Der Fall des Monats im Strafrecht“ mit an die Uni Würzburg.

Die Studierenden verfassen dabei Anmerkungen zu aktuellen höchstrichterlichen Entscheidungen. Ihre Ergebnisse werden in einem Seminar besprochen und nötigenfalls verbessert. „Sie lernen so das wissenschaftliche Schreiben und Diskutieren“, sagt Reinbacher. Außerdem müssen sie eigene Meinungen und Kritikfähigkeit entwickeln, denn ihre Ansichten müssen sie im Seminar auch verteidigen.

Der Clou bei der Sache: Die Anmerkungen werden in der monatlich erscheinenden Online-Zeitschrift „famos“ veröffentlicht, die mit Reinbacher von Berlin nach Würzburg umzieht. Das bringt Pluspunkte für Bewerbungen, denn die Studierenden können damit schon auf eine eigene Publikation verweisen. „Die Zeitschrift ist gut etabliert, sie hat über 7.000 Abonnentinnen und Abonnenten und ihre Inhalte werden sogar in juristischen Kommentaren zitiert“, so der neue Professor.

Workshop: Examensklausur im Strafrecht

Als Besonderheit bietet Reinbacher auch den Workshop „Examensklausur im Strafrecht“ an: Die Studierenden lösen Original-Examensklausuren, bei denen rechtswissenschaftliche Gutachten zu einem konkreten Fall zu schreiben sind. Sie können sich dabei den speziellen Gutachten-Schreibstil und auch das nötige Zeitmanagement aneignen – Examensklausuren sind in nur fünf Stunden zu absolvieren.

„In dem Workshop behandeln wir das Thema ausführlicher als in den üblichen Klausurenkursen“, erklärt Reinbacher. Die Studierenden dürfen auch die Klausuren ihrer Kommilitonen korrigieren. „Es ergibt einen zusätzlichen Lerneffekt, wenn sie die Seite wechseln und in die Rolle der Korrektoren schlüpfen.“

Perspektivenberatung bei fehlendem Staatsexamen

Tobias Reinbacher engagiert sich seit Jahren ehrenamtlich in der Perspektivenberatung für Jurastudierende ohne Staatsexamensabschluss. Sein Antrieb: „Ich finde, wir haben auch eine soziale Verantwortung für die Juristen, die wir an der Universität ausbilden.“

Der Professor hilft betroffenen Studierenden zum Beispiel bei der Frage, wie sie die an der Uni erbrachten Leistungen nutzen können, um etwa an Fachhochschulen noch einen Bachelor-Abschluss zu erlangen. Oder er informiert sie über alternative Tätigkeitsmöglichkeiten in der Rechtspflege, bei der Polizei und in anderen Bereichen, an die nicht jeder sofort denkt.

Werdegang des Professors

Tobias Reinbacher, 1972 in Wiesbaden geboren, hat Rechtswissenschaft an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main studiert und sein Referendariat beim Kammergericht in Berlin absolviert.

Nach dem zweiten Staatsexamen war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an einem Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht und Urheberrecht an der Humboldt-Universität zu Berlin. Dort fertigte er auch seine Dissertation an, die mit dem Wissenschaftspreis 2006 der Deutschen Stiftung für Recht und Informatik ausgezeichnet wurde.

Für seine Habilitationsschrift („Das Strafrecht im Mehrebenensystem. Modelle der Verteilung strafrechtsbezogener Kompetenzen“) absolvierte er mehrere mit Stipendien geförderte Forschungsaufenthalte, unter anderem an der Harvard Law School und am King's College London. Die Habilitation an der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität erfolgte 2014. Nach Lehrstuhlvertretungen in München, Augsburg und Berlin wurde Reinbacher zum 1. April 2017 nach Würzburg berufen.

Kontakt

Prof. Dr. Tobias Reinbacher, Professur für Strafrecht und Strafprozessrecht, Universität Würzburg,
T +49 931 31-88809, tobias.reinbacher@jura.uni-wuerzburg.de

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