Mehr als nur „Quotenfrauen“
29.10.2019Frauen haben es schwer in der Wirtschaft. Das belegen die Zahlen. Die 8. Auflage von „Wirtschaft trifft Wissenschaft“ drehte sich rund um das Thema Gleichstellung. Dabei wurde klar: Es sind noch einige Hürden zu nehmen.
Als Christina Felfe de Ormeño die Bühne betritt, dauert es nur wenige Sekunden, bis sie das Audimax für sich gewonnen hat. Felfe de Ormeño ist Professorin an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU). Sie spricht leidenschaftlich und doch sachlich. Denn die Expertin für Arbeitsmarktökonomik weiß: Sie hat die Fakten auf ihrer Seite. „Gleichstellung in der Wirtschaft, ist das nicht eine alte Kamelleß“, fragt sie in den Raum. Die Antwort muss sie nicht geben. Die projizierten Grafiken hinter ihr sprechen für sich.
Wissenschaft belegt: Frauen haben es schwerer als Männer
Seit 2012 gibt es das Format „Wirtschaft trifft Wissenschaft“. Einmal jährlich treffen sich seitdem die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät und die IHK Würzburg-Schweinfurt. Es geht um gegenseitigen Austausch. So auch an diesem Abend: „Ich meine das nicht wertend, aber so sind die Zahlen“, sagt Felfe de Ormeño. Ihr Vortrag soll keine Anklage sein, sondern vielmehr ein Impuls zum Nachzudenken: Darüber ob es sich eine Gesellschaft leisten will, Frauen anders zu behandeln als Männer.
Wie aber lauten die Zahlen denn? Zum Beispiel wie folgt: Das durchschnittliche Jahreseinkommen der Männer lag 2018 mehr als 12.000 Euro über dem der Frauen. Noch immer verdienen Frauen pro Stunde im Schnitt etwa 20 Prozent weniger als Männer. Es gibt weniger weibliche Führungskräfte als männliche – und sie verdienen weniger. Und vielleicht am gravierendsten: Vor allem nach dem ersten Kind haben Frauen im Gegensatz zu Männern mit deutlichen Gehaltsausfällen zu rechnen. Die sogenannte „langfristige spezifische Entgeltlücke“ liegt derzeit in Deutschland bei etwa 59 Prozent. Kinderkriegen bedeutet für die meisten Frauen auch: auf Geld verzichten.
Wie Frauen dem Ungleichgewicht begegnen
Was der Abend im Audimax aber auch gezeigt hat: Es gibt Frauen, die sich damit nicht zufriedengeben. Elisabeth Baumann ist eine von ihnen. Sie hat ihren Master in der Tasche, arbeitet jetzt als Doktorandin am Lehrstuhl für China Business & Economics. Nebenbei engagiert sie sich bei „Women@WiWi“. Dabei handelt es sich um ein Netzwerk junger Wissenschaftlerinnen der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät. „Dem Vorwurf, der schon öfter kam, wir würden Männer benachteiligen – dem kann ich widersprechen“, sagt Elisabeth Baumann. Das Netzwerk will den männlichen Kollegen nichts wegnehmen. Es geht schlicht darum, mehr Frauen für eine Promotion zu begeistern. Seit dem Jahr 2000 gab es an der Fakultät keinen signifikanten Anstieg unter den Doktorandinnen. Auf eine Frau kommen zwei Männer.
Ein Umstand, den auch Angelique Renkhoff-Mücke nur zu gut kennt, wie sie in ihrem Vortrag sagt. Sie ist Vorstandsvorsitzende der Warema Renkhoff SE im nahegelegenen Marktheidenfeld. Etwa 4.400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter produzieren bei Warema Jalousien, Sonnensegel oder Rollos. Das Unternehmen zu führen, war gerade am Anfang nicht immer einfach, sagt Renkhoff-Mücke. 1998 hat sie den Betrieb ihres Vaters übernommen. 35 Jahre war sie da alt. Ein großer Teil der Belegschaft nahm sie neutral bis positiv auf. Gerade im Management hätten sich aber einige schwer mit ihr getan. „Da hat man mal ausgetestet, wie viel ich aushalte“, sagt Renkhoff-Mücke. Sie rät gerade jungen Frauen dazu, mutig zu sein. Ihr Tipp: Augen zu und durch. Manchmal dürfe man nicht zu lange grübeln. Einfach mal machen. Renkhoff-Mücke sagt: „Die Männer fragen sich in den meisten Fällen nicht, ob sie sich einen Job auch zutrauen.“
Viel Lob für die Referentinnen
Das alles kommt bei den Zuhörenden im Audimax an. Etwa 120 Leute sind gekommen. Vielleicht etwas mehr Frauen als Männer, es hält sich jedoch weitgehend die Waage. Kritische Nachfragen gibt es wenige. Gleich mehrere Zuhörerinnen bedanken sich in Wortmeldungen für die Vorträge. Eine Mathematikstudentin sagt: „Mir geht es oft so, dass mir die weiblichen Vorbilder fehlen. Deshalb bitte ich darum, solche Veranstaltungen öfter zu machen.“
Der anschließende Weinempfang im Lichthof der Neuen Universität leert sich nur langsam. Es wirkt als gebe es zum Thema Gleichstellung noch einiges an Redebedarf.