Mehr als Röntgen: die Universität 1895
10.11.2020Geht es um die Uni Würzburg im Jahr 1895, geht es in der Regel um die Entdeckung der Röntgenstrahlen. Doch in diesem Jahr passierte an der Universität noch mehr – unter anderem liefen zwei große Bauprojekte.
Im Jahr 2020 dreht sich an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) Vieles um Wilhelm Conrad Röntgen: Vor 125 Jahren entdeckte der Physikprofessor die Röntgenstrahlung und verdiente sich damit den ersten Nobelpreis.
Das Universitätsarchiv nimmt das Röntgen-Jubiläum zum Anlass, um das Jahr 1895 einmal genauer zu betrachten. Es möchte einige Zeitgenossen Röntgens aus dessen Schatten holen und berichten, was an der JMU damals sonst so los war. Für einBLICK geht das Uniarchiv in einer Serie auf eine kleine Entdeckungsreise. Im ersten Teil geht es um zwei große Bauprojekte.
Ein Prometheus für die Neue Universität
Der Aufschwung der Medizin und der Naturwissenschaften sorgte im 19. Jahrhundert für zunehmende Immatrikulationszahlen an der JMU. Doch wohin mit den ganzen Studierenden? Die Gebäude der Universität reichten längst nicht mehr aus.
Bereits in den 1870er-Jahren nahm der Senat einen Neubau in den Blick. Allerdings war zunächst eine Umsiedlung des Buchbestandes der Universität geplant. Die Vorlesungen sollten weiterhin in den altehrwürdigen Räumen in der Domerschulgasse stattfinden.
Im Dezember 1876 wurde der Baugrund am heutigen Sanderring gewählt. Dann aber geriet das Bauvorhaben für einige Jahre in Vergessenheit. Erst 1885 brachte Professor Georg Schanz die Angelegenheit bei einer Senatssitzung wieder auf den Tisch. Er schlug vor, die Bibliothek und das kunstgeschichtliche Museum in den alten Universitätsräumen unterzubringen und stattdessen den Neubau am Sanderring für die Lehre zu nutzen.
1892 begann schließlich die vierjährige Bauzeit der Neuen Universität. Im Jahr 1895 befand sich der Bau des zukünftigen Hauptgebäudes der JMU in vollem Gange. Aus dieser Zeit stammt auch der Entwurf der Figurengruppe, die auf den Mittelbau aufgesetzt werden sollte.
Vom 22. Mai bis 25. November 1895 konnten bayerische Künstler ihre Gestaltungsvorschläge vorbringen. Hubert Netzer schaffte es mit seiner Idee zu „Prometheus“, den Wettbewerb für sich zu entscheiden. So thront seit 1897 die griechische Sagengestalt, welche die Fackeln des geistigen Fortschritts emporschwingt, auf dem Universitätsbau.
Das am besten ausgerüstete Chemie-Institut in Deutschland
Im Jahr 1895 befand sich ein weiteres Gebäude in Arbeit. Die steigenden Studierendenzahlen machten sich auch am Institut für Chemie bemerkbar. Zwar war erst 1866 ein Neubau in der Maxstraße errichtet worden, doch bot dieser schon 20 Jahre später kaum noch Platz für die Studierenden. Insbesondere das chemische Praktikum war aufgrund des Raummangels nicht mehr durchführbar.
1894 wurde darum mit dem Bau eines neuen Gebäudes am Pleicher Ring 11 (ab 1909 Röntgenring 11) begonnen. Dieses war bis 1892 von Emil Fischer geplant worden. Der spätere Nobelpreisträger hatte durch sein hohes Ansehen das Staatsministerium des Inneren dazu bewegen können, einen Neubau zu genehmigen.
Ausgeführt wurde der Bau von Fischers Nachfolger Arthur Hantzsch, der den ersten Entwürfen noch einen Seitenflügel an der Westseite anfügte. 1896 wurde das Chemiegebäude eingeweiht - mit eigener Dienstvilla für den Institutsleiter.
Das zweistöckige Gebäude war mit zwei großen Laboratorien und mit Verwaltungs- und Nebenräumen ausgestattet. Hinzu kamen einige Privatlaboratorien und der sogenannte Medizinersaal im Seitenflügel. Auch ein Hörsaal wurde eingerichtet.
Emil Fischer war so von dem neuen Gebäude am Pleicher Ring begeistert, dass er es als "den am besten ausgerüsteten Institutsbau für Chemie in Deutschland" betitelte.