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Mehr lebendiges Totholz im Wald

30.06.2020

Tote oder absterbende Bäume haben im Wald eine wichtige ökologische Funktion. Wie man hier Naturschutz und Waldnutzung in Einklang bringen kann, erforscht das Projekt BioHolz, das nun ausgezeichnet wurde.

Manche Ameisenarten bauen ihre Nester in Totholz. Zurück bleiben teils papierdünne Zwischenwände, wodurch noch stehende Baumstämme instabil werden und zusammenbrechen können.
Manche Ameisenarten bauen ihre Nester in Totholz. Zurück bleiben teils papierdünne Zwischenwände, wodurch noch stehende Baumstämme instabil werden und zusammenbrechen können. (Bild: Stefan Hotes)

Tote Bäume sind sehr lebendig: Sie bieten vielen Tier-, Pilz- und Pflanzenarten wichtige Lebensräume und wertvolle Nahrungsquellen. Der Wunsch nach einem „aufgeräumten“ und wirtschaftlich profitablen Wald führt aber oft dazu, dass nur noch sehr wenig Holz „ungenutzt“ im Wald bleibt.

Darum sucht das Verbundprojekt BioHolz unter Federführung der Philipps-Universität Marburg nach neuen Wegen, um die unterschiedlichen Ansprüche von Forstwirtschaft, Naherholung, Tourismus und Naturschutz an Wälder und Holz miteinander in Einklang zu bringen. Dafür wurde BioHolz nun als offizielles Projekt der UN-Dekade Biologische Vielfalt ausgezeichnet. Die Auszeichnung geht an Initiativen, die sich in vorbildlicher Weise für die Erhaltung der biologischen Vielfalt einsetzen.

Zwei Professoren der JMU forschen mit

Von der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg sind im Projekt BioHolz zwei Professoren vertreten: der Geograph Hubert Job und der Waldökologe Jörg Müller.

Das Team von Professor Hubert Job befasst sich am JMU-Lehrstuhl für Geographie und Regionalforschung seit vielen Jahren mit Fragen rund um das sozioökonomische Management von Großschutzgebieten. In BioHolz erforscht Job zusammen mit Fachleuten der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, wie verschiedene gesellschaftliche Gruppen die Ökosystemleistungen des Waldes wahrnehmen und bewerten.

Professor Jörg Müller organisiert die Totholzexperimente im Bayerischen Wald. Dabei liegt der Hauptfokus auf der Diversität von Käfern und Pilzen. Aus den Ergebnissen möchte sein Team Handlungsempfehlungen für eine verbesserte Waldbewirtschaftung ableiten.

Tote Bäume möglichst im Wald lassen

Spechte, Fledermäuse, Käfer und Pilze -– sie alle profitieren von Alt- und Totholz im Wald. „Wer die Artenvielfalt unterstützen und aktiven Naturschutz betreiben möchte, sollte tote oder absterbende Bäume in seinen Wäldern möglichst erhalten“, sagt Projektkoordinatorin Juliane Röder von der Philipps-Universität. „Sie sind ein wertvoller Teil naturnaher Wälder und Grundlage für wichtige ökologische Prozesse. Das bedeutet aber auch, dass der beste Naturschutz manchmal darin besteht, nichts zu tun – und das kann sehr schwer sein“, sagt Röder.

Wenn Wälder mit dem Ziel bewirtschaftet werden, möglichst viel Holz zur Nutzung in der Industrie, als Bau- und Möbelholz oder als Energiequelle zu produzieren, sinkt der Anteil alter und absterbender Bäume. Zur Maximierung der Holzproduktion wurden Baumplantagen mit Bäumen gleichen Alters geschaffen, optimiert für die Bewirtschaftung mit großen Maschinen.

Forstwirtschaft langfristig profitabel halten

„Dieses Konzept gilt zwar längst als veraltet, doch der Umbau eines Waldes dauert Jahrzehnte“, sagt Röder. Die extreme Dürre der vergangenen Jahre habe diesen Prozess schmerzhaft beschleunigt. Doch noch sei nicht klar, welche Entscheidungen heute zu treffen sind, um die robusten, artenreichen, wirtschaftlich und gesellschaftlich profitablen Wälder von morgen zu fördern.

„Im Projekt entwickeln und erproben wir Strategien, wie Forstwirtschaft nicht nur trotz, sondern auch durch den Schutz der Biodiversität und von Ökosystemleistungen langfristig profitabel bleiben kann. Das geht natürlich nur mit gesellschaftlichem Rückhalt. Deshalb arbeiten im Projekt Partnerinnen und Partner aus Forschung, Forstpraxis und Naturschutz eng zusammen“, sagt Röder.

„Gesellschaftliche Akzeptanz mitgedacht“

Das heißt auch die UN-Dekade-Fachjury gut: „Die gesellschaftliche Akzeptanz wurde in diesem Projekt mitgedacht“ sagt Ulrich Dohle, Bundesvorsitzender des Bunds Deutscher Forstleute und Mitglied der Jury, in einer Videobotschaft.

Neben einer Urkunde und einem Auszeichnungsschild erhält BioHolz einen „Vielfalt-Baum“. Er steht symbolisch für die bunte Vielfalt und einzigartige Schönheit der Natur, zu deren Erhaltung das Projekt einen wertvollen Beitrag leistet. Ab sofort wird das Projekt außerdem auf der Webseite der deutschen UN-Dekade vorgestellt.

Zur UN-Dekade

Die Auszeichnung zum UN-Dekade-Projekt findet im Rahmen der Aktivitäten zur UN-Dekade Biologische Vielfalt statt, die von den Vereinten Nationen für den Zeitraum von 2011 bis 2020 ausgerufen wurde. Ziel der internationalen Dekade ist es, den weltweiten Rückgang der biologischen Vielfalt aufzuhalten. Dazu strebt die deutsche UN-Dekade eine Förderung des gesellschaftlichen Bewusstseins in Deutschland an. Die Auszeichnung nachahmenswerter Projekte soll Menschen dazu bewegen, selbst im Naturschutz aktiv zu werden.

Das Projekt BioHolz

Das Projekt BioHolz wird im Rahmen der Förderinitiative "Forschung zur Umsetzung der Nationalen Biodiversitätsstrategie" mit über drei Millionen Euro durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sowie durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) gefördert.

Am Projekt beteiligt sind neben der Philipps-Universität Marburg die Technische Universität München, die Julius-Maximilians-Universität Würzburg, die Universität Greifswald, der Landesbund für Vogelschutz e.V. und das Bischöfliche Ordinariat Passau. Wichtige Kooperationspartner sind der Nationalpark Bayerischer Wald, die Bayerische Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege, der Waldbetrieb Eichelberg, der NABU Saarland e.V, der SaarForst Landesbetrieb, der Nationalpark Hunsrück-Hochwald sowie der Stadtwald der Hansestadt Lübeck.

Webseite des Projekts

Kontakt

Juliane Röder, Arbeitsgruppe Tierökologie, Fachbereich Biologie, Philipps-Universität Marburg, T +49 6421 28-23381, juliane.roeder@biologie.uni-marburg.de

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