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Museologie: Vernetzung in Zeiten von Corona

24.11.2020

„Kleine Fächer: Sichtbar innovativ!“: So heißt ein Wettbewerb, den die HRK Anfang 2020 gestartet hat. Würzburger Promovierende in der Museologie waren dabei erfolgreich. Wegen Corona läuft ihr Projekt jetzt anders als geplant.

Die erfolgreichen Antragsteller (v.l.): Anna-Sophie Karl, Bastian Schlang und Nora Halfbrodt.
Die erfolgreichen Antragsteller (v.l.): Anna-Sophie Karl, Bastian Schlang und Nora Halfbrodt. (Bild: privat)

„Wir wollen den wissenschaftlichen Nachwuchs in der museologischen Forschung vernetzen.“ „Und eine Plattform schaffen, über die man sich kennen lernen und untereinander austauschen kann.“ So beschreiben Nora Halfbrodt und Anna-Sophie Karl die zentralen Ziele eines Projekts, das die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) vor einigen Wochen aus einer Vielzahl an Bewerbungen ausgewählt hat und nun mit bis zu 10.000 Euro bei der Umsetzung unterstützen wird.

Forschung in vielen Fachdisziplinen

Nora Halfbrodt hat an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) und an der schottischen University of St. Andrews Museologie, Kunstgeschichte und Museum Studies studiert. Derzeit forscht sie an der JMU im Rahmen ihrer Doktorarbeit an einem Thema aus der Provenienzforschung. Anna-Sophie Karl hat Museumswissenschaft und Archäologie studiert. Auch sie sitzt an ihrer Doktorarbeit und beschäftigt sich ebenfalls mit Methoden der Provenienzforschung – in ihrem Fall in der Archäologie am Beispiel einer zyprischen Sammlung im Martin von Wagner Museum.

Eigentlich erstaunlich, dass die beiden daneben noch Zeit haben, für ein weiteres großes Projekt. Was sie antreibt? „In Deutschland gibt es vier Universitäten, die Museologie anbieten. Allerdings werden viele museologische Doktorarbeiten in anderen Fächern geschrieben, wie beispielsweise der Kunstgeschichte, der Archäologie oder der Altertumswissenschaft“, erklären sie. Aus diesem Grund sei es gar nicht so einfach zu wissen, wer wo an welchem Thema forscht. Das wollen sie jetzt ändern.

Workshop und BarCamp im Digitalen

Dafür laden sie Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, die an museologischen Themen forschen, zu einem dreitägigen Workshop mit begleitendem BarCamp ein. Vorträge und Diskussionen stehen dabei auf dem Programm mit dem Ziel, sich intensiv über internationale museologische Perspektiven auszutauschen. Eher informelle Angebote sollen parallel dazu die Möglichkeit bieten, sich kennen zu lernen und untereinander zu vernetzen. Unterstützt werden die beiden bei der Vorbereitung dieses Angebots von zwei weiteren Würzburger Museologen: Bastian Schlang, der seit kurzem in Köln am NS-Dokumentationszentrum arbeitet und parallel dazu zum Thema „Gamification in Museen“ promoviert, sowie Sebastian Fischer, den es an das Deutsche Optische Museum in Jena verschlagen hat.

Was der Workshop ebenfalls bewirken soll, beschreibt die HRK so: „Das spezifisch museologische Forschungsprofil des Faches soll erweitert und geschärft werden, indem es sich von einer rein quellenwissenschaftlichen Museumsforschung abgrenzt und den Mehrwert für eine innovative Museumspraxis herausstellt.“ „Quellenwissenschaftliche Museumsforschung“? Das lasse sich ganz einfach erklären, sagt Nora Halfbrodt. „So arbeiten in erster Linie die Fachwissenschaften, beispielsweise wenn ein Kunsthistoriker ein Bild oder einen Künstler erforscht.“ Dann liege der Fokus auf dem Objekt.

Nicht das Objekt steht im Mittelpunkt, sondern der Kontext

Im Unterschied dazu verfolgen die vier einen ganzheitlich-museologischen Ansatz, der sich um den Kontext von Objekten dreht, beispielsweise um die Frage, wie man Objekte der Öffentlichkeit vermitteln kann. Forschungsarbeiten, die diesem Ansatz folgen, beschäftigen sich deshalb vor allem mit den zentralen Aufgaben von Museen: dem Sammeln, Vermitteln, Ausstellen, Dokumentieren und Forschen. „Es geht um die Institution Museum – das Gesamtpaket sozusagen“, so Halfbrodt.

Als die HRK den Wettbewerb „Kleine Fächer: Sichtbar innovativ!“ ausgeschrieben hat, war Corona den meisten Menschen höchstens als Biermarke bekannt. Als die vier Würzburger Museologinnen und Museologen ihren Antrag einreichten, war ihnen zumindest schon bewusst, dass es möglicherweise schwer werden könnte, einen Workshop in Präsenzform zu veranstalten. Jetzt ist klar, dass es so, wie ursprünglich geplant, definitiv nicht gehen wird. Weil aber das Verschieben und Auf-bessere-Zeiten-Hoffen keine Alternative ist, wird das Projekt deshalb Ende Februar 2021 digital über die Bühne gehen.

Neues Finanzkonzept ist notwendig

Das hat den Nachteil, dass das Organisationsteam nun beispielsweise überlegen muss, wie Netzwerken funktionieren kann, wenn etwa die gemeinsame Kaffeepause in der Cafeteria ausfällt. „Netzwerken über Zoom ist leider schwierig. Da entwickeln wir momentan noch die entsprechenden digitalen Formate, in denen man sich austauschen kann“, sagt Anna-Sophie Karl. Das wiederum hat den Vorteil, dass die Kosten sinken, weil Stipendien für Anreise und Übernachtung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer überflüssig geworden sind. Das allerdings hat den Nachteil, dass Halfbrodt und Karl jetzt ein neues Finanzkonzept erstellen und der HRK zur Genehmigung vorlegen müssen.

In den nächsten Wochen will das Organisationsteam die Ausschreibung seines Workshops an zahlreiche Fachgesellschaften und Universitäten verschicken. Dann haben Interessierte genügend Zeit, sich mit einem Motivationsschreiben zu bewerben. Maximal 35 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollen es am Ende sein, so Anna-Sophie Karl. Eine Zoom-Konferenz würde zwar sehr viel mehr erlauben. Das ginge dann aber auf Kosten des Vernetzungsgedankens, so die Museologin.

Die HRK-Initiative

Im Frühjahr 2020 hatte die HRK insbesondere Promovierende und frühe Postdocs aus den sogenannten „Kleinen Fächern“ zur Entwicklung neuer Kommunikations- und Vernetzungsstrategien aufgerufen. 19 Projekte haben die Möglichkeit erhalten, ihre Ideen umsetzen. Sie sollen dazu beitragen, die Kleinen Fächer untereinander stärker zu vernetzen und öffentlich sichtbarer zu machen. Gleichzeitig soll der wissenschaftliche Nachwuchs bereits in einem frühen Karrierestadium die Möglichkeit erhalten, sich zu profilieren. Gefördert wird das Programm vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).

Kontakt

Nora Halfbrodt, Professur für Museologie, +49 931 31-87407, nora.halfbrodt@uni-wuerzburg.de

Anna-Sophie Karl, Professur für Museologie, anna-sophie.karl@stud-mail.uni-wuerzburg.de

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