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Neue Sicht auf Günther Anders

30.07.2019

Mit dem kaum erforschten Frühwerk des Philosophen Günther Anders hat sich Jan-Philipp Schäfer in seiner Masterarbeit befasst. Die Wissenschaftliche Buchgesellschaft hat die Arbeit nun ausgezeichnet.

Der preisgekrönte Würzburger Bildungswissenschaftler Jan-Philipp Schäfer vor der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien.
Der preisgekrönte Würzburger Bildungswissenschaftler Jan-Philipp Schäfer vor der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien. (Bild: privat)

Eine Reise mit dem Nachtzug nach Wien in das Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek war der Beginn eines spannenden Forschungsprojekts an der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg. Der Pädagoge Jan-Philipp Schäfer wollte in der österreichischen Landeshauptstadt für seine Abschlussarbeit im Masterstudiengang Bildungswissenschaft über das Werk von Günther Anders (1902-1992) recherchieren. Dort fand er umfangreiches Material des Philosophen, Schriftstellers und Dichters vor, das bisher unveröffentlicht ist.

Schäfer entdeckte beispielsweise Briefwechsel mit Intellektuellen wie Hannah Arendt, Georg Lukács, Ernst Bloch oder Theodor W. Adorno. Außerdem fand er Vorlesungsmanuskripte aus dem amerikanischen Exil, Konvolute von handschriftlichen Notizen zur Anthropologie und Rezensionen philosophischer Werke.

Die Recherchereise hinterließ bei dem jungen Forscher einen tiefen Eindruck. „Anders war ein Philosoph, der sein Leben der Erhaltung der Welt im Angesicht ihrer möglichen Zerstörung widmete“, sagt Schäfer, der mittlerweile wissenschaftlicher Mitarbeiter am JMU-Lehrstuhl für Systematische Bildungswissenschaft ist.

Unpubliziert waren bis 2018 auch Anders‘ anthropologische Frühschriften aus den 1920er-Jahren. Schäfer erhielt bereits vor ihrer Veröffentlichung Einblick in diese Werke, die im C.H.-Beck-Verlag unter dem Titel „Die Weltfremdheit des Menschen“ erschienen sind. In seiner Masterarbeit hat er nun die zentralen Charakterzüge der frühen Schriften von Anders herausgearbeitet. Er diskutiert in seiner Arbeit auch, inwiefern diese Anthropologie für eine bildungswissenschaftliche Betrachtung fruchtbar ist.

Veröffentlicht in „wbg Young Academic“

Die Wissenschaftliche Buchgesellschaft (WBG) hat Schäfers Arbeit ausgezeichnet und in ihrer Reihe „wbg Young Academic“ veröffentlicht. Die Masterarbeit ist damit die erste Abschlussarbeit der JMU, der diese Auszeichnung zugesprochen wurde. Die WBG-Reihe publiziert und fördert herausragende Abschlussarbeiten junger Forscherinnen und Forscher.

In seinem Gutachten für die WBG lobt Professor Andreas Nießeler vom JMU-Institut für Pädagogik das große hermeneutische Gespür des Autors: „Die Masterarbeit von Jan-Philipp Schäfer leistet eine überaus ertragreiche Pionierarbeit.“

Und Professor Andreas Dörpinghaus, der Schäfers Arbeit mit Dr. Josephine Geisler am Lehrstuhl für Systematische Bildungswissenschaft betreut hat, ergänzt: „Die Masterarbeit kann als ein erster Grundstein bildungswissenschaftlicher Betrachtungen der Frühschriften von Günther Anders gesehen werden.“ Schäfer zeige auf beeindruckende Weise, dass eine Bildungswissenschaft, die sich selbst über ihre impliziten und expliziten Menschenbilder befragen will, in Anders‘ Schriften einen fruchtbaren Diskussionsboden finden kann – wie auch einen Schleifstein der Kritik gegen einseitige Betrachtungen des Menschen und dessen Art und Weise zu leben.

Publikation

Jan-Philipp Schäfer:  „Der Mensch als Grenzgänger. Distanz und Nähe in der negativen Anthropologie von Günther Anders“, wbg Young Academic, Darmstadt 2019, 104 Seiten, 40 Euro, ISBN 978-3-534-40207-6

Kontakt

Jan-Philipp Schäfer, Lehrstuhl für Systematische Bildungswissenschaft der Universität Würzburg, T +49 931 31-85561, jan-philipp.schaefer@uni-wuerzburg.de

Website des Lehrstuhls

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