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Neues Zentrum für zelluläre Immuntherapie

13.10.2020

Das Universitätsklinikum Würzburg hat ein Zentrum für zelluläre Immuntherapie gegründet. Es bündelt das interdisziplinäre Fachwissen und zeichnet sich durch ein hochspezialisiertes Labor aus.

Professor Matthias Eyrich mit den medizinisch-technischen Assistentinnen Judith Gierse (vorne) und Christine Öhrlein bei der Qualitätskontrolle eines im GMP-Zelltherapie-Labor hergestellten Produktes.
Professor Matthias Eyrich mit den medizinisch-technischen Assistentinnen Judith Gierse (vorne) und Christine Öhrlein bei der Qualitätskontrolle eines im GMP-Zelltherapie-Labor hergestellten Produktes. (Bild: Matthias Emmert / Universitätsklinikum Würzburg)

„Die Immuntherapie hat die Möglichkeiten in der Onkologie revolutioniert und in den letzten Jahren Erfolge erzielt, die bislang undenkbar waren“, zeigt sich Professor Matthias Eyrich vom Universitätsklinikum Würzburg (UKW) begeistert.

Der auf Krebs in der Kinderheilkunde spezialisierte Mediziner leitet den Bereich Zelltherapie an der Kinderklinik des UKW. Dort, wie auch an der von Professor Hermann Einsele geleiteten Medizinischen Klinik II, werden schon seit über 15 Jahren Immuntherapien, überwiegend im Bereich der Stammzelltransplantation, angewandt.

In der Onkologie sollen aktivierte Immunzellen die körpereigene Immunabwehr gezielt dabei unterstützen, Krebszellen aufzuspüren und anzugreifen. Die meisten Erfahrungen und Erfolge liegen bislang bei der Behandlung von Blut- und Lymphknotenkrebs vor. Nun sollen auch solide Tumoren auf diesem Weg therapiert werden. „Es zeigt sich, dass dies ungleich schwieriger ist, aber auch dies wird gelingen“, ist Eyrich sicher.

Weitere Fachbereiche des UKW haben ein zunehmend starkes Interesse, das Immunsystem für die Behandlung von Krebserkrankungen zu nutzen, zum Beispiel bei Hautkrebs und Gehirntumoren. Diese Bestrebungen und Aktivitäten bündelt das UKW jetzt im Zentrum für zelluläre Immuntherapie, das im August 2020 ins Leben gerufen wurde.

Erwartungen an die neue Zentrumsstruktur

Mit der neuen Struktur sind weitreichende Erwartungen verbunden. „Dazu zählen eine Steigerung der Behandlungskapazität und eine Ausweitung der Anwendungsgebiete“, sagt Professor Michael Hudecek, CAR-T-Zell-Spezialist an der Medizinischen Klinik II. Was nichts anderes bedeutet, als dass in Zukunft noch mehr Patientinnen und Patienten auf diese Weise behandelt werden sollen – und die Fachleute des UKW gleichzeitig ein noch breiteres Spektrum an Tumorerkrankungen in Angriff nehmen wollen.

„Passend zum Aus- und Weiterbildungsauftrag des Uniklinikums werden wir im Zentrum außerdem für Ärztinnen und Ärzte wie auch für Patientinnen und Patienten verstärkt Schulungen zum richtigen Umgang mit Immuntherapien entwickeln und anbieten“, kündigt Eyrich an. Schließlich sei eine Zentrumsstruktur gut für die Forschung und deren Unterstützung.

GMP-Zelltherapie-Labor als essentieller Leistungsträger

Immuntherapien gibt es in aller Regel nicht „von der Stange“. Vielmehr werden sie für jeden Patienten und jede Patientin individuell entwickelt. Im Moment läuft das meistens so, dass den Erkrankten eigene Zellen entnommen werden. Diese werden dann in einem Speziallabor verändert und den Erkrankten anschließend wieder verabreicht.

Das UKW hat den großen Vorteil, dass es viele dieser Zellmanipulationen selbst durchführen kann. Dazu betreibt es im Untergeschoss des Gebäudes D30 seit dem Jahr 2006 ein GMP-Zelltherapie-Labor.

GMP steht für „Good Manufacturing Practice“. Das bedeutet, dass hier nachweislich alle gesetzlichen Anforderungen wie bei der Herstellung von Fertigarzneimitteln erfüllt werden. Als Herstellungsleiter und sogenannte Sachkundige Person ist Professor Eyrich für die hochspezialisierte Einrichtung verantwortlich.

Bayernweit einzigartige Produktbreite

Eyrich erläutert: „Aktuell haben wir vom Paul-Ehrlich-Institut als zuständiger Bundesoberbehörde die Genehmigungen für die Herstellung von 16 verschiedenen Zellprodukten. Und wir arbeiten daran, weitere zu bekommen. Diese Produktbreite ist bayernweit einzigartig.“

Pro Jahr stellt sein Laborteam aus sechs medizinisch-technischen Assistentinnen und einem Leiter der Qualitätskontrolle unter Reinraumbedingungen rund 120 Produkte her, hauptsächlich im Bereich der Stammzelltransplantation. Etwa zwei Drittel der Produkte werden in der Medizinischen Klinik II Erwachsenen verabreicht, ein Drittel kommt in der Kinderklinik zum Einsatz. Zusätzlich kommen mittlerweile Anfragen aus der gesamten Bundesrepublik.

Manche Zellmanipulationen müssen im Moment noch bei externen Biotechnologie- und Pharmafirmen stattfinden. „Hier arbeitet unser GMP-Labor als Kooperationspartner, der die hochkomplexe Logistik leisten kann, die erforderlich ist, um die Patientenzellen sicher um die halbe Welt zu senden“, so Eyrich.

Breite Forschungsbemühungen am UKW

Am UKW laufen derzeit mannigfaltige Forschungsbemühungen, um gerade auch für seltenere Tumore neue Zelltherapien zu entwickeln und verfügbar zu machen. „Das GMP-Zelltherapie-Labor fungiert hier unter anderem als Bindeglied zwischen präklinischer Laborforschung und klinischen Studien“, verdeutlicht der Herstellungsleiter.

Aktuelle Studien beschäftigen sich beispielsweise mit den Einsatzmöglichkeiten von Immuntherapien bei Erwachsenen mit Multiplem Myelom. Bei Kindern wird unter anderem an Behandlungsmöglichkeiten für das Neuroblastom, einem bösartigen Nerventumor, sowie an einem Tumorimpfstoff für Hirntumoren gearbeitet. Um für die jungen Krebspatienten solche Fortschritte nutzbar zu machen, konnte das UKW einen italienischen Wissenschaftler, Dr. Ignazio Caruana, rekrutieren. Er hat vor wenigen Wochen seine Arbeit an der Kinderklinik aufgenommen.

Was die Weiterentwicklung des GMP-Labors angeht, so ist laut Eyrich neben einer stärkeren Automatisierung von Herstellungsschritten vor allem die technische Weiterentwicklung der Herstellungsräume wichtig. Für den „Wachstumsbereich Zelltherapie“ werden in zwei bis drei Jahren im Zentrum für Innere Medizin des UKW neue Reinräume zur Verfügung stehen. „Dies wird unsere Abhängigkeit von industriell hergestellten Präparaten vermindern und es uns ermöglichen, auch für seltene Erkrankungen individualisierte Zellprodukte anbieten zu können“, kündigt der Herstellungsleiter an.

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Von Pressestelle Universitätsklinikum Würzburg

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