Heisenberg-Professur für Johannes Tran-Gia
04.03.2025Der Physiker Johannes Tran-Gia erhält eine Heisenberg-Professur für Multimodale Bildgebung und Theranostik. Sein Ziel ist es, die Behandlung von Krebs in der Nuklearmedizin noch präziser zu machen.

In der Schule fielen ihm vor allem Fächer wie Mathematik und Physik leicht. Auch Journalismus hätte ihn interessiert. Aber da brauche man Ellenbogen, um sich durchzusetzen, wurde er gewarnt. Also studierte Johannes Tran-Gia Physik.
„Physiker denken analytisch wie Mathematiker, aber sie sind etwas praktischer und flexibler in der Anwendung. Und in der Physik gehen die Leute insgesamt sehr nett miteinander um“, begründet Johannes Tran-Gia seine Studienwahl.
Rund 20 Jahre später hat der Würzburger einen Master und ein Diplom in Physik, ist promoviert, habilitiert und seit kurzem Professor. Seine von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für fünf Jahre geförderte Heisenberg-Professur trägt den Titel „Multimodale Bildgebung und Theranostik“. Sie soll ihm den Weg zu einer Lebenszeitprofessur ebnen, sehr zur Freude des Teams an der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin des Uniklinikum Würzburg (UKW). Denn der Bereich der Theranostik, der durch diese Professur gestärkt wird, hat das Potenzial, die Nuklearmedizin zu revolutionieren und eine präzisere und personalisierte Behandlung von Krebs zu ermöglichen.
Theranostik – Therapie und Diagnostik
Unter Theranostik versteht man die Kombination diagnostischer und therapeutischer Verfahren. In der Nuklearmedizin werden dabei radioaktiv markierte Arzneimittel (Radionuklide) sowohl zur Bildgebung als auch zur gezielten Therapie derselben Erkrankung eingesetzt.
Der Unterschied liegt in der Art der verwendeten Radionuklide und der Dosis. In der Diagnostik werden kurzlebige Radionuklide genutzt, die eine schwache Strahlung aussenden. Diese Strahlung kann mit speziellen Kameras sichtbar gemacht werden, um Stoffwechselvorgänge und Funktionsstörungen im Körper zu visualisieren. In der Therapie hingegen werden langlebigere Radionuklide mit hochenergetischer Strahlung verwendet. Diese zerstört gezielt erkranktes Gewebe wie Tumorzellen, während das umliegende Gewebe weitgehend geschont wird.
Dosimetrie: Wirksamkeit maximieren, Nebenwirkungen minimieren
Doch welche Dosierung des radioaktiven Arzneimittels ist die richtige, um eine maximale therapeutische Wirkung bei minimalen Nebenwirkungen zu erzielen? Mit dieser Frage beschäftigt sich die Dosimetrie. Sie ist wesentlich bei der Einführung neuer Radionuklidtherapien und ein Forschungsschwerpunkt der Würzburger Nuklearmedizin.
„Wie hoch kann ich mit der therapeutischen Aktivität gehen? Nachdem zuvor die Radiochemie die Hauptarbeit in der Entwicklung eines Radiopharmakons hatte, kommt hier die Physik ins Spiel“, so Johannes Tran-Gia, der auch im Dosimetry Committee der europäischen Fachgesellschaft für Nuklearmedizin aktiv ist. Er setzt damit fort, was Professor Michael Laßmann während seiner langjährigen Tätigkeit als Leiter der Medizinischen Physik der Würzburger Nuklearmedizin begonnen hat.
In Johannes Tran-Gias Heisenberg-Projekt geht es um die „bildgebungsbasierte Individualisierung der Knochenmarkdosimetrie für Radionuklidtherapien“. Mit bildgebenden Verfahren will der Professor die Energiedosis für jede Patientin und jeden Patienten individuell bestimmen. Dadurch sollen die Therapieaktivität personalisiert und die Therapie noch wirksamer und schonender gestaltet werden.
Energiedosis im roten Knochenmark genauer bestimmen
Das rote Knochenmark ist eines der Hauptrisikoorgane vieler Radionuklidtherapien, da es aufgrund der hohen Zellteilungsrate besonders strahlenempfindlich ist. Seine Schädigung kann zu schwerwiegenden Nebenwirkungen führen, zum Beispiel Blutarmut durch Mangel an roten Blutkörperchen, Immunschwäche durch Mangel an weißen Blutkörperchen und Blutungsneigung durch Mangel an Blutplättchen.
Die Messung der Energiedosis auf das rote Knochenmark ist laut Tran-Gia besonders schwierig, da nicht die Aktivität im gesamten Knochenmark, sondern gezielt im blutbildenden roten Knochenmark bestimmt werden muss. „Deshalb haben wir spezielle Bildgebungsverfahren entwickelt, um den Fett-, Wasser- und Knochenanteil im Knochenmark zu bestimmen und so die für die Berechnung der Energiedosis relevante Masse des roten Knochenmarks zu quantifizieren“, sagt Tran-Gia. „So können wir die Verteilung der radioaktiven Substanzen im Körper genauer verfolgen und die Dosis auf das rote Knochenmark präziser bestimmen.“
Parallel arbeitet der Physiker daran, die Bildgebung mit Künstlicher Intelligenz zu beschleunigen, um sie in der klinischen Routine effizienter einsetzen zu können. Die Verbesserung dieser Bildgebung war auch Thema seiner Habilitation. In Zusammenarbeit mit dem National Physics Laboratory in Großbritannien und führenden europäischen Kliniken hat er zudem ein Standardisierungsverfahren für die quantitative Bildgebung in der Dosimetrie entwickelt, um sowohl europaweit als auch weltweit vergleichbare Messergebnisse zu gewährleisten.
Werdegang von Johannes Tran-Gia
Johannes Tran-Gia wurde 1984 in Stuttgart geboren. Als er noch im Kindergartenalter war, zog seine Familie nach Würzburg, denn sein Vater Phuoc Tran-Gia übernahm hier an der Universität einen Lehrstuhl für Informatik.
Johannes Tran-Gia studierte Physik in Würzburg und Edinburgh, machte seinen Master in Schottland und später sein Diplom in Würzburg. Er promovierte am Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie des UKW mit einem Stipendium der Graduate School of Life Sciences. Als Postdoc forschte er ein halbes Jahr an der Case Western Reserve University in Cleveland, USA.
Zurück in Würzburg spezialisierte er sich als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Nuklearmedizin und schloss die Weiterbildung zum Medizinphysik-Experten (MPE) ab. Anschließend habilitierte er sich in der Arbeitsgruppe „Medizinische Physik“. Mit Wirkung zum 20. Dezember 2024 wurde er für zunächst fünf Jahre zum W2-Universitätsprofessor für Multimodale Bildgebung und Theranostik an der Universität Würzburg ernannt.