Ohne wissenschaftliche Schwere
16.05.2017Der Historiker Dr. Robert Meier ist Lehrbeauftragter am Lehrstuhl Neuere Geschichte. Jetzt hat er eine kompakte Biografie über Fürstbischof Julius Echter vorgelegt.
Authentisch, aber ohne die wissenschaftliche Schwere, die sonst kennzeichnend für Echter-Biografien ist: Das ist der Ansatz, den Dr. Robert Meier bei seinem neuen Buch „Julius Echter: 1545 - 1617“ über den Würzburger Fürstbischof verfolgt hat. Seit seinen Forschungen über die Remlinger Hexenprozesse ist Echter „das“ Thema des Historikers, Publizisten und Archivars.
„Ich habe damals die umfangreiche Korrespondenz zwischen Würzburg, dem Remlinger Gericht und den örtlichen Untertanen analysiert und herausgefunden, dass Echter die Hexenprozesse so führen ließ, dass meist am Ende keine Verurteilung stand.“ Der Hexenbrenner, als der dieser in der Literatur dargestellt werde, sei der Fürstbischof und Gegenreformator nicht gewesen. „Viele Wissenschaftler haben in diesem Punkt einfach ungeprüft voneinander abgeschrieben.“
Echter hat sein Bild gesteuert
Aber auch bei ausgiebigen Quellenstudien bleibt laut Meier für jeden Biografen ein Problem bestehen: Echter verschwindet nahezu vollständig hinter seinem Amt. „Er hat bereits zu Lebzeiten genau gesteuert, wie die Erinnerung an ihn aussehen sollte.“ Deswegen verstehe er sein Buch als Versuch zusammenzufassen, was aus Historikersicht heute über Echter gesagt werden könne. Das betreffe dann natürlich auch die bekannten Themenfelder Protestanten, Juden und Hexen.
Das oft als Echter’sches Leitmotiv zitierte Streben nach einem einheitlichen Staat sei wohl eher ein theoretisches Konstrukt. „Wir haben zwar Quellen darüber, wie die Normen gesetzt wurden, aber wenig Nachweise, wie die Umsetzung vor Ort in der Fläche aussah.“ Deswegen finde sich in seinem Buch nichts über einen vermeintlichen Echter-Absolutismus, betont Meier. „Was aber unstrittig ist: Echter war sehr gewieft in Verwaltungsfragen.“ So habe er die Finanzen des ihm direkt unterstellten, mit umfangreichen Mitteln ausgestatteten Juliusspitals in Würzburg wiederholt dazu genutzt, ohne Mitsprache des Domkapitels finanziell klammen Pfarreien zum Beispiel bei der Kirchenrenovierung unter die Arme zu greifen. „Deswegen finden sich im ganzen Bistum noch an vielen Kirchen Tafeln, die an die großzügige Unterstützung durch den Fürstbischof erinnern.“
Wenig bekannt sei der Allgemeinheit auch, dass Echter, wo er es für notwendig hielt, gerne mal militärisch die Muskeln spielen ließ. Im Streit mit Wertheim, wer im Kloster Bronnbach das Sagen hatte, schickte der Graf von Wertheim einmal 20 Musketiere in das nahe Kloster, um seinen Anspruch zu untermauern. „Echter reagierte, indem er 2.000 Mann aus Würzburg schickte. Dann war der Konflikt schnell geklärt.“ Umgekehrt hätten dafür die lutherischen Ansbacher nach Belieben Truppen im Steigerwald postiert, wohl wissend, dass Würzburg ihrer Überzahl nichts entgegensetzen konnte.
Meinungsschutt in der Geschichtsschreibung
Viel Aufwand hat Meier nach eigener Auskunft darauf verwendet, beim Schreiben über Echter den „Meinungsschutt“ abzutragen, der sich, jeweils aufgrund konfessioneller Prägung, seit dem 19. Jahrhundert in der Geschichtsschreibung über Echter abgelagert hat. Die protestantische Sicht sei von Echter als dem Hexenbrenner und gnadenlosen Vertreiber der Andersgläubigen geprägt gewesen. Bei katholischen Historikern sei Echter im Gegenzug zum Bewahrer des katholischen Glaubens hochstilisiert worden. „Beides sind Verzerrungen. Und auch wenn Echter bei den Hexenprozessen meist auf juristisch korrekte Verfahren achtete, waren es eben aus unserer Sicht gewalttätige Zeiten mit gesetzlichen Strafen wie Handabhacken, Folter und der Todesstrafe.“
Echter sei zudem bemüht gewesen, die Beschlüsse des Konzils von Trient umzusetzen, auch wenn das eine Herausforderung war. „Von den Priestern im Bistum lebten nur die wenigsten zölibatär.“ Dabei habe Echter zwar einen gewissen Druck aufgebaut, aber nie Gewalt zur Durchsetzung der Vorgaben angewandt. Als Beispiel nennt Meier den Pfarrer von Wenkheim. Dieser habe in seiner Pfarrei ganz offiziell verheiratet mit seiner Frau gelebt und nach der neuen Lehre Gottesdienste gefeiert, aber zugleich im benachbarten Brunntal als katholischer Geistlicher gewirkt. „Das war, wie die Quellen zeigen, für die Menschen vor Ort kein Problem.“
Anders, als Meier zunächst gedacht habe, habe Echter, der aus dem niederen Adel stammte und durch die Wahl zum Bischof gesellschaftlich aufstieg, durchaus seine Position genutzt, um Verwandte auf Posten zu bringen. „Nachdem der chronisch unterfinanzierte Kaiser sich beim Würzburger Fürstbischof eine erkleckliche Summe Geld ausgeliehen hatte, bekamen beispielsweise Brüder Echters kaiserliche Privilegien verliehen.“
Robert Meier: „Julius Echter: 1545 - 1617“. 168 Seiten,14,90 Euro. Echter Verlag: Würzburg 2017. ISBN 978-3429039974.
Pressemitteilung Ordinariat Würzburg