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Raketenstart am Flugplatz

02.04.2019

Würzburger Studenten haben eine Modellrakete mit eigens angefertigter technischer Nutzlast bestückt. Spannend war, ob der Start der Rakete planmäßig verlaufen würde.

Raketenqualm im Abendlicht. Für Würzburger Studierende das Ende eines erfolgreichen Flugtages.
Raketenqualm im Abendlicht. Für Würzburger Studierende das Ende eines erfolgreichen Flugtages. (Bild: Dennis Kaiser / Universität Würzburg)

Gespannte Ruhe liegt über der weiten Rasenfläche des Modellflugplatzes – bis ein laut heruntergezählter Countdown das bevorstehende Ereignis ankündigt. Alle Blicke richten sich auf die Abschussrampe, auf der die grellrote Rakete mit dem blauen Logo der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) zum Start bereitsteht.

Als die letzte Zahl verklungen ist, schießt der Flugkörper laut fauchend aus einer Qualmwolke in den Himmel. Die rund 30 Zuschauerinnen und Zuschauer heben die Köpfe; ihre Augen folgen der mehrere hundert Meter hohen Flugbahn. Der Raketenantrieb hat eine beinahe senkrechte Rauchsäule in das herrliche Abendlicht über dem Modellflugplatz Uengershausen bei Würzburg gezeichnet.

Als in etwa 500 Meter Höhe der Fallschirm der Rakete auslöst und der Flugkörper kurz darauf nicht weit entfernt vom Startplatz sicher auf dem Rasen landet, brandet Jubel auf.

„Wir hatten heute vier tolle Raketenstarts“, zeigt sich Tom Baumann am Ende des Flugtages sichtlich erfreut. Der Student und wissenschaftliche Mitarbeiter am Lehrstuhl für Informatik VIII der JMU leitet mit seinem Kommilitonen Tobias Greiner das studentische Team, das im Rahmen eines Praktikums die Rakete mit eigens konzipierter Nutzlast bestückt und die Starts mit Erfolg durchgeführt hat. Die Beteiligten sind Masterstudenten der Informatik mit Schwerpunkt Luft- und Raumfahrttechnik.

Initiative kam von zwei Studenten

Das Praktikum „Raketentechnik und Nutzlasten“ entstand 2014 auf Initiative zweier Studenten: „Viele unserer Lehrveranstaltungen beschäftigen sich theoretisch mit Raketentechnik und Nutzlasten“, erläutert Dennis Kaiser, der momentan seinen Masterabschluss anstrebt. „Zusammen mit meinem Kommilitonen, Tobias Knapp, habe ich damals überlegt, das Thema auch praktisch anzugehen. Und Hakan Kayal, Professor für Raumfahrttechnik am Lehrstuhl, hat unsere Idee von Anfang an befürwortet und uns bei der Durchführung angeleitet und unterstützt.“

Das daraus entstandene Praktikum ist mittlerweile als Modul in die Studienordnung aufgenommen und bereits drei Mal durchgeführt worden.

Gespeicherte Flugdaten werden ausgewertet

Auf dem Modellflugplatz haben sich die Studierenden mittlerweile um die Einzelteile geschart, in die sich die rund 70 Zentimeter lange Rakete nach der Aufstiegsphase planmäßig zerlegt hat. Sorgfältig prüfen Dennis Kaiser, Tobias Knapp und Tobias Greiner den Antriebskörper, der sich, wie fast alle Teile, wiederverwenden lässt. Vorsichtig ziehen sie dann die selbst entwickelte Computerplatine mit den Sensoren aus dem weißen Nutzlastmodul.

Eine Speicherkarte, die die Flugdaten aufgezeichnet hat, wird noch vor Ort ausgewertet. Kurven und Zahlen auf dem Laptopmonitor vermitteln ein aufschlussreiches Bild des Fluges. „Der Schwerpunkt unserer Arbeit lag auf der Entwicklung der Messtechnik und der Software, die für die Auswertung des Fluges eingesetzt wurden“, erläutert Tobias Greiner.

Projektmitarbeiter Ludwig Lüchtrath beschreibt, was mit den gemessenen Werten geschieht: „Anhand der Daten, die unsere Sensoren während des Fluges erfasst und gespeichert haben, vergleichen wir unsere vorab angestellten Berechnungen. Daran können wir ablesen, wie unsere theoretischen Modelle in der Praxis funktionieren.“

Flugsport-Club unterstützte die Studierenden

Während die Praktikumsteilnehmer Daten sichern und den nächsten Start vorbereiten, fachsimpelt das Publikum – darunter viele begeisterte Modellflieger des Flugsport-Clubs Würzburg, die die studentische Gruppe organisatorisch unterstützt haben – angeregt über das Geschehen: Fotos werden gemacht, Handyvideos getauscht.

Was für Laien aus der sicheren Entfernung beinahe spielerisch aussieht, folgt einem exakten Plan und einer akribischen Vorbereitung. In deren Verlauf mussten die Studierenden nicht nur die eigentliche Startprozedur bewältigen. Sie haben auch die eingesetzten elektronischen Komponenten und die Software konzipiert. „Dazu gehören das Design des Nutzlastmoduls, das Layout der Computerplatinen sowie die Auswahl von Sensoren und Mikrocontrollern“, erklärt Tobias Greiner.

Ins All – mit Technik und Management

„Durch das breite Spektrum der Aufgaben werden hier im kleinen Rahmen bereits viele Aspekte des späteren Berufslebens geübt“, sagt Professor Kayal. Denn neben den technischen Herausforderungen lernte die Gruppe auch die Grundlagen des Projektmanagements im Raumfahrtbereich kennen.

„Wir können nicht einfach ungefragt eine Rakete starten!“, lacht Dennis Kaiser. „Schließlich steigt unser Flugkörper auf mehrere Hundert Meter in den öffentlichen Luftraum. Wir mussten uns vorab über rechtliche Vorgaben informieren und die Rakete sowie ihre Ladung nach geltenden Normen konzipieren. Das bedeutet auch Behördengänge und Bürokratie. Und Sicherheitsvorgaben dürfen wir auf keinen Fall außer Acht lassen!“ Dazu zählt auch die Wahl eines geeigneten Startplatzes.

Würzburger Satellit startet im Sommer

Während die Studierenden den Tag auf dem Flugfeld Revue passieren lassen und dabei im letzten Abendlicht ihre Gerätschaften abbauen, schwärmt Professor Kayal von einem weiteren Projekt an seinem Lehrstuhl: Im Sommer fliegt sein dreifacher Cube-Satellit mit einer russischen Sojus-Trägerrakete in eine Erdumlaufbahn. Dieser Satellit ist gut 30 Zentimeter hoch und hat eine Grundfläche von zehn auf zehn Zentimeter. An seiner Realisierung waren ebenfalls Studierende beteiligt.

„Heute haben unsere Studierenden ihre Raketen noch hier gestartet“, sagt er und deutet auf den Vollmond, der groß über dem Horizont steht. „Aber wer weiß – vielleicht fliegt ihre Technik sehr bald auch dorthinauf!“

Video vom Raketenstart auf dem Youtube-Kanal der JMU

Weitere Bilder

Von Jörg Fuchs

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