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Raubzüge ins Rapsfeld

29.05.2018

Viele blühende Grünlandflächen in der Agrarlandschaft bringen Vorteile: Sie sind gute Refugien für räuberische Käfer und Spinnen – und die helfen den Landwirten beim Kampf gegen Schädlinge.

Der Kupferfarbene Buntgrabläufer (Poecilus cupreus). (Foto: Fabian Bötzl)
Der Kupferfarbene Buntgrabläufer (Poecilus cupreus) ist ein häufiger Nützling in der Agrarlandschaft. (Foto: Fabian Bötzl)

Auf Rapsfeldern tummeln sich etliche Insekten, die bei Landwirten nicht gern gesehen sind. Der Rapsglanzkäfer zum Beispiel. Seine Larven ernähren sich von den Rapsblüten, so dass keine Früchte entstehen und Ernteeinbußen drohen. Eine Vorliebe für Raps haben auch die Larven verschiedener Rüsselkäfer-Arten: Sie fressen sich in die Stängel der Pflanzen hinein und lassen diese verkümmern und absterben.

Diese hungrigen Insekten werden in der konventionellen Landwirtschaft in der Regel chemisch bekämpft. Man kann die Schädlinge offenbar aber auch klein halten, indem man ihren natürlichen Feinden hilft. Dazu gehören zum Beispiel Laufkäfer, Spinnen und andere räuberische Insekten, die am Boden leben.

„Sie fressen die Larven der Schädlinge, wenn die sich zur Verpuppung auf den Boden fallen lassen“, erklärt Professor Jochen Krauß vom Biozentrum der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU). Dadurch seien im Folgejahr weniger Schädlinge auf den Feldern zu finden. Frühere Studien hätten gezeigt, dass die räuberischen Insekten die Rapsfresser durchaus wirksam bekämpfen können.

Blühende Flächen sind Refugien für Räuber

Wie kann man die Feinde der Rapsfresser in der modernen Agrarlandschaft stärken? Das Forschungsteam vom Lehrstuhl für Tierökologie und Tropenbiologie der JMU hat herausgefunden, dass dies vergleichsweise einfach möglich sein müsste – mit Hilfe von Blühflächen und anderen sogenannten Agrarumweltmaßnahmen. Diese seien den Landwirten vom Staat vorgeschrieben und auf den Fluren in Deutschland auch relativ gut etabliert. Es sei aber nötig, die Maßnahmen noch planvoller und strategischer einzusetzen. Das berichtet das Forschungsteam im Journal of Applied Ecology.

Blühflächen und ökologische Vorrangflächen sind nicht bewirtschaftete Äcker, die mit blühenden Pflanzen eingesät sind oder sich zu wiesenartigen Habitaten weiterentwickelt haben. „Auf solchen Arealen finden die Feinde der Rapsfresser dauerhaft gute Lebensbedingungen vor. Von dort können sie Raubzüge auf die Äcker unternehmen und die Larven der Schädlinge vertilgen“, sagt Lehrstuhlinhaber Professor Ingolf Steffan-Dewenter.

Doppelt so viele Räuber in den Rapsfeldern

„Wir fanden auf Rapsfeldern, die an Agrarumweltmaßnahmen grenzen, doppelt so viele räuberische Laufkäfer wie auf anderen Rapsfeldern“, sagt Doktorand Fabian Bötzl. Mit wachsender Distanz zur Blühfläche habe die Zahl der räuberischen Arten und Individuen abgenommen. Die Distanz sei ein entscheidender Faktor für eine effektive natürliche Schädlingsbekämpfung, weil Dichte und Artenvielfalt von Räubern dafür ausschlaggebend seien.

„Die Effekte der Agrarumweltmaßnahmen sind nicht anders als die von naturnahen Habitaten. Das verdeutlicht den Wert dieser Maßnahmen für die Agrarlandschaft“, so der Würzburger Ökologe. Er empfiehlt, Blühflächen und andere Refugien für Tiere in der Agrarlandschaft strategisch und gleichmäßig zu platzieren – das fördere nicht nur Wildbienen und andere Bestäuber, sondern auch die natürlichen Feinde von Schädlingen. Die gefundenen Distanzeffekte könne man jetzt nutzen, um mit Modellberechnungen und Simulationen die optimale Bewirtschaftungsform zu finden.

Einige Fakten zur Studie

Diese Ergebnisse hat das Forschungsteam auf 31 Studienflächen in der Umgebung von Würzburg – zwischen Gemünden, Ochsenfurt und Hassfurt – erarbeitet. Es untersuchte die Effekte von älteren und jüngeren Blühflächen, von ökologischen Vorrangflächen und von natürlichen Kalkmagerrasen.

Die am Boden aktiven Räuber (Käfer und Spinnen) wurden mit Bodenfallen gefangen, dann wurden Anzahl und Artenreichtum bestimmt. Der Versuch lief über drei Monate während der Wachstumsphase des Rapses, um die natürliche Schädlingskontrolle in dieser Zeit abschätzen zu können.

Die Studie fand im Rahmen des europaweiten Verbundprojekts Ecodeal (Enhancing biodiversity-based ecosystem services to crops through optimized densities of green infrastructure in agricultural landscapes) statt. Professor Steffan-Dewenter koordiniert den deutschen Teil des Projekts.

Publikation

Fabian A. Boetzl, Elena Krimmer, Jochen Krauss und Ingolf Steffan-Dewenter: Agri-environmental schemes promote ground-dwelling predators in adjacent oilseed rape fields: diversity, species traits and distance-decay functions. Journal of Applied Ecology, 23. Mai 2018, DOI: 10.1111/1365-2664.13162

Kontakt

Fabian Bötzl, Lehrstuhl für Tierökologie und Tropenbiologie, Biozentrum der Universität Würzburg, T +49 931 31-88795, fabian.boetzl@uni-wuerzburg.de

Weblinks

Forschungsprojekt Ecodeal

Lehrstuhl für Tierökologie und Tropenbiologie der JMU

Leopoldina-Experten zur biologischen Vielfalt

Für die Schaffung einer „ökologischen Infrastruktur“ in ausgeräumten Intensiv-Agrarlandschaften plädiert eine Expertengruppe der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina. Mit Blühstreifen, Hecken oder Legesteinmauern sei es möglich, die negativen Pestizideffekte auf die biologische Vielfalt in der Agrarlandschaft zu verringern.

Die Expertengruppe fordert strengere Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel, um den dramatischen Rückgang der Artenvielfalt zu stoppen. Ihr Diskussionspapier wurde am 23. Mai 2018 veröffentlicht.

Diskussionspapier der Leopoldina-Fachleute

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Von Robert Emmerich

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