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Raus aus der Konflikttrance

23.04.2019

Ungelöste Konflikte am Arbeitsplatz können damit enden, dass die Beteiligten in eine Konflikttrance abgleiten. Was man dagegen tun kann, wurde im Rahmen der Vortragsreihe „Konfliktmanagement“ gezeigt.

Viele gegen einen: Konflikte am Arbeitsplatz können in eine Konflikttrance münden.
Viele gegen einen: Konflikte am Arbeitsplatz können in eine Konflikttrance münden. (Bild: Konfliktberatungsstelle / Universität Würzburg)

Wer sich bei der Arbeit zufrieden fühlt, kann davon ausgehen, dass seine Grundbedürfnisse beispielsweise nach Sicherheit, Zugehörigkeit, Wertschätzung und Autonomie erfüllt sind. Ist das nicht der Fall, wachsen Gefühle wie Frustration, Anspannung und Bedrohung; es kommt zu Konflikten.

Was kann man tun, um Spannungen am Arbeitsplatz nicht übermächtig werden zu lassen? Das zeigte die Diplom-Psychologin, Beraterin und Autorin Dr. Claudia Eilles-Matthiessen in ihrem Vortrag „Raus aus der Konflikttrance – fünf Mini-Interventionen für Konfliktbetroffene“. Sie hielt den Vortrag im April 2019 im Rahmen der universitären Vortragsreihe „Konfliktmanagement“.

Dramatischer Einstieg: „Der Rosenkrieg“

Das Haus in Schutt und Asche, die Protagonisten tot – ganz so dramatisch wie im Kinofilm „Der Rosenkrieg“ von 1989 enden zum Glück die wenigsten Konflikte. Der Film zeigt allerdings laut Dr. Eilles-Matthiessen deutlich das Abgleiten in eine Konflikttrance: die zunehmende Fixierung auf den Gegner oder die Gegnerin, den Verlust des rationalen Denkens, die selektive Wahrnehmung als störend empfundener Handlungsmuster und – im Fall des Films – den immer stärker werdenden Wunsch, dem anderen zu schaden.

Mit dem „Rosenkrieg“ hatte die Referentin sicherlich ein extremes Beispiel als Einstieg in ihren Vortrag gewählt. Sie machte aber deutlich, dass man auch bei weniger extremen Konflikten, etwa am Arbeitsplatz, in eine Konflikttrance geraten kann. Diese definiere sich als „unangenehmer Spannungszustand, bei dem die Aufmerksamkeit in besonderer Weise auf den Konflikt, den Konfliktpartner oder aber in abwertender, überkritischer Art auf die eigene Person fokussiert ist“. Der Konflikt erscheint übermächtig, nimmt unverhältnismäßig viel Raum im Bewusstsein ein und wird in seiner scheinbaren Unwillkürlichkeit als quälend erlebt.

Wege aus der Konflikttrance

Was kann dabei helfen, gar nicht erst in einen solchen Zustand zu geraten? Was tun, wenn der Konflikt weiter fortgeschritten ist, um einen Weg aus der Konflikttrance heraus zu finden?

Dr. Eilles-Matthiessen stellte Werkzeuge vor, die Konfliktbetroffene dabei unterstützen, den Blick nicht nur auf den „Gegner“ oder die „Gegnerin“ zu fixieren, sondern ein souveränes Konfliktmanagement zu erreichen. Um einen Konflikt erfolgreich lösen zu können, gilt es zunächst, die Selbstregulation der Betroffenen zu stärken. Erst in einem zweiten und dritten Schritt kann eine Beziehungsregulation und eine Sachklärung oder Lösung des Konfliktes erfolgen.

Den Konflikt akzeptieren und Abstand gewinnen

Wie erreichen Konfliktbetroffene eine erfolgreiche Selbstregulation? Wichtig ist laut der Referentin zunächst ein Anerkennen und Akzeptieren des Konfliktes – die wertschätzende Akzeptanz. Der oder die Konfliktbetroffene akzeptiert die eigenen Gefühle, den Ärger oder die Verunsicherung und gesteht sich die negativen Gefühle zu. Der Konflikt wird ohne Bewertung anerkannt und wahrgenommen.

Ein weiter wichtiger Schritt ist es, Abstand zum Geschehen zu gewinnen – der oder die Betroffene drückt die mentale „Pause-Taste“. Eine gute Möglichkeit ist immer, den Abstand durch eine räumliche oder zeitliche Trennung vom Geschehen herzustellen. Häufig ist das aber, gerade bei akuten Konfliktsituationen am Arbeitsplatz, nicht möglich.

Hier kann ein Wechsel der Perspektive helfen – beispielsweise können Konfliktbetroffene sich Filmtitel für den Konflikt überlegen oder einzelnen Akteuren Rollen oder Namen zuweisen. Ähnelt der Konflikt einem Thriller, einer Komödie, einem Drama? Erinnert die Konfliktgegnerin vielleicht an Tina Turner in Mad Max oder der Konfliktgegner an Jack Nicolson in The Shining? Welche Herangehensweise gewählt wird, ist ganz den Betroffenen überlassen. Wichtig ist nur, dass ein innerer Abstand zum Geschehen hergestellt wird und der Konfliktbetroffene in eine Beobachterposition gelangt.

Selbststeuerung stärken und sich innerlich sortieren

Mit innerem Abstand zur Konfliktsituation ist es dem oder der Betroffenen nun möglich, in einem zweiten Schritt die Selbststeuerung zu stärken. Es kann eine Beobachterposition erreicht werden, in der statt nur erlebt wieder reflektiert und fokussiert auf ein Ziel gehandelt werden kann.

Über einen Konflikt-Schnell-Check wird Ordnung in der den Konflikt gebracht. Worum geht es? Welche meiner Bedürfnisse werden verletzt? Welche Bedürfnisse hat der oder die Andere? Welchen Anteil habe ich am Geschehen und was ist mein Ziel?

Diese Fragen helfen, sich innerlich zu sortieren und in eine Position zu gelangen, in der ein Handeln wieder möglich ist. Dr. Eilles-Matthiessen empfiehlt hier als Tool insbesondere die Helden-/ Heldinnenfrage: „Was muss ich in dieser Situation tun oder unterlassen, damit ich in drei Tagen, drei Wochen oder drei Jahren sagen kann – das hast du richtig gut gemacht!?“

Körper einbeziehen und den Konflikt umbewerten

Auch die Einbeziehung des Körpers über Atmung, Haltung, Bewegung und Stimme ist wichtig, um sich aus einer Konflikttrance zu lösen. Verschiedene Entspannungstechniken können Betroffenen helfen, die Anspannung und den Stress zu lösen.

Ein Umbewerten – Reframing – des Konfliktes kann der Situation darüber hinaus einen Sinn geben. Jeder Konflikt, so belastend er im Moment auch ist, beinhaltet die Chance der Weiterentwicklung für den oder die Konfliktbetroffene oder auch das ganze Team.

Als Fazit ihres Vortrages sagte Dr. Eilles-Mathiessen, dass der bewusste Umgang mit Bedürfnissen, Emotionen und Aufmerksamkeit einen zentralen Schlüssel der Selbst- und Beziehungsregulation bei Konflikten darstellt. Wer wertschätzend und achtsam mit den eigenen Bedürfnissen umgeht, kann im Gegenzug auch die Bedürfnisse anderer achten und wertschätzen und somit einen Weg aus der Konflikttrance finden.

Diskussion mit Fachleuten der Uni

Nach dem Vortrag stellten sich neben der Referentin und der Leiterin der universitären Sucht- und Konfliktberatungsstelle, Katja Beck-Doßler, weitere Anlaufstellen des Konfliktmanagements den Fragen des Publikums: Adelgunde Wolpert, Gleichstellungsbeauftragte, Prof. Dr. Laura Schreiber, Leiterin des Lehrstuhls für Molekulare und Zelluläre Bildgebung und Ombudsfrau der Medizinischen Fakultät, sowie Personalratsvorsitzender Joachim Gödel.

Nächste Veranstaltung im November

Gelingende Kommunikation spielt eine Schlüsselrolle bei der Prävention oder Bewältigung von Konflikten. Den nächsten Vortrag der Veranstaltungsreihe hält Mediatorin Elke Schwertfeger aus Freiburg. Sie spricht zum Thema „Konstruktive Kommunikation – durch klare und wertschätzende Kommunikation Konflikte verhindern und klären“.

Sie wird anhand von Beispielen und kleinen Übungen den Zuhörerinnen und Zuhörern erste Kenntnisse aus dem Bereich der gewaltfreien Kommunikation vermitteln. Stattfinden wird der Vortrag wieder in Raum 0.002 des Zentralen Hörsaalgebäudes Z6 am Hubland am Mittwoch, 20. November 2019.

Über weitere Themenwünsche für Veranstaltungen freut sich das Team des Konfliktmanagements. Kontakt: konfliktmanagement@uni-wuerzburg.de

Von Imke Ostermeier-Kittel

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