Schritte über Grenzen
26.07.2016Ein Novum an der Universität Würzburg: Die bayerische Sparkassenstiftung unterstützt mit knapp 60.000 Euro ein gemeinsames Projekt von Physikern und Bildungswissenschaftlern. Ziel ist es, die Verbindung zwischen naturwissenschaftlicher und geisteswissenschaftlicher Erkenntnis aufzuzeigen.
Phil:MINT: So lautet der Name eines neuen Kooperationsprojekts, das jetzt an der Universität Würzburg die Arbeit aufnimmt. Es verbindet philosophische mit physikalischen Erkenntnisweisen und versucht dabei die Bedeutung der Verbindung sowohl für Studierende als auch für Schülerinnen und Schüler didaktisch aufzuarbeiten. Daran beteiligt sind das Mathematische, Informationstechnologische und Naturwissenschaftliche Didaktikzentrum M!ND, der Lehrstuhl Physik und ihre Didaktik sowie der Lehrstuhl Systematische Bildungswissenschaft der Universität.
Das Ziel des Projekts
„Es ist eine große Aufgabe des Projekts, Zusammenhänge zwischen physikalischer und philosophischer Erkenntnis für den Unterricht aufzuarbeiten, die selbst in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung häufig nur randständig diskutiert werden“, erklärt Dr. Florian Krückel, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Systematische Bildungswissenschaft und einer der beiden Leiter des Projekts. Ziel sei es dabei, die Grenzen alltäglicher Problemfelder, die zwischen den Wissenschaftsbereichen bestehen, „kooperativ zu überschreiten“, um dadurch die Verbindung zwischen naturwissenschaftlicher und geisteswissenschaftlicher Erkenntnis aufzuzeigen.
In einer fakultätsübergreifenden Arbeitsgruppe werden Studierende der beteiligten Fachbereiche zusammen mit wissenschaftlichen Mitarbeitern und den Lehrstuhlinhabern Professor Andreas Dörpinghaus und Professor Thomas Trefzger interaktive Lernmaterialien zu den Themenkomplexen „Konzepte der Quantenphysik“, „Struktur der Materie“ und „(Selbst)Vermessung des Menschen“ konzipieren.
Die Konsequenzen neuer Erkenntnisse aus der Physik
Was das konkret bedeutet? Markus Elsholz verdeutlicht das Vorhaben am Beispiel „Struktur der Materie“: „Wir gehen dabei unter anderem der Frage nach, zu welchen Erkenntnissen die Jagd nach den kleinsten Einheiten der Materie führt, wie sie beispielsweise am Forschungszentrum CERN mit einem gigantischen technischen und finanziellen Aufwand betrieben wird“, erklärt Elsholz. Wenn die Physik in Zukunft ein „Baukastensystem“ aus Elementarteilchen parat hält, mit dem Materie und deren Wechselwirkungen verstanden werden können: Welche anthropologische Relevanz brächte dieses „Baukastensystem“ mit sich?
Wie verändert eine letztgültige Erklärung des Universums das heutige Bild vom Menschen? Kann es sie überhaupt jemals geben? Mit dem bisher besten Modell, dem sogenannten Standardmodell der Elementarteilchenphysik, gelingt dies offensichtlich nur mit einem Bruchteil der im Universum existierenden Materie beziehungsweise der vorhandenen Energie. Erweist sich die Vorstellung elementarer, also unteilbarer, kleinster Einheiten der Welt letztendlich gar als Trugschluss? Woraus aber bestehen wir und die Welt dann?
Enge Zusammenarbeit mit dem M!ND-Center
Mit all diesen Fragen wollen sich die an Phil:MINT Beteiligten in den kommenden zwei Jahren beschäftigen. Für diese Laufzeit ist das Projekt zunächst finanziert. Bei Null müssen sie damit nicht anfangen: Bereits jetzt bestehende Angebote am M!ND-Center werden die neuen interaktiven Lernmaterialien ideal ergänzen. Und schon jetzt bietet das M!ND-Center Schülerinnen und Schülern und der interessierten Öffentlichkeit die Möglichkeit, sich auf unterschiedlichen Anforderungsniveaus mit naturwissenschaftlichen Inhalten zu beschäftigen: vom spielerisch-intuitiven Entdecken in der interaktiven Wissenschaftsausstellung Touch Science, über das vertiefende Experimentieren zu ausgewählten, lehrplanrelevanten Themengebieten in den Lehr-Lern-Laboren bis zum Erforschen eigener Fragestellungen im Schülerforschungszentrum.
„Mit dem Projekt Phil:MINT werden naturwissenschaftliche Inhalte aus neuen Blickwinkeln betrachtet und in erweiterten Kontexten ganzheitlich und dadurch lebensnah diskutiert. Dies ist in den Einzeldisziplinen oftmals nicht möglich. Daraus ergeben sich neue Denk-Zugänge für Schülerinnen und Schüler, die erkennen, dass Phil:MINT-Inhalte kein fachspezifischer Selbstzweck sondern für viele Bereiche der eigenen Lebensrealität relevant sind“, so Markus Elsholz, Geschäftsführer des M!ND-Centers und zweiter Projektleiter bei Phil:MINT
Kontakt
Markus Elsholz, T: (0931) 31-82734, markus.elsholz@uni-wuerzburg.de
Dr. Florian Krückel, T: (0931) 31-88817, florian.krueckel@uni-wuerzburg.de