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Staatsbesuch in der Unibibliothek

16.07.2019

Der irische Staatspräsident und seine Ehefrau waren zu Gast bei einer Sonderpräsentation irischer Handschriften in der Jubiläumsausstellung „Elfenbein & Ewigkeit“ der Universitätsbibliothek Würzburg.

Der irische Staatspräsident Michael D. Higgins und seine Frau Sabina bewundern irische Schätze in der Universitätsbibliothek. Rechts deren Direktor Hans-Günter Schmidt.
Der irische Staatspräsident Michael D. Higgins und seine Frau Sabina bewundern irische Schätze in der Universitätsbibliothek. Rechts deren Direktor Hans-Günter Schmidt. (Bild: Universitätsbibliothek Würzburg)

Abschluss eines Deutschlandbesuchs: Nach Stationen in Berlin und Leipzig kamen der irische Präsident Michael D. Higgins und seine Ehefrau Sabina am Freitag, 5. Juli 2019, nach Würzburg. Nach einem Rundgang durch die Stadt und einem Besuch des Doms und der Kiliansgruft im Neumünster ging es am Nachmittag weiter in die Universitätsbibliothek am Hubland. Dort bewunderte das Paar weltberühmte Zeugnisse der mittelalterlichen irischen Handschriftenkultur, die sich in der Sammlung der Bibliothek befinden.

Nach der Begrüßung durch den Direktor der Universitätsbibliothek, Dr. Hans-Günter Schmidt, besuchten Higgins und seine Gattin die Ausstellung „Elfenbein und Ewigkeit“, die anlässlich des 400-jährigen Jubiläums der Bibliothek gezeigt wurde. Dort präsentierte Schmidt den Gästen zunächst das „heilige Buch der Franken“, das Kilians-Evangeliar. Der Legende nach soll der irische Wanderbischof Kilian selbst das um 600 wohl in Frankreich entstandene Evangelienbuch besessen haben.

„Mit immer neuen Überarbeitungen des Einbandes wurde das Buch über die Jahrhunderte zum Reliquiar, zum hochverehrten Symbol der Christianisierung Mainfrankens“, so Schmidt. Den Vorderdeckel ziert ein im 11. Jahrhundert entstandenes, filigran geschnitztes Elfenbeinrelief, das das Martyrium der drei Frankenapostel zeigt. Ein schwerer, mit Edelsteinen verzierter Silberrahmen birgt seit circa 1495 unter Bergkristallen Reliquien der Heiligen Kilian, Kolonat und Lorenz.

The Wuerzburg Glosses

Anschließend widmeten der irische Präsident und seine Frau ihre ganze Aufmerksamkeit zwei für die irische Kultur und Geschichte bedeutenden Handschriften: Die in Irland auch als „The Wuerzburg Glosses“ bezeichnete Handschrift der Paulus-Briefe aus dem 8. Jahrhundert ermöglichte aufgrund von über 3500 Anmerkungen und nachträglichen Notizen verschiedener irischer Mönche die Rekonstruktion der altirischen Sprache durch deutsche Sprachwissenschaftler im 19. Jahrhundert.

Damit habe die Handschrift bis heute eine ganz besondere Bedeutung für die irische Kulturgeschichte und Identität, wie Bibliothekarin Kerstin Kornhoff ausführte: „Die Rekonstruktion der altirischen Sprache brachte den Iren ein Stück ihrer Sprachgeschichte zurück. Die in dieser Handschrift überlieferten ältesten Zeugnisse ihrer Sprache, die bereits im 8. Jahrhundert komplexeste philosophische und theologische Konzepte auszudrücken verstand, belegen eine hochstehende Wissenschaftskultur in Irland im frühen Mittelalter.“

The Wuerzburg Matthew

Auch eine Handschrift des Matthäus-Evangeliums („The Wuerzburg Matthew“), die wohl im selben irischen Skriptorium wie die „Würzburger Paulus-Glossen“ entstand, weist zahlreiche Anmerkungen auf. Zusätzlich sind 33 Kommentar-Zettelchen eingebunden, die „wie eine zufällig entstandene Notizen-Sammlung wirken, sozusagen wie ‚Post-its‘ und Fußnoten des Frühmittelalters“, so Dr. Oliver Weinreich, der den Gästen die Handschrift erläuterte.

Präsident Higgins, früher Professor für Soziologie und Minister für Kunst, Kultur und die irischsprachigen Gebiete („Gaeltacht“), zeigte sich überaus informiert über die Würzburger Handschriften. Er bestätigte altirische Lesungen und Ortsnamen und konnte manchen Hinweis für künftige Forschungs- und Kooperationsmöglichkeiten geben.

Meet & Greet

Nach einem Blick auf ein weiteres Spitzenstück, eine Handschrift mit einer eigentümlichen Kreuzigungsdarstellung, die unzweifelhaft auf einer altirischen Vorlage beruht, ging es weiter zur „Meet & Greet“-Begegnung in der Unibibliothek: Vertreter der Gemeinden Cavan und Wicklow sowie der Deutsch-Irischen Gesellschaft bereiteten ihrem Präsidenten und seiner Frau einen herzlichen Empfang. Gespräche und Fotos in lockerer Atmosphäre mit einem nahbaren Präsidenten beschlossen den Besuch.

Europas gemeinsame Kultur

Dieser Staatsbesuch rief eindrücklich in Erinnerung: Europa besteht nicht nur aus einem Wirtschaftsraum und aktuellen Debatten um Brexit-Szenarien und Migrationspolitik, sondern auch aus einer jahrhundertealten gemeinsamen Kultur und gemeinsamen Werten. Herausragende Zeugnisse dieser jahrhundertealten Beziehung zwischen Irland und Deutschland sind im Handschriftenbestand der Universitätsbibliothek Würzburg erhalten.

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