Studierende und Praktiker lernen gemeinsam
30.10.2018Die Universität Würzburg startet mit sieben europäischen Partneruniversitäten und zwei europäischen Praxisverbänden ein neues Projekt zum lebenslangen Lernen. Im Fokus steht die Verknüpfung von Wissenschaft und Praxis.
Das Berufsfeld der Erwachsenen- und Weiterbildung ist seit vielen Jahren stark von internationalen Entwicklungen beeinflusst. Bestimmte Defizite finden sich deshalb grenzüberschreitend: Da sind zum Einen der von der Europäischen Kommission an vielen Stellen kritisierte Fachkräftemangel und die Diskrepanz zwischen notwendigen und vorhandenen Fortbildungsmöglichkeiten, die sich auch im erwachsenenpädagogischen Tätigkeitsfeld wiederfinden lassen. Dazu gehört zum Anderen aber auch die Herausforderung der Verknüpfung von universitären Studieninhalten mit den Anforderungen der Praxis.
Vor diesem Hintergrund haben sich die Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) und eine Reihe von Partneruniversitäten und Praxisverbänden in Europa in einem neuen Projekt zusammengeschlossen, um das Verständnis und den Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis voranzubringen. Ziel ist es, sowohl Studierende als auch Praktiker im Bereich der Erwachsenenbildung und des lebenslangen Lernens mit dem nötigen Wissen und den nötigen Fähigkeiten auszustatten. Innovative Lehrmethoden sollen dieses Vorhaben unterstützen.
Das INTALL-Projekt
„International and Comparative Studies for Students and Practitioners in Adult Education and Lifelong Learning“ – oder kurz INTALL – ist der Name dieses Projekts. Gefördert wird es im Rahmen des Programms ERASMUS+ der Europäischen Union; die Koordination liegt in den Händen von Regina Egetenmeyer, Professorin für Erwachsenenbildung/Weiterbildung an der JMU. Schwerpunkt des Projekts ist die Verknüpfung von Wissenschaft und Praxis in der vergleichenden Erwachsenenbildung mit dem Ziel der Professionalisierung von Studierenden und Praktikern. Daran beteiligt sind Einrichtungen aus Belgien, Deutschland, Irland, Italien, Portugal, Slowenien und Ungarn.
Mit ihrem Vorhaben müssen die Projektpartner nicht beim Stand Null beginnen. Sie können vielmehr auf den Ergebnissen eines Vorgängerprojekts aufbauen, das in den vergangenen drei Jahren ebenfalls an der JMU koordiniert wurde und das jetzt ausgelaufen ist: COMPALL – Comparative Studies in Adult Education and Lifelong Learning.
Die Winter School als gemeinsames Lernerlebnis
Ein wichtiger Bestandteil von COMPALL war eine internationale Winter School, die innerhalb des Projekts drei Mal angeboten wurden. Insgesamt 230 Studierende aus allen beteiligten Partneruniversitäten haben sich dort mit Fragen der Erwachsenen- und der Weiterbildung auseinandergesetzt; angeleitet wurden sie von 61 Dozentinnen und Dozenten. Im Rahmen von INTALL soll diese Winter School auch in Zukunft gemeinsam mit Praktikerinnen und Praktikern der Erwachsenenbildung/Weiterbildung fortgesetzt werden.
Gemeinsames Kennzeichen der Winter Schools ist ihr spezieller didaktischer Rahmen – die sogenannte „Blended-Learning-Methode“. Diese bringt Studierende und das Personal aus der Erwachsenenbildungspraxis in einem gemeinsamen Lern-Setting zusammen. Gemeinsam arbeiten sie an der Konzeption innovativer Lehrmethoden, die im Studienprogramm zum Einsatz kommen sollen.
Ein weiteres Arbeitspaket befasst sich mit der gezielten Förderung der Beschäftigungsfähigkeit von Studierenden in der Erwachsenenbildung/Weiterbildung. Um das Programm inklusiv, nachhaltig und anschlussfähig zu gestalten, ist darüber hinaus eine frei zugängliche Onlineversion des Programms geplant. Dies erlaubt es, auch physisch nicht mobile Interessenten an dem Lernerlebnis teilhaben zu lassen. Die didaktischen Methoden und Online-Materialien werden im Laufe der dreijährigen Laufzeit auf der Projekthomepage zur Verfügung gestellt.
Zusätzlich werden drei Veranstaltungen für Multiplikatoren angeboten, in denen die Ergebnisse des Projekts stückweise vorgestellt und mit dem internationalen Fachpublikum diskutiert werden. Damit schafft das Konsortium die Möglichkeit, das gemeinsame Modul auch über die Projektbeteiligten hinaus einzusetzen.
Das COMPALL-Projekt
Der Blick über die eigenen Grenzen hinaus und der internationale Vergleich: Sie waren das zentrale Kriterium der Arbeit in dem COMPALL-Projekt. Schließlich gewinnt die international vergleichende Forschung zunehmend an Bedeutung für die Professionalisierung von Studierenden im Bereich der Erwachsenenbildung/Weiterbildung. Dafür haben die beteiligten Master- und Promotionsstudierenden zunächst ein spezielles Analyse-Instrument kennen gelernt und anschließend mit dessen Hilfe eigene Beobachtungen in der Erwachsenenbildung/Weiterbildung reflektiert.
Diese Methode des forschungsbasierten Lernens trägt dazu bei, dass sich die Teilnehmenden eigenständig mit erwachsenenpädagogischen Fragestellungen auseinandersetzen. Sie können damit nicht nur Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Erwachsenenbildung/Weiterbildung in den unterschiedlichen kulturellen und gesellschaftlichen Kontexten erarbeiten, sondern auch aufgrund dieser Kontexte interpretieren. Die Interpretationsmuster, die sich dabei herauskristallisieren, sollen dazu beitragen, Erkenntnisse quantitativ orientierter Vergleichsstudien besser einordnen und verstehen zu können.
Im COMPALL-Projekt haben die Beteiligten eine Didaktik international vergleichenden Vorgehens in der Erwachsenenbildung/Weiterbildung entwickelt und publiziert, ein internationales Netzwerk von Studierenden, Professorinnen und Professoren in der Erwachsenbildung/Weiterbildung aufgebaut sowie ein Online-Tutorial zur internationalen Erwachsenbildung entwickelt. Zudem haben sie drei Sammelbände mit den Erkenntnissen der international vergleichenden Gruppenarbeiten publiziert.
Die Hochschulrektorenkonferenz hat das COMPALL-Projekt mittlerweile als „Best-Pratice-Beispiel“ in ihr Projekt nexus aufgenommen. Anhand solcher Beispiele sollen Hochschulen bei der Weiterentwicklung ihrer Studienprogramme und dem Ausbau der Studienqualität unterstützt werden.
Kontakt
Prof. Dr. Regina Egetenmeyer, Professur für Erwachsenenbildung/Weiterbildung
T.: +49 931 31-83898, regina.egetenmeyer@uni-wuerzburg.de