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Sylite: Sonde setzt neue Maßstäbe

17.05.2022

Die am Rudolf-Virchow-Zentrum (RVZ) der Universität Würzburg entwickelte Sonde vereinfacht die Visualisierung inhibitorischer Synapsen in Neuronen und Hirngewebe.

Sylite visualisiert die Synapsen-Ultrastruktur und ermöglicht genaue nanoskopische Messungen in primären Neuronen (rechts). Es vereinfacht, beschleunigt und verbessert auch die Gewebefärbung und kann für die Kartierung von Hirnschaltkreisen und die Erstellung von Synapsenprofilen verwendet werden (links). (Bild: RVZ)

Hemmende Synapsen in neuronalen Kulturen und Hirngewebe können jetzt einfach und kontrastreich sichtbar gemacht werden. Die neu entwickelte synthetische Affinitätssonde Sylite kann sowohl für die volumetrische Visualisierung von Synapsen in der Weitwinkel- und konfokal 3D-Mikroskopie als auch für die Kartierung inhibitorischer neuronaler Schaltkreise im Hirngewebe und superauflösende Bildgebung von Synapsen verwendet werden.

Vladimir Khayenko und Noah Nordblom aus der Forschungsgruppe von Hans Michael Maric am Rudolf-Virchow-Zentrum (RVZ) der Julius-Maximilians-Universität Würzburg haben kürzlich Sylite entwickelt: Eine kompakte peptidbasierte Sonde zur Visualisierung von inhibitorischen Synapsen in Neuronen und Gehirngewebe. Sylite ist eine aktivitätsbasierte Sonde, die Antikörper in Sachen Selektivität, Einfachheit und Vielseitigkeit übertrifft. Die Entwicklung von Sylite und seine Anwendung in der konventionellen und superauflösenden Mikroskopie sowie in Studien auf Zell- und Schaltkreisebene wurde nun in der Peer-Review-Fachzeitschrift Angewandte Chemie (https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/anie.202202078) veröffentlicht.

Visualisierung von Synapsen und aktuelle Einschränkungen 

Inhibitorische Synapsen im zentralen Nervensystem sind entweder glycinerg oder GABAerg und werden in der Regel mittels Gephyrin, dem Marker für inhibitorische Synapsen, identifiziert und visualisiert. Gephyrin fungiert als Gerüstprotein, das hemmende Rezeptoren an der Postsynapse stabilisiert. Die Anzahl der Gephyrinproteine bestimmt somit die Anzahl an Rezeptoren und korreliert daher auch mit der neuronalen Signalstärke.

Die Visualisierung hemmender Synapsen kann durch genetische Markierung erreicht werden, was jedoch aufwändig ist und ungewollte morphologische sowie funktionelle Änderungen hervorrufen kann. Ein alternativer Ansatz ist die Immunfärbung von Gephyrin, die allerdings eine spezielle Anpassung des Färbeprotokolls an die jeweiligen Probentypen und Bildgebungsverfahren erfordert und insbesondere in Gewebeanwendungen, durch die begrenzte Eindringtiefe der dabei verwendeten Antikörper, problematisch ist.

Sylite enthüllt die Ultrastruktur hemmender Synapsen und die Vernetzung des Gehirns

„Ausgehend von einem endogenen Liganden von Gephyrin, entwickelten wir einen kurzen peptidbasierten Binder und dimerisierten ihn, wodurch wir, ähnlich wie es bei Antikörpern der Fall ist, die Selektivität deutlich erhöhen konnten. Die Sonde mit den besten Eigenschaften nannten wir Sylite“, sagt Maric.

Sylite ist eine funktionelle Sonde, die auf rezeptorbindende Gephyrin-Isoformen abzielt, das heißt auf Isoformen, die in Neuronen eine funktionelle Rolle spielen. Im Labor von Christian Specht (INSERM, Paris, Frankreich) bestätigte Khayenko nicht nur eine lineare Korrelation der Sondenmarkierung mit neuronalem Gephyrin, sondern beobachtete sogar eine Verbesserung gegenüber den Anti-Gephyrin-Antikörpern, die momentan als Goldstandard gelten. Zusammen mit Specht machte Khayenko die Synapse auch mit hochauflösender Mikroskopie sichtbar. „Von den herausragenden Sylite-Färbungen in der Zellkultur motiviert, wollte ich das Potenzial der Sonde in der Bildgebung von Geweben erforschen, da hier die geringe Größe das Eindringen in das Gewebe erleichtern sollte", beschreibt Khayenko.

Aus diesem Grund wandte sich das Team an Professor Philip Tovote und seine Studentin Sara Reis vom Institut für Klinische Neurobiologie der Universität Würzburg. Gemeinsam führten sie mehrere Färbungen von Hirngewebe durch, wobei Sylite die Gephyrin-Antikörper in jeder Hinsicht übertraf. Sylite ermöglicht die Visualisierung von Synapsen ohne Färbungsartefakte und durchdrang 50 μm dicke Hirnschnitte innerhalb von nur einer Stunde, während die getesteten Antikörper selbst nach 24 Stunden nur teilweise ihre Zielproteine erreichten und insbesondere bei längeren Einwirkdauern Fehlfärbungen verursachten. Um das Potential von Sylite zu demonstrieren, nutzte die Forschergruppe die Sonde, um die synaptische Vernetzung im Mittelhirn zusammen mit genauen Synapsengrößen zu bestimmen.

Künftige Anwendungen und Verfügbarkeit von Syliten

„Ich arbeite derzeit an Sylite-Derivaten, die es uns ermöglichen werden, hemmende Postsynapsen sichtbar zu machen und die Modulation der hemmenden Signalübertragung in lebenden Zellen zu erforschen", sagt Khayenko. Maric fasst zusammen: „Kompakte synthetische Sonden wie Sylite eröffnen neue Forschungsmöglichkeiten in den Neurowissenschaften, da sie eine bessere Lokalisierungspräzision und Auflösung ermöglichen und weil sie die Bildgebung im Gewebe erleichtern".

Sylite ist kommerziell über die NanoTag Biotechnologies GmbH erhältlich (Kat.# P4001).

Publikation

A Versatile Synthetic Affinity Probe Reveals Inhibitory Synapse Ultrastructure and Brain Connectivity. Vladimir Khayenko, Clemens Schulte, Sara L. Reis, Orly Avraham, Cataldo Schietroma, Rafael Worschech, Noah F. Nordblom, Sonja Kachler, Carmen Villmann, Katrin G. Heinze, Andreas Schlosser, Ora Schueler-Furman, Philip Tovote, Christian G. Specht, Hans M. Maric.  Angew Chem Int Ed Engl. 2022 Apr 14. doi: 10.1002/anie.202202078

Kontakt

Vladimir Khayenko, Rudolf Virchow Center - Center for Integrative and Translational Bioimaging, University of Würzburg, +49 931 31-80151, vladimir.khayenko@uni-wuerzburg.de

Dr. Hans Michael Maric, Rudolf Virchow Center - Center for Integrative and Translational Bioimaging, University of Würzburg, +49 931 31-85371, hans.maric@uni-wuerzburg.de

Dr. Daniela Diefenbacher, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Rudolf Virchow Center - Center for Integrative and Translational Bioimaging, University of Würzburg, +49 931 31-88631, daniela.diefenbacher@uni-wuerzburg.de

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