Tiepolo siedelt ins Netz über
15.12.2020Der Lockdown betrifft auch das Martin von Wagner Museum. Kurz zuvor wurde dort eine große Tiepolo-Ausstellung eröffnet. Nun wird über YouTube das Verborgene präsent gehalten. Das macht viel Arbeit – die sich aber lohnt.
Eine eröffnete Ausstellung, die nicht besucht werden kann; ein hochmotiviertes Ausstellungsteam, das über ein Jahr darauf hingearbeitet hat; und die richtigen Personen mit den nötigen Kompetenzen an Bord: Eine solche Mischung kann viel bewegen, wie das Martin von Wagner Museum der Universität Würzburg gerade unter Beweis stellt.
Dort ist am 30. Oktober 2020 die große, mit internationalen Leihgaben bestückte Ausstellung „Der Schönheit die Arbeit geben“ | Tiepolo und seine Werkstatt in Würzburg eröffnet worden, um dem venezianischen Jahrhundertkünstler in seinem 250. Todesjahr die Ehre zu erweisen. Genau einen Tag lang waren die 105 Werke öffentlich zu sehen, dann kam der Teil-Lockdown. Doch das Museum reagierte: Es wurde alles darangesetzt, die Tiepolo-Ausstellung in den digitalen Raum zu tragen.
Schon eine Woche nach der Eröffnung wurde es auf einem eigens eingerichteten YouTube-Kanal lebendig. „Tiepolo libero!“ heißt die Serie von Videos, von denen alle zwei bis drei Tage ein neues hochgeladen wird. Der Titel lässt sich mit „Tiepolo frei!“ übersetzen, denn mit den digitalen Angeboten soll die Ausstellung aus der aktuellen Verborgenheit „befreit“ werden. Er bedeutet aber auch „Freier Tiepolo!“, was der künstlerischen Freiheit Rechnung trägt, die einen beim Anblick seiner Werke erwartet.
Alles über Tiepolo und die Lieblingsstücke von Experten
Die Videos führen in die Ausstellung ein oder widmen sich einzelnen Abschnitten. Sie diskutieren übergreifende Aspekte Tiepolos, wie sein Verhältnis zur Aufklärung oder die Arbeitsabläufe zwischen Meister und Werkstatt. In der Rubrik „Lieblingsstücke“ werden einzelne Kunstwerke vorgestellt. Die drei Kuratoren der Ausstellung kommen zu Wort, aber auch externe Fachleute stellten sich für Expertenvideos zu Verfügung.
„Ohne unser sehr junges Team hätten wir den Sprung in die Digitalität nicht geschafft und vermutlich nicht einmal gewagt“, erklärt Professor Damian Dombrowski, Direktor der Neueren Abteilung des Universitätsmuseums. Besonders hervorheben möchte er Institutsfotograf und Kameramann André Mischke, Mitkuratorin Aylin Ulucam und die Hilfskraft Caro Koch. Diese konzipieren und entwickeln die digitale Ausstellung fortwährend weiter.
„Normalerweise ist eine Ausstellung in dem Moment gelaufen, wenn sie eröffnet wird“, gibt der Museumsdirektor zu bedenken: „Jetzt ist es ein permanentes Projekt, das uns zeitlich viel abverlangt.“ Doch die Alternative wäre, die Ausstellung in abgedunkelten Räumen sich selbst zu überlassen. „Das wollten wir nicht. Das Museum setzt darauf, dass die Videos einen umso größeren Appetit auf die Begegnung mit den Originalen wecken.“
Zwei Höhepunkte kommen noch
Schließlich verrät Dombrowski zwei Höhepunkte der Videoserie, die in den kommenden Wochen hochgeladen werden:
Dies sind zum einen die Erläuterungen von Dr. Markus Maier, dem Kurator der Neueren Abteilung, zu den technischen Aspekten von Tiepolos Radierungen, von denen zahlreiche in der Ausstellung zu sehen sind.
Und in einem weiteren Beitrag wird es um einen Überraschungsgast gehen: eine nahezu identische Version von Tiepolos „Kopf eines Orientalen“, die just zu Ausstellungsbeginn in Privatbesitz auftauchte. „Die Gegenüberstellung der Zwillingsbilder war eine Sternstunde der Stilkritik“, sagt Dombrowski. Das Video wird die Zuschauer an diesem „Gipfeltreffen“ teilhaben lassen.
Die Tiepolo-Videos stehen auch auf dem YouTube-Kanal der JMU