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Traditionen sprachlicher Diskurse

29.11.2022

Mittelalterlicher Minnesang, Beichtgespräche, Small Talk, Social-Media-Posts: All diese kommunikativen Praktiken werden durch Traditionen geregelt. Ein neues Handbuch widmet sich diesen Traditionen.

So unterschiedlich Bewerbungsschreiben, Todesanzeige, Kochrezept oder Telefongespräch auch sein mögen, sie alle verbindet ein gemeinsames Element: Es handelt sich bei ihnen um sprachliche Äußerungen, die in bestimmten Situationen entstehen und auf vorgeprägte Techniken zurückgreifen, die in bestimmten Traditionslinien stehen.

Die Sprachwissenschaft spricht in diesen Fällen von Diskursen. Diese können zu einer Diskurstradition werden, wenn sie sich zu historisch tradierten Techniken verfestigen. Der Begriff der Diskurstraditionen wurde in der romanistischen Forschung geprägt, um verschiedene historisch verankerte Traditionen – etwa Textsorten, Gattungen, Stile und Sprechakte – zusammenzufassen, welche die konkrete Ausgestaltung von Diskursen regeln.

Die Diskurstraditionen stellen damit ein Schlüsselkonzept der Sprachwissenschaft der romanischen Sprachen dar. Sie sind beispielsweise auch für sprachliche Normierungsprozesse und für die Ausbreitung von sprachlichen Neuerungen im Sprachwandel wichtig. Außerhalb der Romanistik wurde der Begriff jedoch bislang noch kaum rezipiert.

Erkenntnisse der bisherigen Forschung und neue Forschungsperspektiven

Das zu ändern haben sie die Sprachwissenschaftlerin der Universität Würzburg, Esme Winter-Froemel, und ihr Kollege vom spanischen Nationalen Forschungsrat CSIC, Álvaro Octavio de Toledo y Huerta, zum Ziel gesetzt. Zu diesem Zweck haben sie jetzt ein Handbuch herausgegeben, das den Begriff der Diskurstraditionen und das Forschungsparadigma, das durch diesen Begriff definiert wird, auf internationaler Ebene etablieren und seine interdisziplinäre Anschlussfähigkeit aufzeigen soll.

Das Handbuch versammelt Beiträge von internationalen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die in die theoretischen Grundlagen der Diskurstraditionenforschung einführen, Verbindungen zu verwandten Ansätzen der Text- und Diskursanalyse diskutieren, die Relevanz von Diskurstraditionen für die Geschichte der romanischen Sprachen aufzeigen und Möglichkeiten für zukünftige Anwendungen des Konzepts ausloten.

Abschluss einer mehrjährigen Zusammenarbeit

Das Handbuch ist im Verlag De Gruyter in der renommierten Reihe der Manuals of Romance Linguistics erscheinen, die zentrale Ansätze und Forschungsperspektiven der aktuellen romanistischen Sprachwissenschaft versammelt. Mit Beiträgen auch aus angrenzenden Disziplinen wie etwa der Literaturwissenschaft, Rhetorik, Übersetzungswissenschaft, Germanistik und Latinistik werden im Handbuch zusätzliche Verknüpfungen hergestellt und neue Anwendungsperspektiven erschlossen.

Das Erscheinen des Bandes markiert den Abschluss einer mehrjährigen Zusammenarbeit und eines intensiven Austauschs zwischen den Beteiligten. Im Rahmen eines im Juni 2021 an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) durchgeführten Online-Workshops, an dem über 60 Teilnehmende aus 15 Ländern weltweit beteiligt waren, bestätigte sich das große internationale Interesse an der Thematik.

Mit der Veröffentlichung des Bandes werden zentrale theoretische Grundlagen und etablierte Forschungsfelder der Diskurstraditionenforschung vorgestellt und neue Anwendungsperspektiven aufgezeigt. Der Band beinhaltet ferner eine englische Übersetzung des 1997 erschienenen Grundlagenaufsatzes von Peter Koch, „Diskurstraditionen: zu ihrem sprachtheoretischen Status und ihrer Dynamik“, die über die Verlagsseite frei zugänglich gemacht wird.

Zum "Manual of Discourse Traditions in Romance"

Kontakt

Prof. Dr. Esme Winter-Froemel, Lehrstuhl für Romanische Sprachwissenschaft, T: +49 931 31-81554, esme.winter-froemel@uni-wuerzburg.de

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